Obwohl es erst Dezember ist, solltest du daran denken, wie du jetzt in das Grundlagentraining einsteigst. Ich weiß, dass es für sehr viele Läufer und Läuferinnen schwer ist, schon im alten Jahr an das neue zu denken. Zu sehr sind hier alle an den Punkt Neujahr gebunden. Da startet das neue Jahr und auch in vielen Köpfen der Neuaufbau. Seit Jahren kämpfe ich gegen dieses Verhalten, weil der letzte Jahresmonat meist verschenkt wird.
Vor einigen Tagen bekam ich eine Mail, in der ein frischer Trainingsplanbezieher seinen Plan wieder abbestellte. Als Grund gab er an, dass es ihm widerstrebt im Dezember schon Tempoläufe machen zu müssen.
Da sind wir beim nächsten Punkt, der mich oft zur Raserei verleitet, weil so viele Menschen alle Tempoläufe über einen Kamm scheren. Das Motto ist: Tempolauf ist Tempolauf, egal wie schnell ich ihn laufen muss oder soll.
Dazu solltest du wissen, dass in den Greiftrainingsplänen im Dezember deutlich langsamer gelaufen wird als im März. Als Beispiel fordert der Plan bei einem Läufer, der im Frühjahr 45 Minuten über 10 km laufen will, im Dezember eine Tempolaufzeit von etwa 52 Minuten. 2 - 3 Monate später muss er im Training schon eine Zeit von unter 50 Minuten laufen können und kurz vor der Wettkampfsaison dann 47 Minuten.
An diesem Beispiel kannst du sehen, dass wir im Winter, verglichen mit den Wettkampfmonaten, relativ langsam laufen. D.h. wir bleiben immer im anaeroben Bereich. Vielleicht kannst du jetzt verstehen, warum mich manche Meinungen zu diesem Thema so reizen.
Und da sind wir bei dem eigentlich heutigen Thema, was dem Buch "Greif for running life" entnommen ist:
Grundlagen: Immer wieder neue Trainingsreize setzen
Hast du dir schon mal überlegt, was für ein Trainingstyp du eigentlich bist? Etwa ein Traditionalist? Hast du es gern nach einer festen Struktur zu trainieren, über die Woche festgelegt zu gleichen Zeiten und auch auf den immer selben Strecken? Bist du jemand, der auch gerne seine Trainingszeiten und auch das Tempo in einen geordneten Rahmen bringt?
Oder bist du der avantgardistische Typ, der gerne etwas Neues ausprobiert und ständig sein Training umstellt, neue Strecken läuft und auch seine Trainingszeiten oft ändert? Manche bezeichnen diesen Läufertypus auch ganz gerne als Chaosläufer.
Wenn du Glück hast, gehörst du zu der seltenen Form der Läufer, die auf der einen Seite sehr strukturiert trainieren, auf der anderen Seite aber darauf achten, dass sie immer wieder einmal einen neuen Trainingsreiz bekommen. Dann möchte ich dir gratulieren!
Faustregel: "Einen neuen Reiz zu setzen heißt nicht allein die Trainingsinhalte zu ändern, sondern auch die Streckenführungen, die Tageszeit, die Intensität und sogar die Laufgruppe."
Auch Wechsel des Trainers, der Hinzunahmen neuer Trainingsinhalte, wie zum Beispiel Krafttraining oder Alternativtraining wie Radfahren gehört dazu. Ebenso kannst du neue Reize durch Wettkämpfe setzten, die du mit in dein Programm mit aufnimmst. Als Beispiel wäre ein Erfolgskonzept für viele von uns, einmal kürzere Strecken wie 5 - oder 3000 m zu laufen.
Auch das eine oder andere Bahnrennen zu bestreiten bringt dich vorwärts. Alles was für dich ungewohnt ist, löst in dir neue Anpassungsvorgänge aus. Diese werden nicht nur durch körperliche, sondern auch durch geistige Reize angeregt.
