Was machen die Läuferinnen und Läufer am liebsten? Träumen von neuen persönlichen Rekorden. Aber leider gibt es auch Gegenteilige. Das sind die, die mit sich hadern und glauben, dass sie keine Bestleistungen mehr erzielen können.
Es werden Ideen produziert, warum die Ziele nicht erreicht werden können. Es werden geradezu geniale Szenarien entworfen, die beweisen, dass es unmöglich sein wird, die früher so erstrebten Zeiten und Siege zu erreichen. Vielfach wird als Grund genannt: "Ich bin zu alt!"
Diese Ideen sind in der Regel kontraproduktiv, denn sie bremsen dich auf dem Weg deiner weiteren Entwicklung. Statistisch gesehen kannst du dich bis zu einem Alter von 55 Jahren leistungsmäßig weiter entwickeln und steigern.
Aber wie das mit Statistiken ist, ist auch diese mit den 55 Jahren falsch. Wir haben mehrfach die Erfahrung gemacht, dass auch über 60-jährige noch persönliche Bestleistungen erzielen. Es kommt immer darauf an, wann der Akteur in die Laufszene eingestiegen ist.
Es ist durchaus möglich, wenn jemand mit 63 Jahren beim Beginn der Verrentung anfängt, leistungsorientiert zu trainieren. Und sich dennoch bis in sein siebzigstes Lebensjahrzehnt positiv weiterentwickelt. Als Beispiel möge die aktuelle Marathonbestzeit von Dr. Christine Schmelz gelten, über die wir in einem vergangenen Newsletter schon berichtet haben.
Sie lief als über Sechzigjährige im April 2015 in Linz eine 3:26:03 nach 3:27:21 h und war die Altersklassenbeste in diesem Rennen. Sie gewann auch noch die Österreichische Staatsmeisterschaft und die Landesmeisterschaft.
Die Medaille hat aber auch eine andere Seite. Du kennst sicher Läufer(innen) in deiner Umgebung, die sich hohe Ziele setzen, eine Weile trainieren und dann schnell wieder aus der Szene verschwinden? Wahrscheinlich haben eine Menge Leute das Gefühl, die selbst gesteckten Ziele nicht schaffen zu können und geben lieber vorher auf.
Andere verlieren ihren Ehrgeiz: "Ich laufe nur noch zum Spaß!" Womit sie dann dem selbst auferlegten Leistungsdruck entgehen. Leider signalisieren sie damit auch, dass ein ehrgeiziger Läufer, der Wettkampferfolge sucht, ja keinen Spaß haben kann. So einer wird dann auch gleich abschätzig "Profi" genannt.
Aber warum hören diese Leute auf, gezielt zu trainieren? Selbstverständlich fehlt es einigen an Zeit. Was aber auch fehlt, ist das Wissen, wie lange es dauert die persönlichen Fähigkeiten im Langstreckenlauf auf die maximale Höhe zu bringen. Das sind je nach Alter 12 - 20 Jahre!!
Ich habe diese Sätze schon mehrmals geschrieben, aber oft glauben die Betroffenen nicht, dass es möglich ist, sich so lange zu entwickeln. Natürlich kann man nicht ständig in den gleichen Stiefeln marschieren. Man muss immer etwas ändern.
Es gibt ungewöhnlich viele Stellschrauben, um sich weiterentwickeln zu können. Das Wichtigste ist die Steigerung der Trainingstage oder auch Trainingseinheiten. Du kannst auch dein Trainingsprogramm ändern. Aus diesem Grund ändere ich auch in jedem Jahr Teile der Einheiten innerhalb der Greifclub-Trainingspläne.
Viele Mitglieder möchten gerne bestimmte Einheiten oft wiederholt haben, weil sie so viel Spaß daran haben. Das ist natürlich verständlich, aber die Reize kommen von den unbekannten, schwer zu laufenden Einheiten. Diese mögen die Mitglieder natürlich nicht gerne.
Das Thema der Entwicklungsmöglichkeiten ist unendlich. Darum solltest du an dich glauben, dass es immer weitergeht. Denn eine der wichtigsten Tugenden des Läufers ist die Geduld. Mit Geduld kann man Fehlschläge aber nur ertragen, wenn man weiß, dass Laufkarrieren nicht immer gleichförmig verlaufen.
Es gibt Jahre, in denen man von den eigenen Fortschritten überrascht wird und in anderen Zeiträumen klappt schier gar nichts. Es gibt ganze Unglücksserien bei manchen Clubmitgliedern. Ein Beispiel: Erst Muskelriss, als dieser ausgeheilt war 14 Tage fiebrige Erkältung. Nach nur einer Woche Training Sturz mit Meniskusriss.
In solchen Situationen möchte man dann die Laufschuhe in den Müll werfen und das Laufen ganz aufgeben. Ein ehrgeiziger Läufer sollte aber auch nach den größten sportlichen Katastrophen nicht kapitulieren, sondern immer weiter sein Ziel vor Augen haben.
