Ende Oktober. "Endlich" hast du dein Wettkampfjahr hinter dir. Hoffentlich mit persönlichen großartigen Leistungen, Erlebnissen und Gefühlen. Deine Zieleinläufe mit Bestzeit, mit Zermalmung deines ebenso persönlichen Holger Meiers im wichtigsten Rennen. Dem Jubel der Zuschauer auf der Zielgeraden. Das fantastische Gefühl danach. All diese Dinge kannst du noch jederzeit visualisieren und die Gänsehaut tritt bei dir gleichzeitig mit manch einem nassen Auge ein. Was für ein Jahr! Und jetzt hast du dir die Regeneration verdient.
Und wenn dein Laufjahr von den berühmten Pleiten, Pech und Pannen, sowie Verletzungen, Trainingsunlust, beruflichen und persönlichen Schicksalen durchsetzt war? Du als Folge davon einfach nichts "auf die Straße" bekommen und du deine Ziele nicht erreicht hast? Holger Meier dich im Ziel mit zunehmenden Siegen über dich immer mehr mit einem Blick wie "deine Zeit ist abgelaufen" empfangen hat? Dann kommt die dunkle und meist nasskalte Jahreszeit mit weitem Abstand zur nächsten Saison wohl gerade recht. Gründe um es im Training schleifen zu lassen, werden jetzt oft geradezu serviert. Oder?
Während die Erfolgreichen einerseits ihre Glücksgefühle kaum unter Kontrolle bekommen und in höchstem Maß motiviert am liebsten mit angewachsener Startnummer immer weiter rennen würden, sind die anderen oft froh, dass der selbst auferlegte Druck erstmal raus ist.
Beide haben einen gemeinsamen Nenner:
Jeder Läufer benötigt nach Ende der Wettkampfsaison, in unserem Trainingssystem der November, dringend eine aktive Regenerationszeit. Für die bestzeitüberfluteten Überflieger des Jahres selten einzusehen. Das ist aber eine andere Baustelle. Die unbedingte Wichtigkeit der Regenerationsphase wurde in vielen unserer Newsletter in der Vergangenheit immer wieder umfänglich beschrieben.
Aber was ist eigentlich mit Wettkämpfen im Winter? Leider (!) gibt es im Gegensatz zu früher weniger echte Crossläufe, die auf schwierigem Gelände nur mit Spikes zu bestehen sind. Dennoch: Die Veranstaltungskalender sind mit Rennen an sich relativ gut gefüllt. Ein 10er im November, also in der Regeneration, vielleicht nur 3 Wochen nach dem Marathon? Adventsmarathonläufe? Sonstige Volksläufe, oft sogar auf schnell zu laufenden Strecken? Sind die nun auch völlig tabu? Um es klar zu beantworten: Keineswegs! Sie sind sogar sehr empfehlenswert. Es gilt jedoch, sich dabei an gewisse Regeln zu halten.
Dazu gibt es zusammengefasst drei Antworten:
- Ja, Wettkämpfe im Winterhalbjahr sind hilfreich für die Vorbereitung der neuen Saison!
- Die Wettkämpfe werden nicht gezielt vorbereitet, sondern aus dem Training heraus bestritten!
- Mit welchem Einsatz und wieviele Rennen gelaufen werden, muss zwingend differenziert beurteilt werden.
Im Grundsatz muss klar sein: Die Wettkampfhighlights liegen im Frühjahr und im Herbst, nicht im Winter. Unser ganzes Trainingssystem ist darauf gestaltet, dass du deine persönliche Höchstleistungsfähigkeit dann erreichst, wenn die wirklich wichtigen Rennen anstehen. Ein gute Platzierung und/oder Zeit beim Silversterlauf ist schön. Schöner ist jedoch deine maximale Formkurve bei deinem echten Highlight des Jahres. Gönne deinem Holger Meier gern den Vortritt beim Volkslauf abseits der Saison. Du bist dann da, wenn es wirklich drauf ankommt!
Deshalb werden die Wettkämpfe im Winter niemals langfristig zielorientiert vorbereitet. Du nimmst sie zwar ernst, bestreitest sie aber immer aus deinem Wintertraining heraus!
Dennoch sind sie nützlich für dich. Im Winter erfährst du in unseren Plänen immer ein saisonangepasstes Tempotraining. Und dessen Umsetzung ist sehr wichtig! Solltest du das je nach deinen Möglichkeiten vor Ort bei winterlichen Bedingungen in der Praxis manchmal "nicht auf die Reihe kriegen", kann ein Wettkampf in der Woche zumindest eine hilfsweise Ersatzmaßnahme sein. Methodisch nicht ganz einwandfrei, aber wenn die Alternative lautet, kein Tempotraining in der Woche, ist der Wettkampf am Wochenende definitiv eine gute Ersatzlösung. Ersatzlösung bedeutet, Wettkämpfe ersetzen das gesteuerte Tempotraining nicht. Dessen Umsetzung hat die deutlich höhere Priorität zur Formsteuerung.
Durch deine Rennteilnahme nimmt deine Wettkampferfahrung weiterhin zu. Insbesondere dann, wenn du im Winter Streckenlängen und -führungen wählst, die du bisher nicht gewohnt bist. Zum Beispiel Crossläufe für die bisherigen Straßenläufer. Sofern möglich, Wettkämpfe mit Höhenmetern für Flachlandläufer. Weiche einfach mal ab vom Gewohnten.
Du gewinnst gewinnst neben körperlichen aber auch an mentalen Impulsen hinzu. Biss, Kampfkraft, Leistungsbereitschaft wird immer wieder gefordert und versinkt nicht im Winterschlaf. Und für die ganz "Heißen": Du hast weiterhin deine wichtigsten Gegner und deren Leistungsverlauf im Blick. Erfreust dich über Holgers sichtbaren Gewichtsanstieg zu Weihnachten. Erkennst Neulinge in deinem Umfeld, auf die im Sommer zu achten ist.
Wie steuerst du nun deine Rennen und läufst du sie immer "Vollgas"?
Darauf geht der nächste Newsletter in der kommenden Woche ein. Mit dessen Umsetzung legst du einen ganz entscheidenden Unterbau für eine fantastische Neue Saison im kommenden Jahr.
Alles Gute in diesen Tagen,
Hansi Köhler