Der November ist ein Regenerations-Monat, das heißt aber nicht, dass du dahin schleichst und dein Gewicht so langsam nach oben treibst. Wenn dann noch schlechtes Wetter dazu kommt, hast du immer einen Grund weniger oder gar nicht zu trainieren.
Hast du schon einmal in deiner Umgebung jemanden gehört, der groß tönte: "Ab Montag nehme ich ab!" Warum eigentlich Montag, man kann doch auch schon Sonntag anfangen. Macht man aber nicht so gerne, weil es sonntags immer noch etwas Leckeres zu essen gibt.
Genauso ist es mit dem Trainingsbeginn nach der Regeneration, wenn dann überhaupt eine gemacht wurde. Mit dem "richtigen" Training geht es immer erst im neuen Jahr los. Da ist der Blick frei auf die Jahresziele.
So wird der Dezember als Trainingsmonat sehr oft verschenkt. Warum eigentlich? Dieser Monat hat viele freie Tage, die ideal zum trainieren sind. Aber die werden oft nicht genutzt, sondern für andere körperliche Aktivitäten verschwendet.
Und das hat fatale Folgen. Plätzchen, Marzipankartoffeln und Glühwein bauen gemeinsam am Fettgebäude. Der Mensch genießt, hat aber dennoch ein schlechtes Gewissen, weil die Körperfülle schwer auf die Laufmuskeln drückt. So hat er dann noch weniger Lust wieder anzufangen mit dem Training und legt voller Fatalismus die Beine noch ein Stückchen höher. Ab Neujahr kommt das Fett wieder runter, schwört er sich.
Dabei ist der Dezember noch der beste von allen Wintermonaten. In unseren Breiten ist er meist mild, oft frostfrei und wenn Schnee fällt, dann bleibt er selten lange liegen. Nur dunkel ist es. Aber diese Dunkelheit hat ihren Schrecken verloren, dank der modernen Kopfleuchten können wir auch in dieser Zeit in jedem Gelände laufen.
Bleibt noch das Argument, dass man ja so viele Wettkämpfe gemacht und jetzt noch nicht wieder hart trainieren möchte. Das ist auch richtig so, im 12. Monat wird locker und aufbauend trainiert. Ich gebe dir nachfolgend einige Tipps, wie du den Dezember sinnvoll mit Training füllen kannst.
1. Setze dein Dauerlauftempo des Herbstes um 15 - 20 sec/km herunter.
2. Beginne in der ersten Woche des Dezembers mit etwa 75% der km, die du zuletzt im frühen Herbst gelaufen bist. Erhöhe diesen Umfang alle 14 Tage um etwa 5%.
3. An deinen Tempolauftagen - ja, es wird auch im Herbst Tempo gelaufen - läufst du Spezial-Programme, die dich zwar schon das Wettkampftempo deiner Hauptstrecke trainieren lassen, dich aber körperlich kaum belasten. Geht nicht! Doch!
Statt 10 km-Tempodauerlauf absolvierst du einen Tempowechsellauf über 10 km. Als Beispiel: Du willst im nächsten Jahr 2:57 h im Marathon kommen. Dann brauchst du dazu einen Schnitt von 4:12 min/km. Die wirst du in dieser Zeit kaum über 10 km durch laufen können.
Mit den Tempowechsel sind die 10 km aber ganz einfach, indem du die ersten 400 m in 1:41 min läufst und die nächsten in 2:00 - 2:10 min. Und dann kommt der schnellere 400-er wieder dran und nachfolgend abermals der langsamere. Alles ohne Pause durchlaufen.
Das geht ganz einfach. Im Ziel hast du die 10 km hinter dich gebracht und bist davon 5 km im geplanten Renntempo gelaufen. Ist dir das zu locker, kannst du 400 schnell und 200 m langsam nehmen. Oder 500 und 500 m. Du kannst so ein Training auch über 15 km laufen oder später gar über 20.
Ich warne dich aber vorher: Dieses Training ist sehr, sehr ermüdend, besonders mental. Die ständigen Wechsel der Laufgeschwindigkeit machen dich fertig, aber du schläfst danach sehr gut.
Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Tempowechsel-läufe sind ideal um sich schonend wieder an alte und bessere Leistungen heranzutasten. So kann man sie auch durchaus nach Verletzungen zum Wiederaufbau nutzen.
Wenn du deinen Schwerpunkt im kommenden Jahr auf 10 km oder Halbmarathon setzt, dann solltest du erst einmal mit der Variante 200 m im 10000 m-Renntempo und 200 m langsameren Tempo wählen.
Um eine ähnliche Leistung wie eine 2:57 h im Marathon über 10 km zu laufen, benötigst du etwa 38 min über diese Distanz. Damit läufst du dann vom Start 45 sec über 200 m und dann langsamer weiter 60 - 65 sec für die nächsten 200 m. Ist dir das noch zu hetzig, gehen auch 200 m schnell und 400 m langsam.
Auch hier kannst du experimentieren, bleibe aber immer im aeroben Bereich. 10 km-Renntempo sind bei Langstreckenläufer in dieser Zeit schon leicht über dem Grenzwert.
Und mache niemals den Fehler deiner läuferischen Umgebung zu erzählen, dass du gestern 50-mal 200 m gelaufen bist. Dann kann es dir, wie mir ergehen. Einmal lief ich diese 10000 m auch in 200 m-Abschnitten und machte aber den Fehler darüber zu reden.
So kam dann ein befreundeter Läufer aus einem Nachbarverein auf mich zu und fragte mich ganz entgeistert: "Stimmt es, dass ihr jetzt im Dezember schon 50-mal 200 mal lauft? Wirklich 50? Gunnar hat mir davon erzählt und hat dann gemeint: "Die Seesener sind ja so was von bescheuert. 200-er im Dezember."
Wohlgemerkt, das sind 10 km!!!
Und in diesem Sinne kann ich dir noch einen Tipp geben: Wenn dir jemand erzählt von den Idioten, die irgendetwas ganz Irres trainieren, dann höre genau hin und informiere dich genauestens. Denn alle, die ein neues erfolgversprechendes Training einführten, waren bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich dieses Training durchgesetzt hatte, immer Irre, Idioten oder Spinner.