Gerade nach Niederlagen ist es wichtig, wieder vom Boden aufzustehen und nach neuen Wegen zu suchen, um wieder zurück auf den Erfolgsweg zu kommen. Wer seinen Traum hat und hart arbeitet, der kommt fast immer zum Erfolg. Natürlich muss der Traum zumindest in Maßen realistisch sein.
Grundsätzlich solltest du dabei immer deine Grundschnelligkeit betrachten und auch an dieser arbeiten. Ich habe früher schon einmal geschrieben: Wenn du keine 14 sec auf 100 m laufen kannst, dann wirst du es auch mit dem besten Training der Welt niemals schaffen, einen Marathon-Weltrekord zu erzielen.
Aber so hochfliegend träumen die meisten von uns ja gar nicht. Manch einer ist schon mit einer Marathonzeit von unter 4 h zufrieden. Sehr populär ist aber auch der Traum von den 2:59 über die 42,2 km.
Mit Geduld und dem richtigen Training können sich die meisten von uns diese Vision erfüllen. Leider gibt es aber doch eine Gruppe von Läufern, die können trainieren was sie wollen, sie kommen einfach nicht unter die 3 h. Meistens ist das Übergewicht der Grund.
Wie kannst du aber einschätzen, ob du die Fähigkeiten hast, ein bestimmtes Ziel zu erreichen? Es gibt eine Methode, die ist zwar ungenau, aber für die Beurteilung der ungefähren Leistungserwartung reicht sie aus. Um deine eigenen Möglichkeiten nach dieser Methode abwägen zu können, musst du aber bereits ein Laufjahr hinter dir haben.
Du kannst dann bei gleich bleibendem Trainingsumfang erhoffen, dass du 50 % deiner Leistungssteigerung aus dem aktuellen Jahr auch im Folgejahr erwarten kannst.
An einem Beispiel wird das deutlich. Nehmen wir einmal einen typischen 35-jährigen Läufer, nennen wir ihn Torsten und stellen für ihn eine mittelfristige Leistungsprognose auf.
Torsten hat bisher nur gejoggt, will es nun aber wissen und auch Wettkämpfe absolvieren. Er trainiert jetzt viermal wöchentlich.
In seinem ersten Volkslauf in 2014 lief er über 10 km genau 48 min. Am Ende der Saison kam er dann schon auf 44:16 min. Seine Steigerung in einer Saison 3:44 min oder 224 sec. Legen wir die Prognose einmal auf 5 Jahre aus, dann erwarten wir von Torsten bei gleichbleibendem Training:
2015: Ausgangszeit 44:16. Mögliche Verbesserung 50% von 224 sec = 112. Erwartung 42:24
2016: Ausgangszeit 42:24. Mögliche Verbesserung 50% von 112 sec = 56. Erwartung 41:30
2017: Ausgangszeit 41:30. Mögliche Verbesserung 50% von 56 sec = 28. Erwartung 41:02
2018: Ausgangszeit 41:02. Mögliche Verbesserung 50% von 28 sec = 14. Erwartung 40:48
2019: Ausgangszeit 40:48. Mögliche Verbesserung 50% von 14 sec = 7. Erwartung 40:41
Selbstverständlich passt Torsten diese Prognose nicht, denn er will ein richtiger Läufer werden und unter 40 min laufen. Was kann er tun? Die größten Leistungszuwächse bringt die Steigerung der Trainingseinheiten pro Woche.
Wenn Torsten jedes Jahr eine Einheit mehr pro Woche läuft, dann ist zu erwarten, dass es ihm gelingt, in jedem Jahr die ungefähr gleichen Verbesserungen zu erzielen, wie in seinem ersten Wettkampfjahr.
Damit ist er zwar in 2016 schon unter 40 min, aber auch schon bei sieben Mal Training pro Woche angelangt. Nun wird es schwer für ihn, denn die zusätzlich nötigen Einheiten sind schwer zu verwirklichen. Bei zweimaligem täglichen Training kommt er dann schon in die Trainingsbereiche der wirklichen Profis.
Damit du nicht so viel kalkulieren musst, haben wir dir einen Leistungsprognose-Rechner bereit gestellt, der dir deine Leistungsprognose schnell ausweist.
Bitte bedenke, dass dieser Rechner dir nur blanke Theorie liefert. Wie du weißt, hat das Leben oft Dinge mit dir vor, die theoretisch nicht zu fassen sind, aber praktisch immer passieren. Denke einmal an dein Gewicht. Ein ganz starker Faktor zur Leistungsverbesserung oder -minderung.
Darum bombardiere mich bitte nicht mit Nachrichten, wenn dieser Prognoserechner in der Rückschau ganz andere Zeiten ausgibt, als du praktisch erreicht hast. Wenn du darüber nachdenkst, welche Faktoren in der Praxis deine Laufleistung noch beeinflussen, dann wird dir klar werden, dass solch ein Rechner kaum jemals Praxisresultate darstellen kann.
Kein Trainer und auch kein Rechner wird dir helfen, deine Ziele zu erreichen. Nur du allein bist für dich verantwortlich, und wenn du den entsprechenden Willen hast, dann wirst du auch deine Ziele erreichen. Wenn nicht dann…