von Peter Greif (07.06.2004)

"Reserven zur Steigerung der Ausdauerleistung", ein Artikel erschienen in der wissenschaftlichen Zeitschrift "Leistungssport". So ein Titel erregt natürlich die Aufmerksamkeit eines Läufers. Ein alter Hut mit neuen Federn? Ein noch nicht nachweisbares Dopingmittel? Oder gibt es wirklich etwas Neues? Die Abhandlung war verfasst von Alexander A. Strelzov in der Übersetzung von Dr. Peter Tschiene.

Was war dran an der Sache? In diesem Artikel wird beschrieben, dass mit einer geänderten Atemtechnik erhöhte Lauf-Leistungen erzielt werden können. Dies beruht darauf, dass der Übergang des Sauerstoffs in den Lungen auf das Hämoglobin des Blutes ein Zeitoptimum benötigt. Nur wenn das Ein- und Ausatmen 1,4 - 1,6 sec (Einatmung 0,6 - 0,8 sec) dauert, ist eine komfortable Sauerstoffversorgung gewährleistet. Bei langsamen Laufen und Gehen wird dieser Atemrhythmus von 38 - 43 Zyklen/ min bequem erreicht. Wird das Tempo aber schneller (etwa die Geschwindigkeit des Tempo-Dauerlaufs), dann zeigen sich erste Anzeichen von Ermüdung. Die Einatmungsdauer beträgt nur noch 0,55 - 0,65. An dieser Stelle nun hat das Hämoglobin nicht mehr genügend Zeit zur Bindung von Sauerstoff, weil die Phasen zwischen Ein- und Ausatmen zu schnell wechseln. Von diesem Moment an wird zusätzlich der anaerobe Stoffwechsel genutzt und es wird Laktat produziert. Wird die Laufgeschwindigkeit noch höher bei 56 - 85 Atemzyklen (Einatmungsdauer 0,35 - 0,54 sec), wird die Zeit zur Bindung von Sauerstoff noch kürzer und das Laktat steigt an. Bei einer Atemfrequenz von mehr als 85 Zyklen/min gerät das ganze System außer Kontrolle. Es wird zwar sehr viel Luft in die Lungen gefördert, bei einer Einatmungsdauer von nur 0,3 sec wird aber praktisch kein Sauerstoff mehr gebunden. Der Energiestoffwechsel wird nun fast rein anaerob, das Laktat steigt flutartig an. Der Läufer kann in diesem Zustand maximal noch 2 - 5 min laufen, muss dann aufgrund der Übersäuerung des Organismus seine Laufgeschwindigkeit rabiat herabsetzen.

Jeder von uns ist bei einem Langstrecken-Wettkampf oder einem Tempotraining gezwungen genügend Sauerstoff aufzunehmen. 85% unserer gesamten Leistung sind abhängig von der maximal möglichen Sauerstoffaufnahme. Gedanken darüber, wie dieser Sauerstoff in unsere Lungen kommt, machen wir uns aber kaum. Wir atmen reflektorisch, d. h. so wie uns das Gefühl es vorgibt. In der Laienliteratur und besonders im Internet wird immer wieder auf bestimmte Laufrhythmen hingewiesen. Z. B. 2 Schritte laufen, einmal atmen oder auch 3 : 1 oder 4 : 1. Um es gleich vorwegzunehmen, diese Rhythmen sind als unökonomisch abzulehnen. Wir sind als Mensch nicht dazu gezwungen Vierbeiner, die tatsächlich im Laufrhythmus atmen, nachzuahmen. Die Tiere sind zu diesem Rhythmus gezwungen, weil ihre Muskulatur der Vorderbeine den Brustkorb weit umfasst. Der Mensch aber kann willentlich langsam oder schnell atmen, ohne von seiner vergleichsweise kleinen Brustmuskulatur beeinflusst zu werden.

Diese Tatsache nutzten die Autoren und schlugen eine neue Form der Atmung vor, um das Blut praktisch "künstlich" mit Sauerstoff anzureichern. Die Organisation der Atmung durch vertieftes Einatmen kann die Leistungsfähigkeit eines Läufers im Rennen bemerkenswert verbessern.

Was ist die neue Atemtechnik?

Alte gewohnte Atemtechnik Neue Atemtechnik (NeueAT)
Einatmungs-Tiefe wird unbewußt gewählt, meist wird zu flach geatmet. Vom Start weg wird bewußt so tief wie möglich geatmet.
Einatmungs-Tempo wird unbewußt gewählt. Einatmungs-Tempo ist bewußt langsam und tief
Einatmungs-Rhythmus passt sich dem Schritt-Rhythmus an. Bei hoher Belastung wird schnell geatmet. Einatmungs-Rhythmus wird bewußt gewählt, auch bei hohem Lauftempo wird die Tiefatmung nicht verlassen.

