Heute 10.3.14 bekam ich eine Mail von Thomas, einem Greif-Club-Mitglied. Dieser klagte darüber, während eines Wettkampfes Seitenstechen bekommen zu haben. Er schrieb:
„Heute HM in Kandel, bis km 16 auf Kurs 1:21, dann zwang mich Seitenstechen zum Drosseln des Tempos. Anschließend im Dauerlauftempo ins Ziel mit 1:25. Ein wiedermal sehr frustrierendes Erlebnis. Dieses Problem hatte ich nun schon wiederholt und ich weiß nicht, wie ich das in den Griff bekommen soll.
Ich habe weder zu spät noch zu viel gegessen oder getrunken. Ich hab keine Ahnung was ich da machen soll. Merkwürdigerweise begegnet mir das Problem fast ausschließlich im Wettkampf.
Ich werde nächste Woche mal zum Arzt gehen in der Hoffnung das er eine Idee hat.
Was meinst du dazu? Die Form scheint zumindest im Moment zu stimmen. Umso frustrierender ist es, dass ich diese im Wettkampf nicht ausspielen kann.
Gruß aus Kastellaun, Thomas“
Seitenstechen relativ selten
In diesem Zusammenhang wurde wurde dann klar, dass an dieser Stelle noch niemals über Seitenstechen berichtet wurde. Der Grund ist wohl auch, dass dieser so unangenehme Schmerz doch relativ selten vorkommt.
Unsereins hat in seinem langen Läuferleben nur einmal die Erfahrung gemacht, einen Marathon wegen Seitenstechens aufgeben zu müssen. Ich meine, es war das Jahr 1973 bei einem Marathon auf dem Kronprinzessin Weg in Berlin.
Schon vor der Hälfte der Distanz ging es los und ich machte mir eigentlich keine großen Gedanken darüber, weil ich vorher nur in der Kindheit Erfahrung mit diesen Schmerzen gemacht hatte. Diese aber dann im Verlauf des Spieles wieder verschwanden.
Aber in dem angesprochenen Marathon war es ganz anders, die Pein in der Seite wollte nicht verschwinden, was immer ich anstellte. Auch wenn das Tempo zurückgenommen wurde, blieb alles beim Alten. Auch eine höhere Geschwindigkeit half nicht. Die Schmerzen wurden schließlich so, dass ich das Rennen vorzeitig beenden musste.
Natürlich kümmerte ich mich dann in der Literatur und bei den erfahrenen Athleten um Informationen über das Seitenstechen zu bekommen. Jeder, den den ich ansprach hatte so seine Hausmittel bereit, wie in die Seite auf die schmerzende Stelle zu drücken, Hände nach oben nehmen, langsamer laufen oder auch Bauchmuskeln entspannen. Aber niemand konnte eine Aussage treffen, die zu einem sicheren Vertreiben dieser Schmerzen führte.
Keine wissenschaftliche Erklärung
Auch bis heute ist niemand in der Lage, einen wissenschaftlichen Hintergrund zu liefern, wie und woher die Schmerzen in der Seite beim Laufen herrühren. Nachfolgend zitiere ich aus der Webseite der Laufzeitschrift „Runners World“:
„Seitenstiche (engl. Exercise-related Transient Adbominal Pain (ETAP)) sind ein, bevorzugt unter Läufern, sehr verbreitetes gesundheitliches Phänomen. Eine genaue wissenschaftliche Erklärung dafür, wie Seitenstiche entstehen, gibt es derzeit nicht.
Einen Erklärungsansatz zur Entstehung von Seitenstichen bietet eine kanadische Studie aus dem Jahr 2009. Demnach übt die Bewegung der Leber und des Magens einen Zug auf die Bänder des Zwerchfells und der Strukturen, die die Bauchorgane stützen sollen, aus. So kommt es während des Laufens zu stechenden Schmerzen in der Bauchgegend.
