"Christoph, renne nicht so, ich werde sonst wahnsinnig." Besagter Christoph war ein großartiges Lauftalent, welches in 1984 zu uns, der LG Seesen stieß. In dieser Zeit trainierte ich außer den Frauen und Männern auch noch eine große Jugendgruppe, die überaus erfolgreich agierte. Christoph war 17 Jahre alt, Pastorensohn, spielte Handball und wurde von einem Schulfreund mit zum Training gebracht.
"Wir haben da einen in der Schule, der ist bei "Jugend trainiert für Olympia" eine 2:41 über 1000 m gerannt", berichtete dieser Schulfreund. Später stellte sich heraus, dass die jungen Leute gar keine 1000 m gelaufen waren. Die Stadion-Runde hatte ein Yardmaß und die verantwortlichen Lehrer hatten sich verrechnet. Dies ist kein Witz!!
Aber das war damals noch unbekannt und so bat ich: "Bring ihn sofort mit zum Training!" und der junge Mann stellte sich ein. Schon schnell war klar, dass Christoph blitzschnell war, aber leider schwer steuerbar. Aus einem Programm von 10 x 400 m in 61 - 62 sec machte er Folgendes: Im ersten Lauf rannte er eine 54 sec, begleitet von meinem Brüllen mit oben beschriebenen Wortlaut. Anschließend hing er dann minutenlang über der Barriere, um sich dabei geistig völlig abwesend meine Predigt anzuhören, dass er doch bitte langsamer machen solle.
Er war nicht einmal fähig in der Pause zu laufen, sondern konnte nur gehen, lief aber dennoch den nächsten 400-er in 56 sec. Hing wieder wie ein nasses Handtuch über der Barriere und nickte immer nur, wenn ich ihn verbal behandelte. Dann kam noch eine 62-er Runde und anschließend war Schluss. Christoph war im doppelten Sinne des Wortes fertig.
Aber nach einem halben Jahr Training lief er eine 1:56,38 über 800 m, 2:34,03 auf der 1000 m-Distanz und 3:59,9 über 1500 m. Wenn er dabei im Training in der Woche 30 km gelaufen war, dann war dies schon viel für ihn. Mir gelang es einfach nicht, ihn von seinem brutalen, schier selbstzerstörerischen Training abzuhalten.
Wie selbstzerstörerisch er handelte, merkte Christoph erst, als er sich gesundheitlich den Hals abdrehte. Er bekam das Pfeiffersche Drüsenfieber (auch Epstein-Barr-Virus oder kurz EBV genannt), dies aber so schwer, wie ich es noch nie erlebt hatte. Christoph quälte sich mit hohem Fieber und magerte so stark ab, dass ich Angst um sein Leben bekam. Aber er überstand diese Erkrankung.
Das Schlimme aber war, dass seine sportliche Karriere zu Ende war. Er konnte gar nicht mehr laufen, war ständig müde und immer fühlte er sich schlapp. Dies war wirklich tragisch. Wir waren alle traurig, denn wir hatten große Hoffnungen auf ihn gesetzt. Er kam aber leider nie wieder zurück zum Leistungssport.
Ein ganz anderer Fall war Jens B., der auch in den 80-gern zu unserem Team gehörte. Jens war auch schnell, tendierte aber zu den Langstrecken. Er war im Gegensatz zu seinem Mannschaftskameraden ziemlich trainingsfaul, aber dennoch erfolgreich. Wenn es regnete lief Jens nicht, denn dann bestand die Gefahr, dass sein Scheitel verrutschte. Aber trotzdem holte er mit unserer Juniorenmannschaft in der Besetzung Hugo, Burger, Jens B. 1986 in Waiblingen die Deutsche Junioren Cross-Meisterschaft.
Dann aber kam Jens zum "Bund" und ausgerechnet zu den Panzergrenadieren. Da saß nun der Scheitel überhaupt nicht mehr. Er kam vom Bund zurück und war geheilt. Regen beim Training machte ihm danach überhaupt nichts mehr aus. Und so stiegen seine sportlichen Leistungen. Über 5000 m lief Jens eine 15:23 und über 10000 m 31:27.
Leider verließ er uns und machte eine Ausbildung in Mülheim/Ruhr. Dort verbesserte er sich von mir weiter betreut dennoch erheblich. Er lief die 5000 m klar unter 15 min und war ganz dicht an der Schwelle zu den 30:00 über 10000 m, als ihn auch das Pfeiffersche Drüsenfieber erwischte. Lange Rede, kurzer Sinn, auch für Jens war danach ebenso die Laufkarriere beendet. Jeder Versuch neu zu starten endete damit, dass er sich immer müde und schlapp fühlte.
Mich selbst hatte das Drüsenfieber auch schon erwischt, dies aber unbemerkt, ich glaubte damals, ich hätte eine Grippe. 1984 lief ich 8 Marathons und trainierte 7995 km. Mein Immunsystem rächte sich im nächsten Frühjahr. Eine Infektion nach der anderen raste durch meinen Organismus, denn gleich eine ganze Anzahl von Viren trieb ihr Unwesen in meinem Körper.
Bei Untersuchungen fand man dann auch noch die Spuren eines frisch durchgemachten Drüsenfiebers. Aber bei mir war viel Glück dabei, ich kam im Sommer wieder auf die Beine und konnte noch gute Leistungen erzielen.
Meine Angst vor dem Pfeifferschen Drüsenfieber ist aber geblieben, ich befürchtete ständig, dass sich einer meiner Spitzenathleten(innen) anstecken würde. Denn je mehr und intensiver trainiert wird, desto größer ist die Gefahr, dass es zu Infektionen oder Reinfektionen (umstritten) mit dieser Krankheit kommt. Aber erst ab 120 Wochen/km wird es kritisch.
