In den vorhergehenden Berichten standen Hinweise auf den Leistungsabbau und das hat dich wohl etwas erschreckt. Ich kann dich aber trösten: Auch Läufer und Läuferinnen über 50 Jahre können noch gigantische Leistungen erzielen.
Es war geplant, hier und heute die internationalen Rekordlisten im Marathon über 50 Jahren aufzuführen. Leider mußte ich kurzfristig am 10.11.2017 ins Krankenhaus. Bin aber wieder fit und zuhause. Es fehlte mir die Zeit für die geplante Arbeit.
Aber ich kann einmal berichten über einen M40-Läufer, der plötzlich in unserer niedersächsischen Laufszene auftauchte und uns alle verblüfte.
Ich meine, es war 1984 bei einer niedersächsischen Seniorenmeisterschaft über 25 km, die ganz stark besetzt war. Aber ich war in Höchstform und wollte dieses Rennen gewinnen.
Und es ging gleich im Höllentempo von 3:15 min/km los. Wir waren eine Fünfergruppe. Ich kannte alle Mitläufer bis auf einen. Auf Nachfrage bekam ich erklärt: "Das ist ein ehemaliger Radrennfahrer aus Hannover."
Ach so, keine Gefahr, den zersäge ich auf den letzten 10 km. Denk'ste, dieser Typ trat bei km 15 selber an und hatte sofort 30 m Vorsprung. Mein Blick in die Runde sagte mir, dass niemand die Lust und die Kraft hatte hinterherzulaufen. So nicht, dachte ich und beschleunigte auch.
Ich holte ihn zwar wieder ein, aber als ich dran war, war ich auch schon ziemlich kaputt. 1-2 km kam meine Person noch mit und dann musste ich abreißen lassen. Was dann kam, war gar nicht schön. Denn es dauerte nicht lange und drei Mitläufer holten von hinten auf und liefen an mir vorbei.
ich hatte mich übernommen und konnte nicht mehr mithalten. So siegte dann der Radrennfahrer und so ein Schleicher aus Seesen wurde Fünfter. Das wurmte mich ungemein, denn meine Form war überragend und dann zog mich so ein Kurbelhansel ab.
Aber mir wurde klar, dass ich mich nicht mehr verbessern kann. Mehr ging nicht mehr. 200 km die Woche trainiert und mit einem Gewicht von 83 kg war Ende im Gelände.
Oder gibt es Hilfen? Ich wurde unerwarteter Weise schnell fündig im Buch: Sportbiologie, 10. Auflage von Jürgen Weineck. Erschienen im Spitta Verlag. Denn Weineck schreibt in seinem Kapitel Alter und Sport, wie es zu den Leistungsbegrenzungen in den fortgeschrittenen Lebensjahren kommt:
Beweglichkeitseinschränkungen - Muskuläre Faktoren
- Verkürzungen der Muskulatur (Sarkomerverlust)
- Gleitstörungen (Verklebungen)
- Massenhemmungen (z. B. Adipositas, Muskelmassenhemmung durch Bodybuildung u. a.)
- Intramuskuläre Volumenänderungen durch vegetative Einflüsse
Beweglichkeitseinschränkungen - Bindegewebige und knöcherne, mechanische Faktoren
- Anlagebedingte knöcherne Vorgaben (Anatomische Varianten)
- Erworbene knöcherne, osteophysäre Ausziehungen, Randzackenbildung, Einschleifen von Gelenken u. a.
- Narbenbildung (Haut, subkutanes (Binde-)Gewebe, Kapsel, Bänder, Sehnen, sonstige Strukturen nach Verletzung/Op.-Trauma)
- Einklemmungen von Menisken, Band- und Kapselstrukturen, periartikuläre Gewebe
- Verklebungen (H-Brückenbildung, Cross-Links, Lipidbrücken)
Beweglichkeitseinschränkungen - Sonstige Ursachen
- Intra- und interindividuelle pathologische, pathogenetische Faktoren
- Nichtgebrauch des vorhandenen Bewegungsmaßes (ROM)
- Schädigung der Gewebe durch extremen Gebrauch und reaktive Beweglichkeitseinschränkung"
Das erklärt natürlich nicht, warum es diese muskulären Differenzen zwischen uns Läufern und den Radrennfahrern gibt.
Aber der gesunde Menschenverstand kann schon erkennen, dass die beiden Sportlergruppen unterschiedliche Belastungsstrukturen haben undsomit auch die negativen Auswirkungen in anderen Bereichen positionieren.
Der Schluss aus diesem Artikel kann nur sein: Wenn du im Alter schnell sein willst, dann reicht ein Lauftraining allein nicht aus. Du musst dafür sorgen, dass deine Kraftfähigkeiten und besonders deine Flexibilität erhalten bleiben.
Das heißt für dich und auch für mich: Mehr Krafttraining und deutlich mehr Gymnastik. Wer nicht mehr mit den Fingerspitzen an seine Zehen kommt, der kommt auch nicht mehr aufs Treppchen.