Immer und immer wieder versuchen sich Greifclub-Mitglieder mit anderen Programmen. Das ist die Suche nach den so genannten "geilen" Einheiten und der absoluten Freiheit fern von Ordnung und Trainingsvariabilität.
So solltest du jetzt erst einmal die nachfolgenden Zeilen lesen, die mir ein ehemaliges Mitglied vor kurzem schrieb. Am Ende werde ich erklären, welche eklatanten Fehler das hier beschriebene Trainingsprogramm hat. Dieses Programm verstößt gegen Grundwissen. Dazu später mehr:
"Werter Trainer, lieber Peter!
Gedemütigt und mit gesenktem Haupt schreibe ich dir diese Zeilen. Ab dem November 2010 bis November 2012 trainierte ich unter deinen Fittichen und durfte in nie geahnte Sphären vorstossen. Neu auf der Marathondistanz fand ich damals via „World Wide Web“ über deinen Newsletter zum Countdown und damit zu deinen Trainingsplänen und zu dir als Coach.
Harte Einheiten und Bestzeiten waren das Resultat. So durfte ich am 28.10.2012 in Frankfurt meinen persönlich besten, nicht schnellsten, aber besten Marathon mit 2:53:25 finishen. Am 07.04.2013 kam dann noch die Halbmarathon PB mit 1:22:24 dazu, bevor ich eine folgenschwere Entscheidung traf.
Im Schichtdienst und unregelmässig arbeitend, empfand ich damals deine Trainingspläne als zu „unflexibel“ und nicht individuell genug. Ein grosser Irrglaube, wie sich Jahre später herausstellte. Folglich wechselte ich zu einem „Produkt“ born in Switzerland.
Eine Internetpage, promotet von ehemaligen Top-Athleten, sowie eine iPhone App und weiteren Spielereien. Schlussendlich ist es aber ein Computerprogramm, welches mit diversen persönlichen Angaben „gefüttert“ wird und dann anhand von programmierten Algorithmen einen persönlichen, angeblich individuellen Trainingsplan erstellt.
Der Plan kann jederzeit vom Nutzer manuell angepasst, geändert und neu berechnet werden. Ich fühlte mich sofort angesprochen, testete das Programm und löste ein Abo.
Ab Frühling 2013 startete ich mit dem Training, aufgebaut auf dem neuen, individuellen und vermeintlich „besseren“ Plan.
Es kam wie es kommen musste; am 06.10.2013 lief ich meine 10 km PB mit 37:22 und 14 Tage später meinen schnellsten Marathon mit 2:52:29 in Amsterdam. Die Vorbereitung auf die 42.195 km in Holland war jedoch alles andere als optimal. Eine Blase, welche sich entzündete, sowie eine Zerrung drei Wochen vor dem Hauptwettkampf, gaben dem Gesamten einen bitteren Nachgeschmack.
Die zwei vorgenannten Punkte als Schuldige für eine so mickrige Zeitverbesserung ausgemacht, verlängerte ich infolgedessen mein Abo beim „Schweizer-Programm“. Vier Monate der gezielten Vorbereitung, ein Trainingslager und über 1500 Km später, stand ich im Herbst 2014 in Chicago an der Startlinie.
Fokussiert und nur mit einem Ziel: „reiss deine Grenzen nieder!“ Ich war bereit, zu kämpfen, zu leiden und über mich selbst zu siegen. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Ich überquerte die Ziellinie nach 2:53:17 und litt die folgenden Tage physisch sowie psychisch wie noch nie.
Wie war das möglich? Warum war ich bloss 10 Sekunden schneller als vor 2 Jahren in Frankfurt und fast 1 min langsamer als in Amsterdam? Was war geschehen? Ich sah vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr.
Doch so ganz nebenbei gab mir meine Frau den entscheidenden Input: „Dir ist schon bewusst, dass seit dem Zeitpunkt, wo du den Peter „verlassen“ hast, deine Leistung schwand ….!“ Es fiel mir wie Schuppen von den Augen!
All die Lorbeeren, welche ich beim Erreichen meiner PB über 10 km oder beim Amsterdam Marathon im Jahr 2013 dem neuen Plan zukommen hab lassen, waren eigentlich dein Verdienst. Den Rest von einem Leistungsniveau, aufgebaut mit DEINEN Erfolgsplänen. Ein Verdienst von DEINEM Fachwissen und DEINER Arbeit als langjähriger Coach.
Dass ich das nicht früher realisiert und verdankt habe, bereue ich bis heute und entschuldige mich in aller Form bei dir. Es dauerte tausende von Kilometern, viele Niederlagen und einen Reifeprozess als Langstreckenläufer, bis ich nun realisierte, dass Flexibilität und Individualität für die Abwechslung in einem Trainingsplan wichtig, aber für den Erfolg als Läufer, die richtige Einheit am richtigen Tag gefolgt im perfekten Rhythmus essentiell ist.