Durch die neue Atemtechnik (NeueAT) gelingt es die Leistung auffällig zu steigern. Wie die Untersuchungen zeigen (Tabelle 1), sinkt bei gleicher Geschwindigkeit die Herzfrequenz und das Laktat Erstmals wurde 1992 die NeueAT in einem Experiment in Moskau demonstriert. In der ersten Serie dieser Untersuchung liefen fünf Meister des Sports auf einem Laufband eine langsam beginnende Geschwindigkeit, die in Stufen bis zum höchstmöglichen Tempo gesteigert wurde. Die Meßwerte wurden festgehalten. Zwei Tage später liefen dieselben Personen dann noch einmal die gleichen Geschwindigkeiten auf dem Band. Vorher aber wurden sie in der NeueAT unterwiesen. Der einzige Unterschied war der Einsatz der NeueAT. Das heißt, es wurde auch bei dem höchsten Tempo noch tief geatmet.

Tabelle 1: Vergleich zweier verschiedenen Atmungsweisen bei O. Nelubova/RUS

Erklärung:
NAT - "natürliche " bzw. übliche Atemtechnik
NEW - "neue" bzw. andere Atemtechnik
AVM = Atemminutenvolumen
HF = Herfrequenz
AF = Atemfrequenz
LA = Laktat

Quelle: Leistungssport, Strelzov, Januar2004

Das Resultat war verblüffend. Die Menge der Luft, die in einer Minute aufgenommen wurde, sank um 10 - 20 %, die Atemzyklen nahmen um 25 - 50 % und das Laktat um 25 - 50 % ab.

In dem Artikel in "Leistungssport" wird ein zweiter Test aus 1996 mit dem ehemaligen polnischen Spitzen-Marathonläufer L. Beblo aufgeführt. Dieser lief jeweils mit drei Tagen Abstand einen 12 km-Tempo-Dauerlauf genau in der km-Zeit von 3:20 min. Im ersten Lauf benutzte er seine bisherige Atemtechnik, in den beiden anderen wendete er die NeueAT an. Auch bei ihm waren die Ergebnisse überraschend positiv (Tabelle 2). Lag Beblo´s durchschnittliche Herzfrequenz am Ende beim ersten Lauf noch bei 171, sank sie beim zweiten auf 169, um dann in der letzten Wiederholung auf 165 zu sinken. Sein Laktat betrug nach dem ersten Test 9,4 mmol/l, sank im zweiten auf 5,2 und im letzten auf 3,65. Wohlgemerkt bei gleicher Laufgeschwindigkeit! Das sind 60% Laktatreduzierung innerhalb von 6 Tagen.

Tabelle 2: Herzfrequenz und Laktatkonzentration bei L. Beblo/POL während des Laufens mit verschiedenen Atmungstechniken

Quelle: Leistungssport, Strelzov, Januar 2004

Als Ursachen werden in "Leistungssport" aufgeführt:

  • Die Verlängerung der Dauer für das Einatmen um den Faktor 1,5 bis 3,0 und daher eine Zunahme der Reaktionsdauer zwischen dem Sauerstoff und dem Hämoglobin.
  • Ein Anstieg der Sauerstoff-Assimilationsrate aus der eingeatmeten Luft.
  • Mit der neuen Atemtechnik wird beim Läufer eine bessere Sauerstoffanreicherung des Bluts mittels Zunahme des Luftdruck in den Lungen bewirkt.
  • Es kommt zu einer vollständigen Beseitigung überschüssigen Kohlendioxids aus dem Organismus des Läufers.
  • Es geht ein geringeres Luftvolumen durch die Lungen
  • Die Atemmuskeln arbeiten zyklischer anstatt in statischer Weise (wie es bei der üblichen Atmung der Fall ist).
  • Die zyklische Atemtechnik verlangt vom Brustkorb weniger Energieaufwand als die statische.

Die Resultate dieser Untersuchung überraschten nicht nur mich, sondern auch andere Fachleute. Mit der Ärztin und Marathonläuferin (PB 2:47) Dr. Karola Weiglein diskutiere ich die NeueAT kontrovers. Könnte es sein, dass sich bei Anwendung der NeueAT nur die Parameter wie Puls und Laktat ändern und der Läufer in der Praxis gar nicht schneller laufen kann? Eigentlich müßte es etwas bringen, wie es immer so schön heißt. Die Untersuchungen und unsere Folgerungen waren eindeutig positiv. Wir waren uns auch nach einem persönlichen Test schon sicher, das sich die NeueAT sich positiv auf die Laufleistung auswirkt.

Aber trotzdem, wir wollten es genau wissen. Da in den folgenden Tagen für uns beide ein Trainingsurlaub mit 25 Läufer(innen) mit der Greif Sport und Reisen GmbH in Andalusien anstand, beschlossen wir die NeueAT dort auf ihre Auswirkungen auf die Laufgeschwindigkeit zu untersuchen.

Wenn an der neuen Atemtechnik etwas dran sein sollte, dann müsste man bei einem maximalen Lauf mit der NeueAT schneller sein als vorher mit der alten Technik. Wir beschlossen daher nach einer Woche Eingewöhnungszeit in Spanien 3 Läufe über 1000 m mit jeweils einem Tag Pause zu starten. Vor dem ersten Lauf wußte niemand der Probanden um was es geht. Wir erzählten nichts von der NeueAT. Die Idee, die wir vermittelten war, dass wir in einem wettkampfnahen 1000er sehen möchten, wie schnell jeder diesen rennen kann. So war der ganze Lauf auch kampfbetont wie ein Rennen.