Ein anderer Grund für die Entstehung von Seitenstichen könnte eine Minderdurchblutung des Zwerchfells sein. Eindeutige Beweise für eine dieser Theorien liegen jedoch nicht vor.
Die neuste Studie zum Thema "Seitenstiche" stammt aus Australien. Dort wurde der Einfluss der Körperhaltung auf die Entstehung von Seitenstichen untersucht. Aus der Studie von Morton und Callister geht eindeutig hervor, dass eine Fehlhaltung der Wirbelsäule (Hyperlordose oder Kyphose) das Auftreten von Seitenstichen begünstigt. Außerdem nimmt die Häufigkeit von Seitenstichen mit zunehmendem Alter ab.
Wider aller früheren Annahmen beeinflussen weder das Alter noch das Geschlecht das Auftreten von Seitenstichen. Hinsichtlich aktueller Studien scheint der BMI (Body-Mass-Index) keine Wirkung auf die Häufigkeit und das Entstehen von Seitenstichen zu haben.“
Überlastete Zwerchfellmuskulatur?
In den späteren Jahren kam bei mir auch ab und zu einmal leichtes Seitenstechen auf, das man dann aber durch tiefere Einatmung wieder in den Griff bekam.
Als Trainer dann fiel mir auf, dass unsere Athleten und Athletinnen so ein Seitenstechen nur in den frühen Rennen des Jahres bekamen. Und das fast ausnahmslos bei Spitzenbedingungen!
Es waren immer Frühlingstage mit Sonnenschein, wenig Wind und wärmeren Temperaturen als in den davor Tagen. Es muss wohl so sein, dass diese Bedingungen in den Köpfen der Läufer und Läuferinnen eine besondere Leistungsmotivation auslösten.
Das zeigte sich auch bei der großen Anzahl von Bestzeitenmeldung bei uns im Greif-Club nach dem Wochenende 9. – 10.3.2014. Die Anzahl der gelaufenen Bestzeiten war ungewöhnlich hoch und es war ja wirklich auch ein Traumwetter.
Es ist natürlich Spekulation daran zu denken, dass die Zwerchfellmuskulatur nach dem Winter im Gegensatz zu der Skelettmuskulatur am schlechtesten trainiert sein könnte. Kann es sein, dass einfach die ungewohnte hohe und wärmere Luftmenge diese Muskulatur überforderte und sie nachfolgend verkrampfte?
Unterstützt wird diese Idee dadurch, dass es zu Seitenstechen fast ausschließlich im Wettkampf vorkommt. Im Training mit seinem geringeren Sauerstoffbedarf tritt dieses Phänomen sehr selten auf. Das stützt die These mit der überlasteten Zwerchfellmuskulatur.
Atemtrainer
Frühere Beobachtungen zeigten dann aber auch auf, dass das Athleten und Athletinnen, die Atemtrainingsgeräte nutzen, ohne Ausnahme niemals Seitenstechen bekamen. Dazu sollte man wissen, dass diese Geräte (Ultrabreathe und POWERbreathe) ganz speziell die Zwerchfellmuskulatur trainieren.
Leider habe ich versäumt öfter nachzufragen, ob jemand Seitenstechen bekommen hat, der regelmäßig mit den Atem-Trainingsgeräten trainiert hat. Wobei die Betonung auf regelmäßig liegt!
Alles im allem, werden wir wohl niemals erfahren, was der Grund des Seitenstechens ist. Jetzt denkst du: „Das kann doch nicht sein.“ Dieser Gedanke ist völlig richtig aber, wenn man weiter denkt, dann wird klar, dass es kaum möglich ist Seitenstechen zu provozieren. Diese Schmerzen kommen nämlich dann, wann sie wollen und nicht wenn sie zur Untersuchung erwünscht sind.
Das ist natürlich ein Dilemma aus dem wir nicht rauskommen können. Aber wenn die Atemtrainingsgeräte gesichert das Seitenstechen vermeiden, haben wir kein Problem. Zudem führt das Training damit zu besseren Leistungen. Somit schlagen wir zwei Fliegen mit einem Streich.