Der Jahreswechsel ist nah und so langsam machen wir uns alle Gedanken, was wir denn im Winter für Rennen laufen und trainieren sollen. Und schon kommt eine Unsicherheit auf. "Wenn ich im Winter einen Wettkampf laufe, dann fehlt mir doch eine lange Einheit. Das kann doch nicht gut sein oder?"
Doch das ist gut! Du brauchst in den Monaten Januar, Februar und März vier Rennen um im April in Hochform zu sein. Gut geeignet sind dazu die sogenannten Winterserien, die meistens im Rhythmus von 14 Tagen bis zu vier Wochen angeboten werden.
Traditionell wird 10, 15 und 21,1 km gelaufen, aber auch andere Längen sind möglich. Die bewährte Streckenwahl eignet sich sehr gut um sich auf einen Halb- bis Marathon vorzubereiten.
Leider werden diese so wertvollen Trainingswettkämpfe aus den oben beschriebenen Verlustängsten bei der Anzahl der langen Runden von vielen nicht angenommen.
Innerhalb der Greif-Club-Trainingsplänen beginnen wir bei den Halb- und Marathonplänen uns schon in den vier Dezemberwochen von längstens 25 auf 35, wahlweise 40 km und bei den HM-Plänen von 20 auf 25 km zu steigern. Im Januar sollte dann jeder seine längste Strecke im Griff haben.
Wer im nächsten Frühjahr einen Marathon laufen will, braucht dann noch sechs lange Runden um bis zum Hauptwettkampf fit zu sein. Dazu kommen 4 Wettkampfwochenenden. Das sind insgesamt 10 Wochenenden. Ich rechne als Trainingsausfall immer noch zwei Erkältungs-, Urlaubs- oder Verletzungswochen hinzu und so ist man dann schon Mitte März ziemlich fit und im April in Hochform. Die Ausfallwochen richten dann auch geringsten Schaden an.
Aber was passiert in der Praxis? Zuerst das Gejammere im Dezember: "Was denn jetzt schon wieder ganz lang laufen? Ich habe doch gerade eben erst aufgehört damit." Dazu kommen die Weihnachtsfett-, Dunkel- und Zukaltklagen. Also die typische Weicheierei, die mir als Trainer auf den - du weiß ja wohin - geht.
Wer sich dann erst Mitte Januar die ersten Meter seiner langen Runde anschaut hat schon verloren. Dann bist du nur noch ein pausbäckiges Holgeropfer.
Wenn du aber früh anfängst mit den Training, dann kannst du ihn während der Winterserie schon beschatten. Bekommst durch diese Wettkämpfe deine Tempohärte und verbesserst deine Psyche. Wer Mitte Februar bei 8 Grad minus an den Start geht, um sich 15 km durch den Schnee zu quälen, den kann im Frühjahr nichts mehr erschüttern.
Du wirst dich fragen, ob es nun besser ist eine Winterstraßenserie oder eine Crossserie zu laufen? So lange ich auch überlege, komme ich zu keinem eindeutigen Resultat.
Ich selbst zog immer die Straßenserie vor, andere Läufer aus unserem Verein liefen aber mit großem Erfolg lieber Cross. Das lag wohl auch am persönlichen Können, denn mit meinen austrainierten 85 kg und 195 cm war ich ein lausiger Crossläufer.
So schaffte ich es auch in meiner besten Zeit nicht einmal bei Crossmeisterschaften in die erste Mannschaft unseres Vereins zu kommen. Mit der Zeit lief ich gar keinen Cross mehr, das ersparte mir den Hohn der Vereinskameraden, die ich auf der Straße meist im Griff hatte.
Was ist denn nun aber der eigentliche Unterschied zwischen Cross und Straßenlauf? Natürlich die Streckenstruktur durch Feld und Wald mit schlechten Untergrund und oft auch engen Wegen, die im großen Feldern das Überholen erschweren.