Aus der Praxis: Du wirst dich in der obigen Typisierung sicher irgendwo wieder finden. Und von mir bekommst du jetzt eine Auflistung, welche Spezies mit großer Sicherheit den größten Erfolg haben werden.
Der Traditionalist: hat es am schwersten. Sein Körper und Geist kennen alles und vermeidet jede Änderung und neue Herausforderung. Von ihm wird eine Trainings- und Lebensform gewählt, die auf Leistungserhalt gepolt ist und nicht auf Fortschritt. Die Aussage zu seinem sportlichen Zustand ist meist: "Ich laufe immer noch ganz gut, aber große Sprünge mache ich nicht mehr, bin wohl schon zu alt."
Dieser Läufertyp ist in der Regel körperlich nicht zu alt, sondern nur alt im Kopf. Ihm gelingt es nicht mehr sich aufzuraffen, neue Wege zu gehen und sich eine Motivation zu verschaffen. Er scheut das Risiko und die eventuellen Schmerzen oder auch Unbehagen, die ihm eine neue Trainingsumwelt auferlegen würde.
Auch liebt er sein tägliches Trainingsritual, seine Strecke, seine Kumpels, seine Zeiten. Alles ist eingebunden in den Wohlfühlkokon seines Trainingsziels. Aber insgeheim gelüstet er danach seinen Holger einmal so richtig aus den Schuhen zu blasen. Aber bevor er dieses Gelüst in die Tat umsetzt, läuft er lieber nochmal die geliebte Müllerwaldrunde und vergisst sein Vorhaben.
Anders der Chaosläufer: er ist der Mann, der ständig neuen Ideen. Besonders typisch für ihn die Vermischung von mehreren Trainingsmethoden, je nach Lust und Laune. Wobei er aus solchen Trainingsvorgaben seine eigene Methode macht. Aussage: "Ich suche mir aus allen Trainingsplänen das Beste raus!"
Ihm sollte man eigentlich immer wieder einmal die Frage stellen, woher er denn weiß, was das Beste ist. Natürlich antwortet er, dass er genug Ahnung habe, das alles zu durchschauen. Und genau das ist es, was der Chaot nicht hat, den Durchblick.
Sein Wissen und Wissensverarbeitung reicht dazu fast niemals aus, um zu einem Training zu kommen, welches ihn sein Talent ausschöpfen lässt. Und das auch deswegen schon, weil er seine Methodik ständig wechselt. Er denkt weder sein Training zu Ende, noch führt er es praktisch zu Ende.
Er wartet nicht in Ruhe ab, wie er sich über Monate oder sogar Jahre entwickelt, sondern er findet irgendwo wieder eine sogenannte "geile" Einheit, die es dann wirklich bringen soll und muss. Meist bringt sie ihn nur auf den Boden der Tatsachen zurück. Macht nix, denn der Chaostrainierer fängt immer wieder von vorn an.
Aber immerhin entwickelt er sich meist besser als der Traditionalist, weil seine chaotische Art, sich immer neue Reize zu setzen, auch eine positive Leistungsentwicklung nach sich zieht. Aber leider setzt er schon den nächsten Reiz, bevor der davor gehende sich positiv ausgewirkt hat. Und das bringt ihn um!
Ganz schlimm wird es für den Chaoten, wenn er schon den größten Teil seines Leistungspotentials ausgeschöpft hat. Wenn er dann seinem Organismus in kurzer Folge immer neue Reize und auch meist zu starke anbietet, dann macht dieser seinen Laden zu. Er kann diese nicht mehr verarbeiten und kommt so in ein Übertrainingssyndrom. "Ich weiß gar nicht was los ist, es lief so gut und jetzt das."
In diesem Sinne solltest du vielleicht einmal an dir selbst arbeiten, denn Selbsterkenntnis, ist wie bekannt seit Jahren, der anerkannteste Weg zur Besserung.