Anfang September bekam ich eine Email von unserem Club-Mitglied Olaf O. mit einem Bericht von seinem ersten 24 h Lauf. Er hatte sich mit einem Greif-Marathon Plan mit 7 Eineiten und Ultralauf-Joker vorbereitet. Diesen Bericht fand ich sehr interessant, darum möchte ich ihn an dieser Stelle veröffentlichen. Wir gratulieren Olaf ganz herzlich zu seinem erfolgreichen Lauf und seinem Ergebnis!
Anbei mein Bericht vom 24 Stunden Lauf:
Nachdem ich nun schon einige Ultraläufe absolviert habe, darunter auch zwei 100 KM Strecken, wollte ich mir den sportlichen Lebenstraum erfüllen und eine ganze Nacht und einen Tag durchlaufen. Im benachbartem Bottrop findet jährlich das Ultralauf Festival statt. Hier werden Läufe über sechs, zwölf und 24 Stunden angeboten. Ich entschied mich also für den 24 Stunden Lauf, in dessen Rahmen zudem die diesjährigen deutschen Meisterschaften ausgetragen wurden.
Da ich seit Mai mit einer leicht gereizten Achillessehne zu kämpfen und entsprechenden Trainingsrückstand hatte, wurden die Ziele zunächst einmal sehr tief gelegt.
- 140 KM schaffen,
- den 16. Platz AK der deutschen Halbmarathon Meisterschaften möglichst verbessern,
- und vor allem… nicht aussteigen.
Da es recht warm war und der Start um 12 Uhr stattfand beschloss ich sehr verhalten und mit einigen Gehpausen zu beginnen und das Tempo dann in der kühleren Nacht zu steigern. Vor allem wollte ich versuchen in der Nacht keine Ruhe- oder gar Schlafpausen einzulegen, sondern die kompletten 24 Stunden durchzulaufen.
Begleitet wurde ich von meiner Familie, guten Freunden und vielen Vereinskollegen. Besonders hervorheben möchte ich meine Tochter Eva, sowie Vio, Noemi und Isabell, die die gesamten 24 Stunden an meiner Seite waren und zum Teil gar nicht, zum Teil zwei oder drei Stunden im mitgebrachtem Zelt geschlafen haben.
Der Lauf selbst fand am Fuße des Tetraeder im Batenbrocker Stadtpark auf einer gut ein KM langen Runde statt. An der dreihundert Meter langen Verpflegungsmeile hatte jeder Lüfter sein (Vereins) Zelt aufgebaut. Hier wurde Verpflegung angenommen, für die Läufer gekocht, angefeuert, gelacht, geflucht, geweint. Hier befanden sich die Toiletten, der Massagebereich und der Rennarzt. Und hier wartete mein Team drauf das der verrückte Ortmann alle paar Minuten vorbei rannte, joggte, walkte oder humpelte.
Also los:
Am Samstag um 12 Uhr erfolgte der Startschuss. Lockeres Laufen mit ein paar bewusst eingelegten Walkingpausen. Doch schon nach gut zwei Stunden musste ich in den Sanitätsbereich. Nichts schlimmes, allerdings waren die relativ neuen Ultraschuhe doch nicht so eingelaufen wie gewünscht. Nur eine leichte Druckstelle. Aber bevor diese sich zu einer Blase ausweitet habe ich sie besser abpolstern lassen. Eine Blase zu dem Zeitpunkt des Rennens wäre möglicherweise das Aus gewesen. Mit neuer Bereifung, also eingelaufenen Schuhen, ging es wieder hinaus auf die Strecke. Der Marathon viel in 5:10 Stunden. Zu schnell eigentlich.
Nun ging es weiter in den Abend hinein. Um den Magen und Verdauungstrakt nicht zu überlasten habe ich in jeder Runde eine Kleinigkeit gegessen und getrunken. Leicht verdaulich und gern salzig. Es gab eine offizielle Verpflegungsstelle mit allem was der Läufer so braucht. Aber meine Crew hatte auch selbst vorbereitet. So bekam ich auf jeder Runde kleine Leckereien. Leicht verdaulich und oft salzig. Ich bekam Kartoffelbrei mit Himalajasalz und Chaisen, Cräcker, Süsses. Um 21 Uhr Nudeln mit würziger Tomatensauce und Parmesan. Und wenn mich auf einer Runde nach zuckerhaltiger Limo oder Lakritz gelüstete wurde dies im angrenzenden Stadtteil besorgt. Warum ich Lakritz wollte weiss ich nicht mehr...
Es wurde dunkel, die Nacht begann. Ich lag auf Platz 29. Aber die Nacht sollte meine werden. Früher habe ich die Nächte durchgefeiert aber mit bald 50 h´geht man nicht mehr nächtelang durchfeiern. Nein in dem Alter läuft man.
Und ich wollte durchlaufen. Mir Platz für Platz holen. KM für KM Richtung 140 kommen. Ohne Pausen. Ob es die richtige Taktik sein würde, das wird sich am nächsten Mittag zeigen.
Bei meinen bisherigen 100 km Läufen habe ich 11 und 13 Stunden gebraucht. Diesmal fiel die Marke nach knapp 15 Stunden. Drei Uhr Nachts. Ich fing an zu rechnen. Noch 9 Stunden für 40 km. Kein Problem. Ich fühlte mich noch gut. Und träumte schon von 160 km oder mehr.
Um 6 Uhr morgens dann die Nachricht meines Teams. Du bist unter den Top Ten. Platz 9. Ebenfalls um 6 Uhr die Nachricht meines Körpers. Reicht es nicht langsam?
Es wurde hell und ich wurde müde. Die Gehpausen häuften sich.
Gegen 8 Uhr war ich im Walkingtempo unterwegs. Allerdings nicht nur ich. Die meisten gingen nur noch. Ausser die Elite und die Läufer die Nachts einige Zeit pausiert hatten. Aber um es vorweg zu nehmen. Ich habe nur noch zwei Plätze verloren.
Nun bekam ich Blasen. Große Blasen. Der Rennarzt konnte die nicht mehr behandeln. Also weiter oder Aufhören.
Ab 10 Uhr konnte ich nur noch humpeln. Aber nach 22 Stunden wollte ich nicht raus. Das hätte auch mein Team nicht zugelassen. Nach 23:30 Stunden fielen dann die 140 km
2 Runden später vorbei. Aus. Bis zum Ende konnte ich noch gehen. Ab dann musste mich meine Tochter stützen. Was der Geist so alles kann. Um 11:59 kann ich noch gehen. Um 12:01 nicht mehr.
Jetzt will ich Pflaumenkuchen. Mit Sahne. Warum? ich mag doch keinen Pflaumenkuchen.
Abends lade ich Freunde und Familie zum Essen ein. Aber sobald ich sitze werde ich sehr müde.
Jetzt, wo ich diesen Bericht schreibe, ist es Mittwoch. Eine große Blasen unter dem Fuß ist mir geblieben. Aber ansonsten fühle ich mich gut. Unglaublich wozu der menschliche Körper in der Lage ist. Wie anpassungsfähig er ist. Und das nicht nur im Alter von knapp 47. Die ältesten Teilnehmer waren über 80.
Ob ich es wieder mache. Mal sehen. ich weiss es noch nicht.
24 Stunden, 142,849 km, Platz 9 in der Altersklasse, Platz 49 Gesamt. In Deutschland. In der europäischen Jahresbestenliste AK Platz 119, und in der Weltrangliste Platz 177.