In der letzten Woche haben wir über Grundsätzliches zur Teilnahme an Wettkämpfen um Winterhalbjahr geschrieben. Einer Zeit, in der sich manch ein Läufer "auf die faule Haut legt", und ebenso manch andere die eigentliche Wettkampfsaison gar nicht stoppen wollen.
Bist du das ganze Wettkampfjahr bis in den Oktober hinein hart dabei gewesen und hast auch viele Rennen bestritten, lautet die ganz klare Empfehlung: Der November ist tabu. Null Wettkämpfe. Körperlich und mental brauchst die die Ruhe und nimmst einen vorübergehenden Leistungsrückschritt in Kauf. Auch keine "Trainingswettkämpfe", die du angeblich nicht mit voller Kraft läufst. Sei doch ehrlich zu dir: Wenn du so heiß bist, dass du im November nicht loslassen kannst vom Wett-"Kampf", dann glaub doch nicht, dass du die Disziplin hast, einen solchen Lauf wirklich entspannt zu gestalten und deine bekannten Gegner vor dir einlaufen zu lassen. Glaubst du allen Ernstes, dass du das wirklich so machst? Nimm dir also den Abstand.
Es gibt nach der Saison durchaus wunderschöne Landschaftsmarathons mit wirklich rührigen Veranstaltern. In meiner aktiven Zeit freute ich mich immer auf den Adventsmarathon im nordhessischen Arolsen. Wunderschön dort. Sehr hügelige Strecke, hunderte Teilnehmer. Mein damaliges Laufniveau bei einem Stadtmarathon war rund 2:50h. Mit einigen gleichstarken Jungs unternahmen wir oft eine tolle Herrentour dorthin und planten, mehr als eine ganze Stunde langsamer zu laufen, was natürlich selten klappte. Wir waren jung und heiß. Wir hatten zusammen aber die Disziplin, diesen schönen Marathon als unsere lange Trainingsrunde anzusehen und auch so zu laufen. Die legendäre Traditionsansprache vom damaligen Veranstalter Heinrich Kuhhaupt vorher, die nach unserem späten Zieleinlauf inzwischen garantiert kalte Dusche, die Erbsensuppe und ja, das Bierchen nachher im Kreise der Jungs, das war echt klasse und passte auch methodisch ins Training. Wenn dir aber einfällt, im Winter einen Marathon mit absolut vollem Einsatz zu laufen, stört das deine Formsteuerung ganz gewaltig. Wir raten dir klar davon ab!
Um weiterhin den Druck rauszunehmen, wähle idealerweise Wettkämpfe, deren Ergebnis allenfalls mit sich selbst aus den Vorjahren vergleichbar ist. Wenn es sich also um eine "krumme" Strecke handelt und eben nicht beispielhaft exakt 10km. Oder wenn sie nennenswerte Höhenmeter aufweist, oder aus sonstigen Gründen eher schwer zu belaufen ist. Dein Vorteil daraus ist, dass du zwar ein angestrengtes Rennen läufst, dich jedoch nicht verunsichern lässt wenn deine Endzeit beim vermessenen Straßenlauf im Winter bei guten Bedingungen möglicherweise deutlich schwächer ausfällt, als vor wenigen Wochen noch. Was du als Wettkampfläufer immer brauchst, ist Selbstbewusstsein und fester Glaube an deine Leistungsfähigkeit. Hast du vielleicht noch keine langjährige Lauferfahrung, kommt es häufig vor, dass du dir meist unnötige Sorgen machst, wenn dein Winterergebnis schlechter ist als in der Hauptsaison. Wenn dir dieser Formverlauf aber klar ist, kannst du selbstverständlich auch bei vermessenen Rennen im Winter starten.
Und was ist mit Meisterschaften im Crosslauf?
Eine solche hat selbstverständlich ein anderes Gewicht. Du rennst hier voll. Lauf was du kannst. Oder starte dort eben nicht. Die Terminlage ist je nach Ebene, Kreis oder Bundesland allerdings unterschiedlich. Und somit auch dein Formverlauf. Während du bei Rennen im Dezember und Januar in der Formkurve noch eher unten bist, sieht das bei Veranstaltungen im Ende Februar und März schon anders aus. Allerdings durchleben fast alle Läufer diesen Formverlauf, so dass du nach wie vor mit für dich in etwa gewohnten Platzierungen innerhalb deines Gegenerumfeldes rechnen kannst.
Zu deiner Formsteuerung trägt ganz besonders die Länge deiner im Wettkampftempo gelaufenen Strecke bei. Wir wollen, dass du dein Leistungshoch erst im Frühjahr erreichst, wenn es also wirklich wichtig ist. Deshalb sollten deine Rennen bis etwa Januar eher über relativ kurze Distanzen von wirklich maximal 10 km verlaufen. Gern deutlich weniger. im Februar/März kann und soll die Streckenlänge deiner Wettkämpfe gern ansteigen.
Was ist mit der langen Trainingsrunde des Wochenendes, wenn ein Wettkampf stattfindet?
Die fällt aus! Ersatzlos! Und du machst da auch keine Verbiegungen und versuchst die dann noch zur Wochenmitte einzubauen. Vergiss es, sie fällt aus. Der Wettkampf übt zwar einen ganz anderen Trainingsreiz als die lange Runde auf dich aus, aber er ist ebenso nützlich. Das bedeutet aber auch, laufe im Winter nur einen bis max. zwei Wettkämpfe im Monat, sonst fällt diese eben so wichtige lange Runde zu oft aus. Je größer deine Schwächen bei langen Kilometern sind, je mehr Schwerpunkt musst du auf sie setzen und folglich weniger Rennen laufen. Hast du den berühmten Hammermann im Marathon selten oder nie erlebt, kannst du dir auch gern mal ein Rennen zu Ungunsten der langen Runde mehr erlauben.
Alles Gute in diesen Tagen,
Hansi Köhler