Was bist du für ein Trainingstyp, etwa ein Traditionalist? Hast du es gern nach einer festen Struktur zu trainieren, über die Woche festgelegt zu gleichen Zeiten und auch auf den immer selben Strecken? Bist du jemand, der auch gerne seine Trainingszeiten und auch das Tempo in einen geordneten Rahmen bringt?
Oder bist du der avantgardistische Typ, der gerne etwas Neues ausprobiert und ständig sein Training umstellt, neue Strecken läuft und auch seine Trainingszeiten oft ändert? Manche bezeichnen diesen Läufertypus als Chaosläufer.
Vielleicht gehörst du zu jenen, die zwar strukturiert trainieren, aber immer darauf achten, dass sie immer wieder einmal einen neuen Trainingsreiz bekommen. Einen neuen Reiz zu setzen heißt nicht allein die Trainingsinhalte zu ändern, sondern auch geänderte Streckenführungen, neue Kurse, Training zu geänderten Tageszeiten und Training in einer neuen oder geänderten Gruppe.
Auch Wechsel des Trainers, der Hinzunahme neuer Trainingsinhalte, wie zum Beispiel Krafttraining oder Alternativtraining wie Radfahren gehört dazu. Ebenso werden Reize gesetzt durch neue Wettkämpfe, die in das Programm mit aufgenommen werden. Als Beispiel wäre ein Erfolgskonzept für viele von uns, einmal kürzere Strecken wie 5 - oder 3000 m zu laufen.
Auch das eine oder andere Bahnrennen zu bestreiten bringt dich vorwärts. Alles was für dich ungewohnt ist, löst in dir neue Anpassungsvorgänge aus. Diese werden nicht nur durch körperliche, sondern auch durch geistige Reize angeregt.
Du wirst dich in der obigen Typisierung sicher irgendwo wieder finden. Und von mir bekommst du jetzt eine Auflistung, welche Spezies mit großer Sicherheit den größten Erfolg haben werden. Der Traditionalist hat es am schwersten. Sein Körper und Geist kennen alles, nichts Neues nirgendwo heißt es.
Von ihm wird eine Trainings- und Lebensform gewählt, die auf Leistungserhalt gepolt ist und nicht auf Fortschritt. Die Aussage zu seinem sportlichen Zustand ist meist: "Ich laufe immer noch ganz gut, aber große Sprünge mache ich nicht mehr, bin wohl schon zu alt."
Dieser Läufertyp ist in der Regel körperlich nicht zu alt, sondern nur alt im Kopf. Ihm gelingt es nicht mehr sich aufzuraffen, neue Wege zu gehen und sich eine Motivation zu verschaffen. Er scheut das Risiko und die eventuellen Schmerzen oder auch Unbehagen, die ihm eine neue Trainingsumwelt auferlegen würde.
Auch liebt er sein tägliches Trainingsritual, seine Strecke, seine Kumpels, seine Zeiten. Alles ist eingebunden in den Wohlfühlkokon seines Trainingsziels. Aber insgeheim gelüstet ihm danach seinen Holger einmal so richtig aus den Schuhen zu blasen. Aber bevor er dieses Gelüst in die Tat umsetzt, läuft er lieber nochmal die geliebte Müllerwaldrunde und vergisst sein Vorhaben.
Anders der Chaosläufer. Er ist der Mann, der ständig neuen Ideen. Besonders typisch für ihn die Vermischung von mehreren Trainingsmethoden. Wobei er aus solchen Trainingsvorgaben seine eigene Methode macht. Aussage: "Ich suche mir aus allen Trainingsplänen das Beste raus!"
Ihm sollte man eigentlich immer wieder einmal die Frage stellen, woher er denn weiß, was das Beste ist. Natürlich antwortet er, dass er genug Ahnung habe, das alles zu durchschauen. Und genau das ist es, was der Chaot nicht hat, den Durchblick.
Sein Wissen und Wissensverarbeitung reicht dazu fast niemals aus, um zu einem Training zu kommen, welches ihn sein Talent ausschöpfen lässt. Und das auch deswegen schon, weil er seine Methodik ständig wechselt. Er denkt weder sein Training zu Ende, noch führt er es praktisch zu Ende.
Er wartet nicht in Ruhe ab, wie er sich über Monate oder sogar Jahre entwickelt, sondern er findet irgendwo wieder eine sogenannte "geile" Einheit, die es dann wirklich bringen soll und muss. Meist bringt sie ihn nur auf den Boden der Tatsachen zurück. Macht nix, denn der Chaostrainierer fängt immer wieder von vorn an.
Aber immerhin entwickelt er sich meist besser als der Traditionalist, weil sein Setzen ständig neuer Reize auch eine positive Leistungsentwicklung nach sich zieht. Aber leider setzt er schon den nächsten Reiz, bevor der davor gehende sich positiv ausgewirkt hat. Und das bringt ihn um!
Ganz schlimm wird es für Chaoten, wenn er schon den größten Teil seines Leistungspotential ausgeschöpft hat. Wenn er dann seinem Organismus in kurzer Folge immer neue Reize und dann auch meist zu starke anbietet, dann macht dieser seinen Laden zu. Er kann diese nicht mehr verarbeiten und kommt so in ein Übertrainingssyndrom. "Ich weiß gar nicht was los ist, es lief so gut und jetzt das."