Nicht allein aus diesem Grund gibt es mit dem Tempostart beim Cross etwas was man können muss. Auch wenn du dich in deiner Altersklasse nur unter die ersten Fünf klassieren willst, dann must du von Anfang an "losknallen".
Und wenn du so etwas noch nie erlebt hast, dann kannst du den beliebtesten Trainersatz, "Geh nicht so schnell an", völlig vergessen. Meist wird auf einer großen breiten Wiese gestartet und nach 200 m maximal landet das ganze Feld in einem schmalen Weg. Jedem der frei laufen will, bleibt nichts anderes über, als einen Startsprint bis zum Anschlag hinzulegen, um nicht abgedrängt zu werden. Wie ein Keil jagt dann das gesamte Feld auf den Weg zu.
Und diesen Sprint musst du vertragen können. Wenn du versuchst "dein" Tempo zu finden, hängst du hinten und wenn du mitgehst, bist du schon "blau", bevor sich das Feld beruhigt hat.
Hast du dich vorher nicht mir entsprechenden Tempoläufen auf diesen "Luftnotschock" vorbereitest, dann kannst du erst einmal einen km joggen, bis du wieder einigermaßen schnaufen kannst.
Während vorne die Mittelstreckler schon am Horizont verschwinden, kämpfst du noch immer mit deinen dicken Beinen. Große Klasse kannst du dann zeigen, wenn das Feld vor dir die feuchte Wiese, schon zu einem Matschbrei zertrampelt hat. Wenn dir dann in diesem auch noch einer deiner schlecht gebundenen Schuhe stecken bleibt, wirst du den Cross kaum jemals lieben.
Das ist natürlich beim Straßenstart ganz anders, hier kannst du gewohnte Taktiken einsetzten. Verhaltenes Angehen, Windschattenlaufen, Holger vollquatschen oder erzählen, dass du nur einen Trainingslauf machst. Obwohl altbewährt fällt so mancher doch noch drauf rein.
Aber im Vergleich bezogen auf die Frühjahrsform fand ich im Frühjahr bei unseren sehr vielen Läufer(innen) in der LG Seesen keinen signifikanten Unterschied zwischen denen, die sich hauptsächlich mit Cross- oder Straßenläufen vorbereitet hatten.
Es war auch immer so, dass es keine reine Form der Wintervorbereitung gab, fast alle liefen Straße und Cross. Eines aber war ganz klar zu sehen: Wer keine Rennen im Winter lief, rannte im Frühjahr hinterher.
Um dich heiß auf die kommende Saison zu machen, hier ein kleines Gedicht von mir, welches in den vergangenen Monaten als Geburtstagsgratulation für die Greif-Club-Mitglieder diente:
Die Trainings-Bestzeit
Ein Läufer, dem nicht der Ehrgeiz fehlt -
den Sessel hasst, sich lieber quält
In tiefer Nacht und auch bei Regen –
kaum zu glauben, die Qual ein Segen
Sorgenfrei, die Seele offen -
rennt, die Bestzeit will er sich erhoffen
Auch wenn das Tempo hoch, die Strecke lang -
egal, ihm ist nur vorm Holger bang
Ihn, den Bösen will er schlagen -
schneller, dem geht es an den Kragen
Die Muskeln weinen, die Lunge keucht -
das T-Shirt, das ist mehr als feucht
Auch die Beine jetzt, sie werden schwer -
nun Körper, gib die Kraft mir her
Die Zeit sie flieht, das Ziel es naht -
schneller noch, es hilft des Trainings Saat
Nun muss er beißen, ein schneller Sprint –
Schmerz lass nach, die Kraft verrinnt
Die Schenkel schwach, der Wille da -
oh Himmel, jetzt ist die Linie nah
Ja, die Uhr gedrückt, die Zeit gelesen -
Holger du Sack, das ist´s gewesen
Peter Greif, 07. November 2010