Diese Tage im April und Mai sind für den Schreiber dieser Zeilen die beglückendsten des Jahres. Nach der teilweisen Jammerei über schlechtes Wetter und böse Zipperlein, ist jetzt alles Friede, Freude, Eierkuchen.
Die gelaufenen persönlichen Bestzeiten fliegen nur so auf meinen Schreibtisch und die Härten der Winterzeit sind vergessen. Dann weiß ich, dass wir alle es wieder einmal richtig gemacht haben. Und dieses Wissen ist mein Brot für die Seele.
Besonders hat mich aber eine Mail von Jörg Kiel gefreut, der geradezu "platzt" vor Emotionen. Bei ihm ist ein Traum in Erfüllung gegangen und in einer Art, die er wohl kaum jemals erwartet hat.
Aber bitte lies selber die Zeilen von Jörg, der zustimmte diese hier zu veröffentlichen:
"Hallo Peter,
vielen Dank für die Glückwünsche. Den Dank muss ich dir jedoch aussprechen. Ohne deine Trainingspläne hätte ich das nie geschafft! Ich möchte dich gerne an weiteren Erkenntnissen teilhaben lassen, die womöglich auch für die anderen Clubmitglieder interessant sind.
Wie schon mal mit Dir kommuniziert, hatte ich ja eine fast einjährige "Seuchenphase" hinter mir (erst Achillessehne, dann Gesäßmuskelverkrampfung) und konnte eigentlich erst ab Mitte März vernünftig trainieren.
In so fern war ein gescheiter Marathon nicht wirklich zu erwarten und ich musste alles in die Waagschale werfen, um wenigstens noch ein bisschen was zu reißen. Ich habe mir dann Deine Ausarbeitungen zum Thema "zweimal täglich trainieren" mit dem kurzen morgendlichen Lauf zu Herzen genommen und entsprechend umgesetzt.
Weiterhin konsequente LowCarb-Ernährung und möglichst viele Läufe (außer Tempo und Intervallen) nüchtern. Mit dieser Praktik platzte nach einem 10 km Wettkampf vier Wochen vor dem Marathon ein imaginärer Knoten und es kamen Trainingsergebnisse zustande, die ich noch nie erreicht hatte, trotz der fehlenden Wintergrundlagen und der kurzen Vorbereitungszeit.
Somit schöpfte ich Hoffnung und es kam auch mentaler Rückenwind hinzu (der Marathon vorgestern war an meinem Geburtstag, also ein zusätzlicher Anreiz, mich hier selbst zu beschenken). Das Geschenk selbst habe ich dann auch bekommen, aber was mich positiv nach wie vor schockt, ist die Tatsache, WIE ich dieses Ergebnis erreicht habe.
Die reine Zeit auf dem Papier spiegelt das gar nicht vollumfänglich wieder. Die Strecke in Würzburg ist sicherlich nicht schnell, eher sogar leicht anspruchsvoll und führt über zwei gleiche Runden. Ich lief vorsichtig an und um dann nach ein paar Kilometern gefühlsmäßig zu sehen "was geht" und dann zu entscheiden, wie ich weiter verfahre.
Nach unsicherer Anfangsphase lief es so dermaßen locker, dass ich nach einem 4:14-er Beginn kenianisch steigerte bis auf 3:5x-er Zeiten von km 20 bis 25. Zu diesem Zeitpunkt sah es fast so aus, als gehe es sogar in Richtung 2:49, wenn ich das weiter hätte durchziehen können.
Bei Beginn der zweiten Runde rief ich einem Kumpel zu "Wann geht´s denn jetzt endlich mal los, ich muss ständig bremsen und komme mir vor wie beim langsamen Joggen". Der konnte das nicht fassen. Auf der zweiten Runde waren nahezu keine Zuschauer mehr da, ein alleiniger Lauf in praller Sonne bei über 20 Grad, zweimal hätte ich mich fast verlaufen, weil niemand mehr da war. Ein Albtraum für die Schlussphase eines Marathons.
Immer wieder versuchte ich mich an einige Übriggebliebene ranzuarbeiten und mit denen zu laufen. Aber die waren alle viel zu langsam und starben weg wie die Fliegen. Irgendwann musste auch ich den Umständen Tribut zollen, aber dem aufgebauten "Zeitpuffer" konnte ich mir ja locker erlauben, mal ein paar Sekunden langsamer zu machen.
Das Primärziel "sub 3" war nie in Gefahr. Und es hätte noch wesentlich mehr drin sein können, z. B. bei besseren Bedingungen und auf einer Strecke wie Berlin oder ähnlich. Aber das wäre jetzt Gejammer auf sehr hohem Niveau. Natürlich wurde es auch für mich ab km 35 hart, keine Frage. Aber allen anderen ging es viel schlechter.
Ich konnte immer noch überholen und weiter überholen. Auch die Zuschauer, die im Schlussbereich wieder etwas zahlreicher wurden, bemerkten das und es fielen Aussagen wie "Guck' mal, wie locker der noch aussieht".
Aufgrund der Gesamtumstände zu diesem Lauf (Verletzungs-Seuchenphase, ungewisse Vorbereitung, harte Bedingungen) und dem jetzt zu erwartenden Ergebnis musste ich auf den letzten 100 m echt mit den Tränen kämpfen und im Ziel brachen alle Dämme.
Ich habe bei keinem Lauf der Welt schon mal einen gesehen, der sich SO gefreut hat. Ich hüpfte umher, umarmte alles, was mir in den Weg kam, warf meine Kinder in die Luft, machte einen auf Usain Bolt mit "Bogenschiess-Pose" und Liegestütze auf der Ziellinie. Unfassbar! Ein Traum ist wahr geworden!
Dafür möchte ich dir zutiefst danken!!!!! Gerade durch die gezielten Plananpassungen und das behutsame Steigern des Trainingsplans im Januar/Februar/März hast du mich wieder auf die Erfolgsspur gebracht. Ich kann das gar nicht wirklich in Worte fassen und werde es dir nie vergessen, was du mir und meiner Familie damit für Glücksmomente beschert hast.
Die morgendlichen Zusatzläufe, konsequentes LowCarb-Futter, Ultrabreathe-Training sowie Nüchternläufe, so oft es geht, erscheinen mir hierbei wichtige Faktoren zu sein. Aber auch darauf wäre ich ohne dich nicht gekommen. Auch ein solcher Durchmarsch ohne nennenswerte Einbußen auf den letzten Kilometern ist nur durch die langen Läufe mit Endbeschleunigung zu erklären.
Ich habe im Übrigen während des gesamten Marathon nichts gegessen oder getrunken, keine Gels, nichts. Lediglich Wasser zur Kühlung über den Kopf geschüttet. Auch das ist eine wertvolle Erkenntnis, wie ich finde.
Jetzt wird über den Sommer ordentlich trainiert und im Herbst (voraussichtlich in München) geht es in Richtung 2:49, das ist mein nächstes Ziel. Ich bitte dich, meinen Plan auf T7 hochzustufen.
Viele Grüße Jörg Kiel"
Der vorhergehende Text sollte vielleicht auch dich einmal motivieren, dir deine Träume zu erfüllen. Jörg ist ganz konsequent seinen Weg gegangen, er hat gemacht, was er machen konnte. Es ist nicht das Talent, welches dich an die Spitze treibt, sondern dein Wille dort hinzukommen.