Jetzt erreichte mich eine Mail eines erfahrenen Langstreckenläufers, der meine Erinnerung an das Drüsenfieber wieder auffrischte:
"Wir in XXX haben eine kleine Bahntrainingsgruppe und trainieren seit gut zwei Jahren verschiedenste Einheiten und Programme. Dabei haben wir natürlich oft auch sehr engen Kontakt zueinander. Im Frühsommer des letzten Jahres kam es zunächst bei mir, wenige Wochen später bei meiner Frau und in der Zwischenzeit auch bei einigen anderen Teilnehmern (5-6) dieser Gruppe zu überraschenden Leistungseinbrüchen, die nicht nur beim Bahntraining, sondern auch bei allen anderen Einheiten, sogar beim Treppensteigen und anderen leicht anstrengenden aber alltäglichen Belastungen plötzlich echte Erschöpfungen und Anstrengungszeichen signalisierten. Lange Einheiten (z.B. 35km) sind am Wochenende nur im unglaublich niedrigen Tempo zu erfüllen, danach fühlt man sich, wie nach einem harten Marathon-Wettkampf.
Die Intervalleinheiten am Mittwoch sind nur mit einem Ruhetag vorher und einem nachher und unter besonderer Konzentration und Willenskraft zu bewältigen. An den Folgetagen solcher Belastungen reagiert die gesamte Muskulatur, natürlich besonders die Beinmuskulatur, aber auch Gesäß und Rücken ganz extrem verspannt und verkürzt. Trotz regelmäßiger wöchentlich Massage und Sauna, trotz zusätzlicher Ruhetage, Dehnen und Gymnastik, locker DL, im Sommer hatte ich deswegen zusätzlich 16 Einheiten bei einem Krankengymnasten (PT), die Muskulatur bekomme ich nicht in den Griff, sie reagiert mit extremer Verkürzung, Verhärtung und Verspannung, unbeschreiblich!
Nun bin ich kein Arztgänger (... ich brauch' keinen Arzt), ich war immer schon krank und ich habe genügend Leistungspotential, um auch trotz dieses Leistungsabfalls noch die Bewegungen, die ich da mache, Laufen zu nennen. Bei meiner Frau C. sieht das anders aus. Während ich vom Durchschnitts-Dauerlauftempo zw. 4:20-4:45 Min/km auf 5:15-6:00 Min/km zurückgefallen bin, ist sie von 5:45-6:30 Min/km letztlich nicht mehr in den Laufschritt reingekommen, oder nur sehr selten und dann brutal langsam, fast schon Walkingtempo. Und danach, Muskelverspannung wie nach einem Marathon.
Nun kennst du C. nicht, doch das wollte die wissen, was ist da los? Bei Dr. Michael Karsch in Osnabrück wurde dann ein großes Blutbild gemacht und ...... alles OK außer ... der Antikörperwert für den EBV-Virus sprengte die Skala nach oben, der abgebildete Wert lag bei : >750. Diagnose: Pfeiffersches Drüsenfieber.
Daraufhin haben in unserer Bahntrainingsgruppe in den Folgewochen besagte Leidensgenossen ebenfalls ganz ordentlich hohe EBV-Werte vom Arzt mitgebracht. Der Durchschnittwert unseres halben Dutzend Aspiranten liegt irgendwo zw. 400-600, ich selber habe einen Test gar nicht erst machen lassen, du weißt ja jetzt schon: ich gehe nicht zum Arzt, es sei denn ich müßte fast schon sterben. ... egal! Wir haben uns dann bei Doc Karsch schlau gemacht, dazu im Internet nach Infos gesucht und glauben auch sehr viel widersprüchliches zu diesem Thema gefunden zu haben.
Unser Fazit: Im Grunde kann uns keiner wirklich helfen, wir müssen hoffen, dass sich die Symptome von selber reduzieren. Doch: Wir sind mitunter die Führungsetage und Leiter der Bahntrainingsgruppe, in der immerhin rund zwei Dutzend Sportler regelmäßig jeden Mittwoch ihre Erschöpfung suchen. Was sollen wir für die und für uns denn nun tun? Wenn wir mitrennen, so wie sonst immer, dann leiden unsere Muskeln brutal. Irgendwie hat man danach immer den Eindruck, das war noch ungesunder als Spötter über Sport ohnehin ablästern! Und wenn wir nur kommen, und unsere Zeit verschenken, besteht dann nicht trotzdem eine Ansteckungsgefahr? Und wie verhalten wir, die Betroffenen, uns denn nun?
Peter Greif sagt, wir sollen nicht solche Jammerköppe sein und mal wieder ordentliche Reize setzen, doch danach fühlen wir uns irgendwie aufgeraspelt. Oder sollten wir uns einfach nur schonen und lockere Einheiten machen, doch wie lange und wie oft und werden wir dann nicht immer schlechter, oder können wir diesen Gedankengang jetzt erst mal ganz vergessen??? Oder sollten wir in die vorübergehende Läuferrente gehen, doch was wird dann aus meinem Gewicht, meiner Form, meiner Lebensqualität, meinem Ausgleich, meiner Freude, meinem Spaß,... statt dessen nur noch Möhren knabbern???
Mensch Peter, du bist so ein erfahrener Trainer, vielleicht hast du mit EBV auch Erfahrung und hast einen Tipp für uns. Wir wären dir sehr dankbar. Wie lange sollen wir uns denn damit jetzt noch herum plagen?"
Selbstverständlich gab ich ein paar Tipps. Ich habe dem Schreiber empfohlen, sich und seine Gruppe mit Colostrum-Präparaten zu versorgen. Diese stärken am besten auf natürliche Weise das Immunsystem und nur es kann mit dieser Erkrankung fertig werden.