Seit Chicago habe ich die Homepage des „alten Plans“ nie mehr besucht. Stattdessen nahm ich DEINE Pläne hervor, welche leider nach zwei verlorenen Jahren beim Schweizer Programm immer noch aktuell sind und schindete mich damit durch den Winter und beugte mich ein weiteres Mal dem Countdown aus deinem Buch für die Frühlings-Marathon Vorbereitung.
Bereits jetzt laufe ich Zeiten im Training, von denen ich die letzten zwei Jahre geträumt habe, und ein vergessenes Gefühl kehrte zurück; die Lust zu leiden, Laktat in den Muskeln zu spüren und mit Schmerzen im Gesicht den Asphalt aufzureissen.
Ich bin mir meines Fehlers absolut bewusst und bereue es zu tiefst, dass ich an deinen Trainingsmethoden und sogar an dir als Trainer zweifelte.
Gerne würde ich wieder zurück in den Greif-Club und mich von dir in aller Form schleifen lassen. Ich hoffe, auch wenn ich dafür zig extra km leisten muss, dass ich eine zweite Chance resp. Trainingsmöglichkeit unter deinem Coaching bekomme.
In diesem Sinne, alles Gute und nur das Beste. Sportliche Grüsse aus der Schweiz."
Warum konnte das schweizer Programm des ehemaligen Mitglieds nicht klappen? Ich möchte dir mit dem nachfolgenden Absatz vor Augen führen, welche systematischen Fehler die Autoren in ihrem Programm gemacht haben.
Wie X schreibt: „Eine Internetpage, promotet von ehemaligen Top-Athleten sowie einem iPhone App und weiteren Spielereien. Schlussendlich ist es aber ein Computerprogramm, welches mit diversen persönlichen Angaben „gefüttert“ wird und dann anhand von programmierten Algorithmen einen persönlichen, angeblich individuellen Trainingsplan erstellt.
Der Plan kann jederzeit vom Nutzer manuell angepasst, geändert und neu berechnet werden. Ich fühlte mich sofort angesprochen, testete das Programm und löste ein Abo."
Dieser Satz erklärt alles. Der Trainierende ändert also den Plan, so wie er es für richtig hält. Warum bestellt er sich denn diesen Plan, wenn er ihn selber ändern kann? Nur ein Trainer ist in der Lage zu erkennen, ob so eine Änderung sich positiv oder negativ auswirkt. Dafür sind sie da!
Ich kann dir versprechen, dass zwei Drittel unserer Mitglieder, die eigene Ideen haben, in Hinsicht auf Trainingsplanänderungen, falsch sind. Das betrifft nicht Umfang oder Tempo, sondern Dinge wie zum Beispiel: „Es ist jetzt zwar Mai, aber ich möchte jetzt schon anfangen auf den Frankfurt Marathon zu trainieren. Stelle bitte meine Plan darauf ein.“
Diesem Wunsch komme ich aber nicht nach und erkläre dem Trainierenden, warum diese Idee kontraproduktiv ist. Wenn er jetzt schon anfängt zu trainieren auf ein Ziel in einem halben Jahr, dann hat er sich am Ende schon kaputt trainiert.
Denn niemand kann ein halbes Jahr lang auf ein einziges Ziel hin trainieren. In diesem Zeitraum müssen auch Regenerationszeiträume eingesetzt werden.
Ich muss dann diesem Mitglied erklären, warum seine Idee nicht zielführend ist. Das kostet Arbeit und Zeit. Und da das Ganze überaus häufig vorkommt, ist das für mich eine hohe Arbeitsbelastung.
Einfacher und billiger wäre es, dem Mitglied den Zugriff auf seinen Plan zu gestatten, indem er diesen abändert.
Genau das ist die Tätigkeit eines Trainers, dem Athleten oder der Athletin zu erklären, warum bestimmte Maßnahmen nötig sind und andere weggelassen werden müssen.
Niemand anderes als der Trainer kann so etwas machen. Darum ärgert mich immer der Satz, wenn ich über hohen Arbeitsaufwand klage: "Musst du einfach delegieren!" Nee, kann ich leider nicht!
Ich könnte hier noch mindesten 20 Situationen aufführen, die unsere Läuferinnen und Läufer gerne von mir im Plan haben möchten. Leider muss ich denen aber erklären, dass ihre erdachten Maßnahmen nicht sinnvoll sind.
Diese Menschen haben dabei zwar keine dämlichen Ideen, sondern meist nur oberflächliche. Da sie keine ausgebildeten Trainer sind, kann das auch nicht anders sein.
Es wäre möglich, hier noch mehrere Seiten über diese Dinge zu schreiben, aber ich nehme an, dass du auch so meine Zeilen verstanden hast.