In früheren Jahren hatten wir in unserer Trainingsgruppe etliche Skiläufer, die im Langlauf ziemlich erfolgreich waren. Wenn die ihre Saison beendeten und wieder im Laufbereich auftauchten, platzten denen fast die Hosen, so dick war ihr Hinterteil geworden. Ihr Laufstil war verwrungen, der Schritt zu lang und der Sprung im Laufschritt war verschwunden. Alles sah nach Kraft aus und nichts glitt.
Natürlich fanden auch diese Sportler ihren ökonomischen Schritt wieder, aber wenn es ein langer Winter war, dann wurden die ersten Rennen des Frühjahrs erstampft und nicht erlaufen.
Damit es dir nicht so geht, wie den vorher beschriebenen Personen, hatte ich in der letzten Woche versprochen ein neues Programm vorzustellen, mit dem du während deines Lauftrainings an dir selbst arbeiten kannst, um deine Koordination zu verbessern.
Wir fangen heute mit zwei leichten Übungen an. Du arbeitest diese während eines regenerativen oder extensiven Dauerlaufs ab.
Beginne mit dem sogenannten Anfersen, hierbei schlägst du rhythmisch während des Laufens jeweils einen Unterschenkel in Richtung Po. Bei jungen Läufer(innen) sollte dabei die Ferse die Pobacke berühren.
Der Ablauf sieht idealerweise so aus: Du läufst ein bis zwei km auf deiner normalen Dauerlaufstrecke im gewohnten Tempo. Danach guckst du dir einen 4 - 500 m langen Abschnitt aus. (Von hier bis zur Eiche oder so etwas). Alles ohne stehen zu bleiben. Jetzt setzt du dein Lauftempo um etwa 30 sec/km herab und beginnst im Neuner-Rhythmus anzufersen.
Du zählst deine Laufschritte 1, 2, 3, 4 , 5, 6, 7, 8 und Anfersen. Dann beginnst du sofort die Schritte des anderen Beines zu zählen und ferst nach 8 wieder an. Das machst du so lange, bis du die vorher festgelegte Strecke durchgelaufen bist.
Auf dem Video kannst du sehen, wie das aussehen soll:
Denke immer daran: Das ist Laufen und keine Sonderübung. Ich hüpfe nicht dabei und führe meine Arme wie beim Laufen. Meine Vorlage (Vorbeugen) ist auch wie beim Laufen. Ich versuche möglichst bei jedem Anfersen bis zum Po zu kommen. Mir ist klar, dass ich den anfersenden Unterschenkel sehr schnell in Richtung Po schlagen muss, dann kann ich schön rhythmisch laufen.
Laufe unter allen Umständen im Rhythmus. Einfach nach Gutdünken irgendwann einmal dein Bein hinten hochheben ist verboten (ich sehe alles!). Der Rhythmus gehört unabdingbar dazu. Wenn du kein Tänzer bist, wirst du damit zuerst Probleme haben, aber das lernt jede(r).
Verstöße gegen diese Regeln werden mit Trainingsverbot von nicht unter 3 Tagen bestraft.
Danach erhöhst du dein Tempo wieder etwas und nach einem km beginnst du mit der nächsten Koordinationsübung, dem Knieheben. Die Vorbereitung ist genau so wie beim Anfersen. 500 m festlegen, Tempo senken und es geht los; 1, 2, 3, 4 , 5, 6, 7, 8 und Knieheben. Wechsel auf das andere Bein und so weiter immer im selben Rhythmus, bis du die vorher festgelegte Strecke geschafft hast.
Das Knieheben ist etwas schwieriger als Anfersen. Einige Läufer(innen) neigen dazu im Augenblick des Hebens einen Hüpfer zu machen.