Am erfolgreichsten ist immer der Läufer und die Läuferin, die zwar strukturell trainieren, aber ihrem Körper dosierte neue Reize anbieten. Das ist einfach, aber nicht einfach umzusetzen. Aber wenn du den Entschluss gefasst hast, deine Trainingsumstände zu ändern, dann ist das schon die halbe Miete.
Die Trainingsumstände zu ändern, heißt nun nicht, dass du alles umwerfen musst, was dich erfolgreich gemacht hat. Aber du kannst vieles modifizieren und somit neue Reize setzen. Wenn du daran denkst, dein Training zu modifizieren, dann solltest du dir erst einmal überlegen, in welchem Bereich du etwas ändern kannst und willst.
Vielleicht gehst du so vor, dass du erst einmal notierst, was alles bei dir beeinflussbar ist. Hier eine kleine Liste, die du beliebig erweitern kannst:
Warnung: Setze nicht alles sofort in die Tat um, was nachfolgend steht. Nimm dir einen oder maximal zwei Punkte aus jeder Gruppe heraus, die du dann änderst!
Trainingstrecke:
1. Einen neuen Kurs finden, einen alten streichen.
2. Einen Tag mehr in einem hügeligen Gebiet laufen
3. Einen Tag jeden Hügel meiden
4. Eine Trainingsstrecke kürzen
5. Eine andere verlängern
6. Einen Kurs mehrfach durchlaufen
7. Aus einer Runde eine Wendestrecke machen oder umgekehrt
8. Die Bahn meiden
9. Die Straße meiden
10. Eine oder mehrere Trainingsstrecken anders herum laufen
11. Mache aus deiner Langen Runde eine Einwegstrecke zu einem Ort, wo du dich dann mit deiner
Familie/Freunden triffst. Ein Spaßbad ist im Winter gut geeignet
usw.
Trainingszeitpunkt:
1. Auch einmal morgens oder je nach dem abends laufen
2. Extensive Dauerläufe teilen in morgens und abends. Niemals aber bei der Langen Runde!
3. Ein Teil des Tagesprogramms in der Mittagspause absolvieren
4. Nicht immer nur jeden 2. Tag trainieren, sondern einmal 3 oder 2 Tage hintereinander, um dann zwei Tage
zu pausieren
5. Nicht ständig mit leerem Magen laufen, sondern auch einmal mit vollem Bauch trainieren. Das geht bei
einem ruhigen Dauerlauf.
6. Aufbrechen des Trainingsrhythmus. Eine Woche einmal Tempo, danach wieder zweimal.
Trainingseinheiten
1. Füge eine neue sinnvolle Einheit hinzu
2. Verlängere deine längste Einheit
3. Pausiere in der zeitlichen Mitte einer Wiederholungslauf-Einheit und versuche die 2. Hälfte im Schnitt
schneller zu laufen.
4. Setze statt eines gleichmäßigen Dauerlaufs moderate Steigerungsläufe ein. Zum Beispiel: Die ersten 5 km
im 6 min/km-Tempo, die nächsten in 5:45 und die letzten in 5:30 min.
5. Ein- oder zweimal Krafttraining in der Woche machen
6. Einen regenerativen Dauerlauf durch eine alternative Ausdauereinheit ersetzen
7. Laufe neue Einheiten immer wieder, nicht nur einmal
8. Und ganz besonders wichtig: Trainiere eine Einheit pro Woche mehr. Diese Maßnahme hat die stärkste
positive Wirkung auf dein Leistungsvermögen.
Diese Liste könnte ich unendlich weiterführen, aber du kannst auch einmal deine Phantasie walten lassen.
Trainingsgruppe
1. Frage beim Nachbarverein nach, ob du einmal in der Woche bei denen mit trainieren kannst
2. Wenn du in einem größeren Verein angehörst, laufe einmal bei einer schnelleren oder langsameren Gruppe mit
3. Wenn du meist allein trainierst, suche dir eine Gruppe oder gründe eine
4. Wenn du ständig mit anderen zusammen trainierst, laufe auch einmal allein. Und dies insbesondere bei den
Tempoläufen
5. Nimm an einem Trainingslager/-urlaub teil. Hilft ungemein, auch relativen Anfängern. Dort lernst du, dass
sich auch die "Schnellen" für ihren Erfolg quälen müssen, nicht nur du.
Um den Umfang dieses Newsletters nicht zu sprengen, möchte ich die Anzahl der Tipps begrenzen. Du wirst unschwer erraten können, dass die meisten dieser neuen Reize auch in den Greif-Clubtrainingsplänen verwirklicht sind.
Aber dieses Setzen neuer Reize gefällt oft einigen Mitgliedern nicht. "Warum wird in diesem Jahr denn nicht so trainiert, wie im letzten? Wo ich mich damit doch so stark verbessert habe." Als Antwort bleibt mir dann nur: "Damit du dich auch in diesem Jahr noch einmal so steigerst wie im letzten."