"Besonders schwierig ist es für die überehrgeizigen Athlet*Innen, die alles richtig machen wollen"

"Besonders schwierig ist es für die überehrgeizigen Athlet*Innen, die alles richtig machen wollen. Die stehen sich am Ende IMMER selbst im Weg. Ihr Kopf und ihre Gedanken stehen zwischen Körper und Leistung. Nachdenken hilft, zu viel Nachdenken kann aber auch unglaublich blockieren."

Diese Worte von Jens Peters treffen mich bis tief in mein Läufer-Herz. Leute, wir stehen uns selbst im Weg! So ein Mist…

Dabei wollen wir doch gar nicht rum stehen, wir wollen doch laufen.

Wie kommt es dazu, dass wir uns im Wege stehen? Ich hatte es in den letzten Wochen schon einmal mit einem ersten Date verglichen:

Wir wollen alles perfekt machen und dann klappt es erst recht nicht. Irgendwie gemein. Zugegebenermaßen erlebe ich genau das gerade immer wieder in meinen Trainingseinheiten. Ich versuche mich haargenau an den Trainingsplan zu halten, alles perfekt zu machen. Dabei setze ich mich so unter Druck, dass ich kaum ein Fuß vor den anderen bekomme. Und wenn es dann mal nicht klappt, bin ich total enttäuscht und fange an, an mir zu zweifeln. Schaffe ich das überhaupt?

Dazu möchte ich gerne einen Austausch mit Jens Peters teilen, der mich sehr bewegt und mich in den letzten Tagen zum Nachdenken gebracht hat.

Meine Mail vom 23. Februar 2022

"Es war mir leider heute tatsächlich nicht möglich, das Tempo zu steigern :( Ich war echt enttäuscht, habe es versucht. Die ersten 4 km in einer 4:34 habe ich gerade so hinbekommen, etwas drüber, aber echt gekämpft! Dann habe ich bei der 2ten Einheit gemerkt, dass es nicht ging. Gefühlt nicht ansatzweise :( Dann bin ich bei dem gleichen Tempo geblieben, anstatt schneller zu werden, wie im Plan stand. Und das war echt schon heftig genug für mich. Mmmmh!

Was meinst du? Vielleicht etwas runter mit dem Tempo?"

Jens Peters’ Antwort 24. Februar 2022

"Klar war die Einheit gestern eine Herausforderung. Sollte sie auch sein. Es war aber alles im Rahmen. Im Plan wird es aber auch wieder etwas langsamer. Daher würde ich das Tempo nicht herabsetzen. Es ist dein Tempo.

Du bist damals die 43:15 min gelaufen. Ich wusste im Grund damals schon wie es laufen wird, wenn die Zeiten schneller werden oder was in den nächsten Testläufen passiert. Du machst dir psychisch so einen Druck, dass du letztlich blockierst.

Nach deiner 10 km Zeit sind diese Zeiten absolut möglich. Aber nicht, wenn du dich unter extremem Druck setzt. Das hilft gar nichts.

Also, mache weiter. Was nicht klappt, klappt nicht. Und: der Plan erfordert maximale Regeneration. Auch wenn du gerne draußen bist. Einmal mehr die Füße hochlegen hilft ungemein."

Also Füße hochlegen und weiter laufen?

Ich beschäftige mich dieser Tage also vermehrt damit, die richtige Balance zu finden auf verschiedenen Ebenen: Zwischen Ehrgeiz und Loslassen. Zwischen schnell und langsam. Zwischen zu viel und zu wenig. Zwischen Überwindung und Entspannung. Zwischen Leistung und Auszeit. Also heißt das für mich jetzt: Füße hochlegen und entspannt weiter laufen ohne zu viel nachzudenken. Ich habe mir auch die Zeit genommen, mal wieder zu meditieren. Den Kopf frei bekommen. So gut!

Und da ist sie - die Freude :)

Und ich kann euch berichten, es macht solchen Spaß! Es läuft. Ich laufe am Montag früh in den Sonnenaufgang hinein und fliege über die Wege. Wow - da ist es wieder ganz eindeutig spürbar: Mein WARUM ich laufe! Und das während einer Tempoeinheit- so soll es sein! Nicht darüber nachdenken, sondern es tun. Na klar, wir wollen an unsere Grenzen gehen, uns austesten, schneller werden und auch mal unseren inneren Schweinehund überlisten. Und gleichzeitig steht über allem die Freude. Die Freude an der Bewegung und am draußen sein und die Freude darüber, dass wir das Glück haben, über diese Erde zu laufen…

Nun, ich habe persönlich das Gefühl, ich bin meiner persönlichen Wahrheit diese Woche wieder ein Stück näher gekommen.

Und in der nächsten Kolumne?

…stelle ich mir selbstkritisch die Frage, ob ich (?!) einen überehrgeizigen Teil in mir habe und über verschiedene Strategien, mit einem ambitionierten Trainingsplan umzugehen. Und selbstverständlich beschäftige ich mich noch einmal mit der Frage, ob es denn nun die EINE Wahrheit gibt. Die EINE Wahrheit über das richtige Trainieren, oder vielleicht vielmehr einfach die richtige Einstellung dazu…

Und hey, außerdem schreibe ich darüber, wie mich das Thema Geduld auf meinem Weg immer wieder herausfordert… Auf all das dürft ihr euch nun geduldig eine Woche lang freuen :-)

Lass es euch gut gehen!
Eure Hanna


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