Mit meinem Artikel aus der letzten Woche habe ich in ein Hornissennest gestochen. Ich werde mit Mails und persönlichen Gesprächen "Schlagsahne-Bomber" aufgezogen oder kritisiert. Und das nur, weil ich ohne schlechtes Gewissen Schlagsahne verzehre und auf Ebelings-Bauernhof-Eis schwöre. Dieses Eis schmeckt auch deswegen so gut, weil es aus der nichtentrahmten Milch von Ebelings-Kühen hergestellt wird. Im Klartext: Diese Milch ist fetter, rahmiger und leckerer. Aber auch gesünder?
Nach allgemeiner Annahme ist sie das nicht. Sie enthält eine Menge gesättigter Fettsäuren und die sollen sich nach der gleichen allgemeinen Annahme schädlich auswirken. Daran habe ich nie geglaubt. Bei uns zu Hause wird zum Kochen, Backen und Braten Butter genutzt oder Raps und Olivenöl.
Alles falsch? Lebensbedrohliche Cholesterine aus der Milch verstopfen mutwillig meine Blutgefäße? Gesättigte Fettsäuren helfen dabei? Vieleicht doch nicht. Vor 1 -2 Monaten meldete der IDW (Informationsdienst der deutschen Wissenschaft):
Mehr Milchfett weniger Infarkte.
Ich zitiere hier in Auszügen aus dem Logi-Newsletter von Dr. Worm, der diese Pressemeldung auch verarbeitet hat:
"Noch immer wird Milchfett aufgrund seines hohen Gehalts an gesättigten Fettsäuren für schädlich gehalten und zur Herzinfarktprophylaxe Magermilch für Jung und Alt empfohlen. Die wissenschaftliche Evidenz zeigt ein völlig anderes Bild, denn Langzeitbeobachtungsstudien ergaben mehrheitlich, dass ein hoher Konsum von Milchfett mit geringeren Cholesterinwerten, seltenerem Auftreten eines metabolischen Syndroms und mit einem verminderten Infarktrisiko einhergeht.
Die jüngste Studie zu diesem Thema stammt aus Schweden, wo man sich nicht auf die Befragung der rund 1.000 Teilnehmer verließ, sondern ihr Blut auf das Vorhandensein spezieller Fettsäuren untersuchte, die spezifisch für Milchfett sind (gesättigte C15- und C17-Fettsäuren). Damit steht ein valider Biomarker für die konsumierte Milchfettmenge zur Verfügung. Je höher der C15- und C17-Anteil im Blut war, also je mehr Milchfett konsumiert wurde, desto geringer war das Risiko für einen ersten Herzinfarkt.
Dieses Ergebnis galt für Männer im Trend, für Frauen war es signifikant. Eine Aufschlüsselung in verschiedene Milcherzeugnisse ergab ein signifikant geringeres Infarktrisiko beim höchsten Käseverzehr sowie bei den Männern beim höchsten Verzehr von fermentierten Milchprodukten.
Warensjö, E et al: Biomarkers of milk fat and the risk of myocardial infarction in men and women: a prospective, matched case-control study. American Journal of Clinical. Nutrition 2010, online Publikation vom 19. Mai"
Ich denke, Uli Strunz wird zu diesem Thema auch noch einige Worte verlieren. In diesem Zusammenhang möchte ich aus gegebenem Anlass noch etwas klären: Es ist nicht so, dass Uli Strunz und ich unsere Themen absprechen. Jeder macht das seiner Ideen-, Interessen- und Ausbildungslage nach. Da kann man dann schon einmal Widersprüchliches aus unseren Texten herauslesen.
Besonders stört unsere Leser, dass Dr. Strunz die Kohlenhydrate lieber in der Hölle schmoren sehen würde und ich sie aber weiterhin in bestimmten Trainingsbereichen empfehle. Im letzten Newsletter vom 05.10.2010 konnte ich diese Sache aber wohl klären.
Wo wir nun schon einmal beim Thema "Fett" sind, möchte ich noch einmal den Gegenspieler der gesättigten Fettsäuren auf die Omega-3-Fettsäuren eingehen. Dazu wieder einige zitierte Zeilen aus einer Pressemeldung des IDW vom 15.01.2010, die besonders auf den Wert von Omega-3-Fettsäuren für Mütter und Babys eingehen.
"Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind unentbehrlich für die Entwicklung von Gehirn, Nervensystem, Sinnesorganen und Intelligenz. Die im Öl von fetten Seefischen enthaltenen langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren wirken in allen Lebensperioden gesundheitsfördernd.
Stillende Frauen brauchen fette Fische. (kurz DHA = Omega-3-Fettsäuren) Je besser die DHA-Versorgung der Mutter, desto höhere DHA-Gehalte finden sich im Gehirn gestillter Babys.
- In Großbritannien untersuchte man bei etwa 8.000 Kindern bis zum Alter von acht Jahren die Entwicklung der verbalen Intelligenz, der feinmotorischen Fähigkeiten und des sozialen Verhaltens. Die Ergebnisse fielen signifikant besser aus wenn die Mutter in der Schwangerschaft mehr fettreichen Seefisch verzehrt und damit eine höhere DHA-Aufnahme hatte.
- Eine randomisierte Studie in Norwegen fand bei vierjährigen Kindern, deren Mütter in Schwangerschaft und Stillzeit ein DHA-reiches Öl zu sich nahmen, im Vergleich zur Kontrollgruppe einen im Mittel um vier Punkte höheren Intelligenzquotienten.
