Manche Leute lieben ja die Adventszeit, aber wir Läufer finden sie nicht so besonders pralle. Für mich selbst, war es die schrecklichste Zeit des Jahres. Du hattest gerade die Regeneration hinter dir und warst danach natürlich auf einem körperlichen Tiefpunkt. Dann mussten wir alle in unserem Team wieder in den Neuaufbau starten.
Das hieß bei Regen - die Adventszeit ist in unseren Breiten die niederschlagsreichste Zeit - zu trainieren und wir mussten uns auch langsam wieder an die 35 Kilometer herantasten. Aufgrund der Tageskürze liefen wir nachmittags immer in die Dunkelheit hinein.
Kraft hatten wir höchstens für 25 Kilometer und mussten uns auf dem Rest des Kurses fürchterlich schinden. Kraftlos und steif, durchnässt und müde schlichen wir dahin. Und ich kann es ja jetzt gestehen: Oft genug griff der Schlappste - das war meist der Trainer - aus der Trainingsgruppe zum Handy und rief seine Lebenspartner/in an und bettelte darum abgeholt zu werden.
So wie wir aus dem Wald heraus waren, stand dort irgendein Auto und die Gesamtheit der Mitläufer quetschte sich in dieses Fahrzeug um nachhause gebracht zu werden. Die ganz Harten liefen natürlich durch und zu denen, gehörte der Schreiber dieser Zeilen in der Regel nicht. Dieser zeichnete sich bei den harten Anstiegen bei uns im Harz nur durch besonders klagendes Stöhnen aus.
Wenn es uns nicht gelang, eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen, dann war eine Waldgaststätte der erste Zufluchtsort. Dort saugten wir ein großes Glas Cola in uns hinein und siehe da, wir konnten danach die letzten fünf Kilometer nun mit geringen Schmerzen zu Ende bringen. Das ging so drei Wochen lang und dann waren wir durch, wir hatten die Strecke und unsere Erschöpfungszustände wieder im Griff.
Dieses Wissen, dass man nach dreiwöchiger übler Quälerei eine Trainingseinheit ohne Tränen bewältigen kann, ist nicht überall vorhanden. Aus diesem Grund schreibe ich heute diesen Text.
Wir haben in diesem Jahr besonders viele neue Greif-Clubmitglieder aufgenommen, die meist diesen Hintergrund nicht haben und von denen werde ich nun auch besonders oft mit traurigen Berichten angeschrieben: "Ich bin nach jeder Trainingseinheit sehr angestrengt und schaffe auch die lange Einheit am Wochenende nicht."
Andere bitten mich in Ihrem Plan, die lange Einheit von 25 bzw. 35 Kilometern zu verkürzen, weil sie das erleben, was wir früher, wie oben beschrieben, auch immer wieder erlitten.
Ich gehe dieser Bitte natürlich nach, aber richtig ist dieses Vorgehen in Hinsicht auf die körperliche Entwicklung nicht. Du wirst dich Fragen warum. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Wenn du dem dreiwöchigen "Quälzeitraum" ausweichst, dann dehnst du diesen mindestens auf das Doppelte, meist auch das Dreifache aus.
Das wirkt sich natürlich auf deinen Leistungsfortschritt aus. Deine körperliche Entwicklung in Richtung verbesserter Leistung wird verlangsamt, im Gegensatz zu dem, in den dreiwöchigen Quälzeitraum.
Natürlich ist es so, dass viele Neulinge, die bisher ein lockeres Spaßtraining betrieben, es besonders schwer haben die Vorgaben im Plan zu erfüllen. Einige schreiben mir dann, dass es ihnen absolut unmöglich ist 35 Kilometer in einem durchzulaufen.
In unseren Plänen schicken wir die Mitglieder natürlich nicht gleich auf solch eine lange Strecke wie die 35 Kilometer, sondern wir beginnen Anfang Dezember mit 23 Kilometern und steigern Wochenweise auf 26, 29, 32, 35 km. D.h. im Weihnachtszeitraum gibt es den größten Stress.
Aber dennoch schaffen es die meisten. Einige andere aber schreiben mir dann doch, dass es Ihnen nicht möglich ist die geforderten langen Strecken durchzulaufen. Wenn es dir auch so geht, dann scheue dich vor Gehpausen nicht. Diese Gehpausen müssen aber strukturiert sein. Sonst geht dein Lauftraining ins Wandern über.
Wenn es dir ähnlich geht, dann solltest du dir vorher ein Schema anlegen. Du weißt ungefähr auf welchem Streckenabschnitt der langen Runde, dir so langsam die Puste ausgeht. Du planst genau an diesem Punkt eine Gehpause von einer Minute ein (und keine Sekunde länger!). Danach musst du mit dir selber handeln.
Ich schlage dir vor, nach der Gehpause sofort weiterzulaufen und zwei Kilometer weiter wieder eine Gehpause einzulegen. Es gibt aber zwei andere Möglichkeiten, indem du entweder nur einen oder drei Kilometer läufst, bevor du wieder für eine Minute zu gehen anfängst.
Plane dein Verhalten vorher und lobe dir etwas Gutes aus, wenn du diesen Plan einhältst. Auf der anderen Seite solltest du dir aber auch etwas Gutes versagen. Um es gleich vorauszuschicken: Wind, Regen und Kälte gelten nicht als Ausrede für dauerhaftes Wandern.
Ich empfehle dir, im Gegensatz zum Training in der Wettkampfsaison, dich in dieser Aufbauzeit zu verpflegen. Nach Möglichkeit ein angewärmtes Kohlenhydrat-/Eiweißgetränk trinken. Das hilft dir ganz hervorragend die lange Strecke durchzulaufen. Es gibt auch heute schon Trinkflaschen die Getränke warmhalten. Das ist sehr empfehlenswert, denn empfindliche Mägen vertragen eiskalte Getränke speziell im Winter sehr schlecht.
Es hilft dir auch die lange Runde endlich durchlaufen zu können, wenn du dir zwei Teelöffel Guarana in ein Getränk einrührst und dieses eine halbe Stunde vor dem Start trinkst. Bewirkt bei den meisten Menschen Wunder.
Guarana ist stark koffeinhaltig wirkt aber langsamer als zum Beispiel das Koffein im Kaffee oder Tee. Darum ist es auch so ideal für eine lange Ausdauerleistung.
Zum Abschluss noch eines: Wenn du deine erste 35 Kilometer-Runde ohne Gehpause geschafft hast, dann vermittelt dir dein Gehirn ein besonderes Glücksgefühl und du weißt, dass deine alte Bestzeit so gut wie tot ist und Holger bald auf seinen Knien liegt.