Auf dem Video kannst du sehen, wie das aussehen soll:
Um das zu vermeiden, visualisiere Folgendes: Das ist eine Laufübung, ich laufe wie gewohnt, ich muss nur bei jedem Schritt einen Oberschenkel bis möglichst zur Waagerechten anheben. Ich muss ihn schnell anheben, sonst kann ich nicht rhythmisch laufen. Ich muss darauf achten, dass ich mich nicht zu weit zurück lehne, um den Oberschenkel möglichst hoch zu bekommen. Es ist besser, diesen etwas weiter unten zu lassen, wenn ich ihn nicht ohne Zurücklehnen hoch genug bekomme.
Wenn ich den Rhythmus drin habe, achte ich auf meine Arme, ob ich sie auch wie beim Laufen führe.
Hast du das Knieheben durch, erhöhst du wieder ganz bequem dein Tempo etwas. Läufst ein bis zwei km weiter und beginnst dann noch einmal mit dem Anfersen, dem du genau wie vorher noch einmal einen Abschnitt Knieheben folgen lässt.
Wenn deine Laufstrecke weniger als 10 km lang ist, reicht auch ein Durchgang. Diese beiden Übungen machst du an zwei Wochentagen und zwar für erst einmal drei Monate. Es kommen in der nächsten Ausgabe noch mehr Übungen dazu, aber es bleibt immer bei den zwei Tagen in der Woche.
Du wirst sehen und nicht nur du, wie sich dein Laufstil langsam, ganz langsam verbessert und du wesentlich leichter laufen kannst. Dazu bedarf es aber viel Arbeit und Geduld, wenn du zu früh aufgibst, ist die Sache für die Muschi.
Ich habe mit Absicht diese beschriebenen Übung in ein reines und ruhiges Dauerlauftraining gelegt, weil die Erfahrung zeigt dass, wenn ein Koordinationstraining isoliert durchgeführt, sich um dieses oft gedrückt wird. Und drücken tun sich meistens die, die es am Nötigsten haben.
Aber ich weiß ja, dass du nicht zu diesen Sublimierern gehörst und ab sofort beginnst, deinen Laufstil zu veredeln. Und wenn du in deiner Umgebung noch so einen alten Jutebehälter hast, der dir bei jedem dritten Training erzählt, wie gut er früher war, dann antwortete ihm: "Auch für die über 50-jährigen gilt ab jetzt: Knie hoch, denn mit dem Alter wird der Laufstil immer schlechter, wenn du nicht daran arbeitest."
Die bisherigen Übungen waren die leichtesten. Jetzt geht es weiter mit dem Krebslauf. Diese Übung hast du sicher schon oft bei anderen gesehen und wohl auch schon selbst versucht. Dennoch wird sie oft falsch gemacht. Vielfach wir nur seitwärts gelaufen.
Im nachfolgendem Video siehst du, wie es richtig ist. Bei jedem Schritt wird die Hüfte wechselweise nach vorn geschoben. So wird die Hüfte gelockert und der Rhythmus geschult. Die Arme werden locker mitgeschwungen.
Auf dem Video kannst du sehen, wie das aussehen soll:
Krebslauf: Beginne dieses Techniktraining aus dem normalen Lauftempo heraus. Über 100 m führst du die Übung durch. Danach läufst du erst einmal wieder 500 m im regenerativen Tempo und beginnst abermals seitwärts zu laufen. Wichtig ist, dass du dabei in die gegengesetzte Richtung schaust, wie vorher bei der ersten Übung. Du wirst bemerken, dass du es nicht auf beiden Seiten gleich gut kannst.
Als nächstes gehts du in den Hopserlauf im Neunerrhythmus. Er sieht etwas ulkig aus, aber schult das Knieheben und den Sprung. Auch hier musst du vorher dein Lauftempo herabsetzen, sonst wird dieses Training zu anstrengend.
Der Ablauf sieht idealerweise so aus: Du läufst ein bis zwei km auf deiner normalen Dauerlaufstrecke im gewohnten Tempo. Danach guckst du dir einen 500 m langen Abschnitt aus. (Von hier bis zur Eiche oder so etwas). Alles ohne stehen zu bleiben. Jetzt setzt du dein Lauftempo um etwa 30 sec/km herab. Du zählst deine Laufschritte 1, 2, 3, 4 , 5, 6, 7, 8 und Hopser.