- Bei 200 stillenden Frauen in Texas führte die randomisierte Gabe von DHA im Vergleich zu einem Kontrollöl bei den Kindern dieser Frauen im Alter von zweieinhalb Jahren zu einer um etwa zehn Prozentpunkte verbesserten psychomotorischen Entwicklung und im Alter von fünf Jahren zu einer signifikant verbesserten Aufmerksamkeit.
Fischöl für die Feinmotorik
Auch Kinder jenseits des Säuglingsalters profitieren von den langkettigen Omega-3-Fettsäuren, wie DHA. Nachgewiesen hat dies Professor Berthold Koletzko mit seinem Stoffwechsel-Team am Dr. von Haunersches Kinderspital München bei einer Gruppe von 36 Kindern, die an der angeborenen Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie (PKU) leiden.
Da der Organismus dieser Kinder den Eiweißbaustein Phenylalanin nicht abbauen kann, müssen die von PKU Betroffenen eine streng eiweißarme Ernährung einhalten. Da sie weder Fleisch, Fisch, Eier noch Milch zu sich nehmen dürfen, enthält ihre vegane Ernährung keine nennenswerte Mengen der langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA).
Für die Studie (Übersicht publiziert im J. Pediatr. Gastroenterol.
Nutr. 2009 Mar;48 Suppl 1:S2-7) nahmen die an PKU erkrankten Kinder zwischen einem und elf Jahren für die Dauer von drei Monaten Fischöl in Form von Kapseln ein. Nach dreimonatiger Einnahme von Fischölkapseln zeigte sich eine signifikante Beschleunigung der gemessenen Informationsverarbeitung. Die Fischölgabe führte auch zu einer deutlichen Besserung der kindlichen Feinmotorik und Koordination. Mit Unterstützung der Europäischen Kommission wird derzeit eine multizentrische Studie durchgeführt, um den quantitativen Bedarf an DHA im Kindesalter zu ermitteln.
Fette Fische - Futter fürs Gehirn
Positiv wirkt sich der Verzehr von fetten Fischen ebenso bei Heranwachsenden und Erwachsenen aus. Eine Forschergruppe der Universität Göteborg erfragte die Nahrungsgewohnheiten bei 10.837 Teenagern, darunter 4.792 Jungen im Alter von 15 Jahren. 83 Prozent der jungen Männer wurden drei Jahre später zum Militär eingezogen und absolvierten dabei einen umfangreichen Intelligenztest. Die ermittelten Werte wurden mit dem Fischkonsum der Rekruten in Beziehung gesetzt.
Das Ergebnis: Junge Männer, die einmal pro Woche Fisch aßen (57,8 Prozent), erreichten um 7 Prozent höhere Werte bei ihren verbalen und anderen intellektuellen Fähigkeiten. 20,4 Prozent der Rekruten, die im Alter von 15 Jahren zweimal oder noch häufiger Fisch gegessen hatten, erreichten sogar um 12 Prozent bessere Werte. Auch hinsichtlich ihrer Ausdrucksfähigkeit und dem räumlichen Vorstellungsvermögen schnitten die "Fischliebhaber" besser ab. Diese Ergebnisse waren unabhängig vom Bildungsgrad der Eltern!
Weitere Beobachtungen zeigen: Im höheren Lebensalter können Omega-3-Fettsäuren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einer Makuladegeneration (Erkrankungen des Auges) und mentalen Funktionsverlusten vorbeugen. Die regelmäßige Einnahme von Fischöl senkt auch die Häufigkeit von Schlaganfällen und Krebserkrankungen. Menschen, bei denen jeden Tag Fisch auf den Tisch kommt, haben außerdem das niedrigste Risiko, an einer Demenz zu erkranken.
Ernährungsempfehlung Professor Koletzko: "Mit der üblichen Ernährung wird eine hohe Zufuhr an Omega-6-Fettsäuren, sowohl in Form der Omega-6-Vorläuferfettsäure Linolsäure aus pflanzlichen Fetten als auch in Form der Omega-6-LC-PUFA aus Fleischwaren und Eiern erreicht. Dagegen liegt in Mitteleuropa die mittlere Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren deutlich unter den empfohlenen Mengen. Eine reichliche Zufuhr von Omega-3-Vorläuferfettsäuren wird durch regelmäßigen Verzehr von Rapsöl erreicht, die Omega-3-LC-PUFA nehmen wir vor allem mit Seefisch und Meeresfrüchten zu uns".
Um auf die von den Experten empfohlene Menge von täglich mehr als 0,2 Gramm Omega-3-Fettsäuren zu kommen, sollten fette Fischsorten verzehrt werden. Der Fisch sollte durch Dünsten, Grillen oder Backen in der Alufolie schonend zubereitet sein. Gerichte wie Fischstäbchen oder die aus England stammenden, frittierten "Fish and Chips" sind dagegen unvorteilhaft: Sie stammen meist aus fettarmen Fischsorten, können dafür aber ungesunde so genannte "Trans-Fettsäuren" enthalten, die beim starken oder wiederholten Erhitzen von Fetten (z.B. beim Frittieren) entstehen.
Nach Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts Berlin essen 16 Prozent der Deutschen keinen Fisch. Für sie werden zunehmend auch mit DHA angereicherte Lebensmittel sowie Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Omega 3 Fischölkapseln, die als Arzneimittel in der Apotheke erhältlich sind, bieten die Möglichkeit, die tägliche Dosierung genau zu kontrollieren."
Also "Schlagsahne-Bomber" darf jeder zu mir sagen, wer mich aber "Fischkopf-Lutscher" nennt, bekommt ab sofort 10 Tage Trainingsverbot oder ersatzweise 3 Halbe Kristall zum sofortigen Vertrunk. :-)