Am Folgetag wurden die Teilnehmer in einem Vortrag über die NeueAT informiert. Am Tag darauf folgte der erste Test mit der neueAT auf dem selben Kurs. Wir wiesen beim Beginn noch einmal alle Läufer(innen) darauf hin, sofort nach dem Start tief zu atmen und diese Tiefatmung auch bis in das Ziel durchzuhalten.

Das Resultat war verblüffend! Im Schnitt verbesserten sich die Probanden um 5 sec/km. Auch bei der Wiederholung des Tests zwei Tage später zeigte sich das gleiche Bild. Mit der NeueAT waren die Probanden schneller im Vortest. Das Bild wäre beim Wiederholungstest noch deutlicher zu Gunsten der NeueAt ausgefallen, wenn nicht der Läufer mit der Nummer 8 Magendarm-Probleme gehabt hätte, der Läufer mit der Nummer 10 fünf Stunden früher in das Bett gegangen wäre und vielleicht die letzten 5 Bier nicht getrunken hätte.

Aber dennoch zeigt sich in der untenstehenden Tabelle ein eindeutiges Bild:

Dieses Resultat wäre eigentlich anders zu erwarten gewesen, denn die Erfahrung zeigt, dass in der 2. Woche eines Trainingslagers die Trainingsleistungen in der Regel absinken. Für die meisten der Teilnehmer war auch das zweimalig täglich absolvierte Training völlig ungewohnt. Eine Zunahme der Leistungsfähigkeit der Probanden innerhalb von 4 Tagen scheint somit ausgeschlossen. Eher ist der umgekehrte Fall anzunehmen.

Auffällig bei dieser Untersuchung war, dass die schnelleren Läufer(innen) sich eindeutiger mit der NeueAT verbesserten, als die weniger gut trainierten. Wer selbst einmal in den Regionen wie der Läufer mit der Nr. 4 gerannt ist, der weiß z.B. wie hart eine Steigerung über 1000 m von 2:59 auf 2:52 zu erarbeiten ist. Da steht normalerweise ein monatelanges Training dahinter.

Der Grund für die so eindeutigen Auswirkungen der NeueAT bei den langsameren Läufer(innen) dürfte in der nicht genügend ausgebildeten Inspiratorischen- (Einatmungs-) Muskulatur liegen. Unter diesem Gesichtspunkt werden auch die Leistungsverbesserungen mit dem Gerät "Ultrabreath" (wir bieten Ultrabreath in unserem Shop schon seit längeren an) noch deutlicher erklärbar. Dieses Gerät trainiert die Inspirationsmuskulatur. Wer dort stark ist, kann tiefer einatmen und bekommt besser Sauerstoff in das Blut.

Fazit zur neuen Atemtechnik

Die NeueAT kann jedem Läufer(in) zu einem Leistungssprung verhelfen. Sie ist leicht erlernbar, aber schwer durchzuhalten. Stellen Sie sich darauf ein, das Sie, wenn Sie nicht konzentriert atmen, immer wieder in die alte Technik zurückfallen.

Empfehlungen für die Praxis

  • Bei langsamen Dauerläufen brauchen Sie nicht an die NeueAT zu denken, atmen Sie wie gewohnt.
  • Bei allen läuferischen Belastungen, die Sie an den Rand der aeroben Schwelle und darüber führen, wenden Sie die NeueAT an (z.B. Tempoläufe, Sprints, Wiederholungsläufe, Steigerungen, Bergaufläufe und vor allen Dingen bei allen Wettkämpfen bis hin zum Marathon).
  • Wenn Sie Ihren Lungen Zeit geben wollen genügend Sauerstoff zu übergeben, dann müssen Sie die reflektorische Atmung aufgeben und willentlich atmen.
  • Sie sollten tiefer atmen, damit Luft länger in der Lunge bleibt und sich niemals zur "Hechelatmung" zwingen lassen.
  • Wenn Sie einen schnellen Lauf oder Wettkampf beginnen, starten Sie von Beginn an mit der tiefen Atmung.
  • Halten Sie die NeueAT bis zum Ende das Laufs durch.
  • Trainieren Sie Ihre Inspiratorische-Muskulatur mit dem Threshold IMT oder Powerbreathe
  • Achten Sie bei Bergaufläufen auf die NeueAT. Schon am Fuß des Berges sollten Sie unbedingt mit der Tiefatmung beginnen. Nicht erst, wenn Ihnen auf halber Höhe die Luft knapp wird, dann ist es schon zu spät.
  • Trainieren Sie so oft es geht die NeueAT
  • Gefühlsatmung ist vorbei, jetzt regiert in der Brust die kopfgesteuerte Atmung!

Momentan (Stand 2015) haben wir 3 Geräte für das Atemtraining in unserem Onlineshop im Angebot.

Viel Spaß mit der NeueAT wünscht Ihnen mit einem Lächeln, Ihr Peter Greif

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