Dann beginnst du sofort die Schritte des anderen Beines zu zählen und nach 8 Schritten kommt der nächste Hopser. Das machst du so lange, bis du die vorher festgelegte Strecke durchgelaufen bist.
Auf dem Video kannst du sehen, wie das aussehen soll:
Hopserlauf: Die größte Fehlerquelle beim Hopserlauf ist die falsche Armführung, der sogenannte Passgang. Dabei wird fälschlicherweise der Arm an der Seite gehoben an dem auch das Knie hoch geht. Richtig ist: Wenn das linke Knie oben ist, geht der rechte Arm auch hoch, auf der anderen Seite natürlich umgekehrt.
Du kannst diese Übung auch bei jedem Schritt über 100 m machen. Dann musst du aber dazwischen wieder ein 500 m langes regeneratives Laufstück einlegen.
Als wichtigstes Lauftechniktraining halte ich die so genannten Abläufe mit langem Schritt, hohem Knie und Ballenaufsatz. Am besten schaust du dir erst einmal das Video an:
Ich denke, du solltest diese Abläufe erst einmal isoliert üben und jemand zuschauen lassen, der auch das obige Video gesehen hat. Diese Person könnte dich dann notfalls korrigieren.
Abläufe mit langem Schritt, hohem Knie und Ballenaufsatz: Beim Start zu einer Serie von fünf Abläufen a 50 m beginnst du erst mit kleinem Schritt und hebst das Knie bis maximal zur Waagerechten. Dann verlängerst du den Schritt bis zur maximal möglichen Länge und kommst bei jedem Schritt mit dem Ballen auf.
Halte das Knie auf Dauer oben und führe deine Arme genau so wie beim normalen Training. Das Tempo sollte hoch sein, aber immer etwas unter deinem Sprinttempo bleiben. Die Ferse berührt während der gesamten Übung nicht den Boden.
Hinweis: Ich möchte dich mit diesem Training nicht zum dauerhaften Ballenlauf hinführen, aber dennoch musst du ihn lernen.
Der Fußaufsatz der meisten guten Athleten wandert je nach Laufgeschwindigkeit von der Ferse über den Mittelfuß bis zum Ballen. Gute Läufer können auch noch 10000 m auf dem Ballen laufen. Und es war früher den alten Lauftrainern ein Graus den Straßenläufern zuzuschauen, als die langen Strecken populärer wurden.
Diese Sportler bevorzugten im großen Maße das ganze Rennen über den Fersenaufsatz. Abfällig wurden sie dann "Straßenlatscher" genannt.
Weiter geht es mit der schwierigsten Koordinationsübung, dem Sprunglauf hoch an. Diese Übung ist die wirksamste Waffe gegen das "Sitzen", damit ist die ungenügende Streckung des Stützbeins (das hintere Bein) beim Laufen gemeint.
Der Sprunglauf bringt viel Dynamik in deinen Schritt. Er erfordert aber auch viel Schnellkraft. Absolviere dieses Training nach dem Einlaufen, aber vor dem Haupttraining.
Bei der Variante "Sprunglauf hoch", springst du möglichst hoch ab und bei der Variante "Sprunglauf weit" möglichst weit. Der Bewegungsablauf ist bei beiden Übungen aber gleich. Im Jargon heißt der Sprung im Sprunglauf Hop. Du solltest einmal in der Woche messen, wie weit du mit einem 10-er Hop (Sprung) und einen 30-er Hop kommst. Wenn du denn soweit bist, dass du diese Anzahl schaffen kannst.
Halte fest, wieviel Meter du jeweils schaffst. Ich kann dir nur versichern, dass du 1. mit diesem Training Spritzigkeit in die Beine bekommst, 2. dir ein Muskelkater sicher ist und 3. dein Holger Meier bald in Tränen ausbricht.
