Immer wenn die hohenTemperaturen im Mai näher kommen, werde ich bombardiert mit Fragen über Trinkverhalten per Mails, Anrufe oder auch Gespräche im Training. Hauptsächlich geht es dabei um die Mengen und die Flüssigkeiten, die man dort trinken soll oder nicht.
Auch in Alex Hutchinsons RW Lauflabor wird dieses Thema behandelt. Du findest Ausschnitte in der nächsten Woche in 2. Teil.
So alle paar Jahre muss ich mich an dieser Stelle zu diesem Thema äußern. Da aber frage ich mich, vergessen meine Leser diese Texte, die schon so oft geschrieben worden und auch auf unserer Seite ganz einfach zu finden und nachzulesen sind.
Vielleicht bist du aber auch ein Neuling auf unseren Seiten. Aus diesen Gründen nachfolgend noch einmal ein grundlegender Text, der schon einmal hier an dieser Stelle erschienen ist.
Großartig Neues gibt es nicht, alles ist noch so wie vor ein paar Jahren. Das Theater ist grundsätzlich das gleiche und die Fehler liegen ebenso immer wieder im Magen der Läufer und Läuferinnen.
Kaum jemand will oder kann verstehen, dass eine leichte Dehydrierung (Flüssigkeitsmangel) die Leistung steigert. Es zeigt sich im weiteren Verlauf dieses Textes, dass sogar ein deutlich höherer Flüssigkeitsmangel im Wettkampf die Leistung noch weiter steigen lässt.
Hier kannst du noch einmal den Text nachlesen aus dem Jahr 2012: Weißt du, welche Texte verschiedener Medien in mir den meisten Ärger verursachen?
Du wirst es nicht ahnen, es sind die Artikel über Trinken bei Ausdauerwettkämpfen, besonders beim Marathon. Jahrelang schreibe, rede und bitte ich darum, bei einem Rennen angepasst Energie aufzunehmen und zu trinken.
Leider kämpfe ich seit Jahren gegen fast undurchdringliche Mauern. Diese werden jetzt aber so langsam durchlässig. Seit den Studien des Südafrikaners Tim Noackes von vor mehr als zehn Jahren bricht die Wand der Dauersäufer. Jetzt meldet sich auch die Medizinszene massiv zu Worte.
Aber wie gesagt, auf die Praktiker wird selten gehört. Es muss nur erst einmal ein Afrikaner kommen, der praktische Studien vornimmt. Bei uns ging es von 1990 an nur nach Annahmen der Industrie und die Sportmedizin folgte den Wünschen der Getränkehersteller, obwohl wir Praktiker wussten, dass die Vorgabe "trinken, trinken, trinken" falsch war.
Nun wird diese Sache anders gesehen, und wir kennen diese Vorgänge ja schon. Die Sportmedizin sagt nun, "das haben wir schon immer gewusst". Stimmt auch. Es waren mehr die Mediziner, die auf der Gehaltsliste einiger Unternehmen standen.
Aber dieses Gehalt reicht heute nicht mehr aus, um die Wahrheit vom Tisch zu wischen. Jetzt kommen Texte, wie der aus der Ärztezeitung online vom 03.08.12 auf den Markt. Titel: "Trinken bis zum Firmenödem" von Autor Thomas Müller.
Nachfolgend Zitate aus diesem Text:
"Sportler sollen vor dem Sport, während des Sportes und danach viel trinken - solche Ratschläge gibt es zuhauf. Alles Quatsch, sagen inzwischen viele Sportmediziner. Man soll trinken, wenn man Durst hat. Alles andere ist sogar gefährlich.
Die 41-jährige Marathonläuferin hatte die Strecke zwar in fünf Stunden geschafft, fühlte sich danach aber nicht besonders wohl: ihr war übel, der Kreislauf war am Zusammenbrechen.
Sie gab an, genug getrunken zu haben, die anwesenden Ärzte verabreichten ihr aber Infusionen, weil sie einen Flüssigkeitsmangel vermuteten.
Das war fast fatal: Kurze Zeit später lag die Frau mit Hirnödem und Hyponatriämie auf der Intensivstation. Nicht zu wenig Wasser, sondern zu viel, war das Problem, wie Notfallmediziner um Dr. Stefan Trautwein vom Klinikum Kassel berichteten (Notfall Rettungsmed 2009; 12:287-289).
Offenbar passieren solche Unfälle immer wieder: Nach Marathonläufen haben bis zu 13 Prozent der Sportler zu niedrige Natriumspiegel (unter 136 mmol/l). Schwere Hyponatriämien mit Werten unter 120 mmol/l kommen immerhin bei 3 bis 6 von 1000 Läufern vor, schreiben Trautwein und Mitarbeiter.
Tipp: Diese Hyponatriämien kann der Greif-Krampfblocker verhindern.
Dagegen ist die Gefahr einer Dehydrierung eher gering. "Wir konnten in der Literatur keinen einzigen Fall von Dehydrierung als Todesursache bei Marathonläufern feststellen, es gibt aber zahlreiche Berichte über Läufer, die an einer Überhydrierung starben", schreiben Forscher um Dr. Carl Heneghan von der britischen Oxford University in einer aktuellen Publikation (BMJ 2012; 345:e4848).
Trinken auch ohne Durst?
Trotzdem glauben immer noch viele Sportler, dass man nie genug trinken kann und am besten auch dann noch Wasser in sich hineinschüttet, wenn man längst keinen Durst mehr hat.
Sportmediziner sind an dieser Haltung nicht ganz unschuldig, denn in der Zunft besteht bis heute ein Dissens, wann und wie viel man beim Sport trinken soll.
So warnte Professor Heinz Liesen, der an der Universität Paderborn ein sportmedizinisches Institut aufgebaut und viele Leistungssportler betreut hat, noch vor einigen Jahren: "Wir haben kein gut entwickeltes Durstgefühl. Es gibt nicht wieder, was der Körper braucht."
Liesen rät, bereits eine halbe Stunde vor dem Sport die Flüssigkeitsreserven des Körpers aufzufüllen. Wer zu wenig trinke, könne weniger Leistung bringen und empfinde den Sport als belastend.
Liesen: "Jeder Flüssigkeitsmangel über einem Prozent des Körpergewichts kann gravierende Veränderungen bewirken."
Leichte Dehydrierung verbessert die Leistung.
Solchen Auffassungen widersprechen Heneghan und Mitarbeiter vom Zentrum für evidenzbasierte Medizin in Oxford vehement: In Studien über Körpergewichtsminderungen hätten selbst Flüssigkeitsverluste bis knapp über drei Prozent die Leistung der Athleten nicht geschmälert und auch keine Probleme verursacht, eher im Gegenteil, die Leistung sogar noch verbessert.
So wurden in einer Studie Sportler unter starker Belastung geprüft: Die einen durften während des Trainings trinken, die anderen nicht. Bis zu einem Flüssigkeitsverlust von 2,3 Prozent des Körpergewichts schnitten die Dehydrierten deutlich besser ab.
Die einfache Erklärung: Sie waren durch den Flüssigkeitsverlust leichter und mussten ihr Training nicht ständig zum Trinken unterbrechen.
Der Rat, zu trinken bevor man Durst hat, führe oft dazu, dass Sportler zu viel Wasser konsumieren würden. Das schmälere ihre Leistung und gefährde ihre Gesundheit, so Heneghan.
Nächster Teil 2 am 09.05.2017