Im nachfolgendem Video siehst du, wie du springen sollst. Allein wirst du diese Übung kaum lernen können, wenn du sie noch nie gemacht hast. Suche dir jemand der dich korrigiert.
Sprunglauf hoch: Beginne diese Übung mit einer 10-maligen Wiederholung und steigere dich jede Woche um einen Sprung. Dies ist kein Training für Läufer über 40 Jahre. Wer es dennoch versuchen will, sollte mit dem ganzen Fuß aufsetzen, um das Sprunggelenk zu schonen.
Vielleicht hast du schon einmal davon gehört, dass ich ein Gegner von Kindern im Lauftreff bin. Den Grund findest du auf dieser Seite. In der Leichtathletik lernen Kinder alle diese Übungen, die hier vorgestellt werden. Wenn zwei gleich talentierte Jungen Lang- oder Mittelstreckler werden, von denen der eine vom Lauftreff und der andere aus der Leichtathletik kommt, wird der Letztere immer der Schnellere sein, weil er einfach besser ausgebildet ist.
Bjarne Friedrichs, den du auf den Videos siehst, ist schon seit mehr als 10 Jahren in unserem Verein MTV Seesen bei jedem leichtathletischen Training dabei. Er raste schon wie ein Wilder um die Bahn, als er nur 1,20 m groß war.
Als nächstes Training steht für dich der Kniehebelauf mit jedem Schritt auf dem Plan, den du genau so wie beim Sprunglauf nur isoliert vom Lauftraining durchführen kannst.
Kniehebelauf (Skippings) mit jedem Schritt: Beginne diese Übung mit einer 25-maligen Wiederholung und steigere dich jede Woche um zwei Hebungen.
Visualisiere Folgendes: Das ist eine Laufübung, ich laufe wie gewohnt, ich muss nur bei jedem Schritt einen Oberschenkel bis möglichst zur Waagerechten anheben. Ich muss ihn schnell anheben, sonst kann ich nicht rhythmisch laufen. Ich muss darauf achten, dass ich mich nicht zu weit zurück lehne, um den Oberschenkel möglichst hoch zu bekommen. Es ist besser, diesen etwas weiter unten zu lassen, wenn ich ihn nicht ohne Zurücklehnen hoch genug bekomme.
Wenn ich den Rhythmus drin habe, achte ich auf meine Arme, ob ich sie auch wie beim Laufen führe.
Knieheben und Anfersen im Wechsel ist relativ kompliziert. Es stellt ziemlich hohe Ansprüche an deine Koordinationsfähigkeiten. Du solltest auch diese Übung isoliert vom Lauftraining vorher machen. Versuche nicht bei diesem Training möglichst weit nach vorn zu kommen, sondern konzentriere dich auf deine Schritte, so dass du die Wechsel sauber hin bekommst.
Knieheben und Anfersen im Wechsel: Bjarne wechselt im Video im Dreierrhythmus eigentlich ungeplant. Er hebt erst rechts, dann links das Knie und ferst dann genauso zweimal an. Das kann man so machen. Die andere Variante wäre, erst rechts Knieheben und Anfersen und dann Wechsel auf links.
Damit du es dir einfach machst, beginne mit der Übung wie auf dem Video. Das machst du über ca. 60 m, läufst langsam zurück und wiederholst das Ganze noch einmal.
Diese Übung machst du auch wöchentlich einmal, aber bei jedem Mal änderst du das Programm:
2. Beginne mit rechts und hebe das Knie, zwei Zwischenschritte und dann wieder rechts anfersen und das immer so weiter.
3. Starte wie unter 2. und hebe zweimal das Knie und ferse zweimal an.
4. Beginne mit rechts und dem Knieheben, ferse aber mit links an. Dann wieder Wechsel auf rechts und Anfersen und Wechsel auf links mit Knieheben.
Du kannst dir noch weitere Übungen ausdenken. Der Wechselei sind keine Grenzen gesetzt. Damit beende ich die Koordinationsserie und wünsche dir, dass du sie mit Erfolg durchführen kannst.