Wir haben im Augenblick eine Kältewelle, die doch einige von uns in Angst und Schrecken versetzt. Im Newsletter vom 7.2.12 ist aber schon erklärt, wie sich niedrige Temperaturen im Training und Wettkampf auswirken.
Zwei Umstände muss ich noch ergänzen. Der erste ist eine Schonmaßnahme für die Bronchien und der zweite das Ein- und Auslaufen bei niedrigen Temperaturen unter 10 Grad minus.
Deine Bronchien werden besonders bei einem Tempolauf oder Rennen geschützt, wenn du dir ein Tuch oder ein Kopf- und Halsschutz vor Mund und Nase ("Räubermaske") bindest.
Du wirst vielleicht denken, dass so eine Maßnahme die Luft auch nicht wärmer macht. Aber es geht bei Starkfrost nicht nur um Minustemperaturen die deiner Haut nicht gut tun, sondern auch um den Wasserverlust in den Bronchien.
Als Beispiel habe ich den heutigen Tag, den 6.2.12 genommen, an dem ich diese Zeilen schreibe. Wir haben zur Zeit eine Minustemperatur von 15 Grad und eine relative Luftfeuchte von 80%. Diese Luft enthält rund 1,3 g/m3 Wasser.
Wenn du diese jetzt einatmest, dann erwärmt sie sich auf etwa plus 37 Grad und lädt sich zu einer 100%-igen relativen Luftfeuchte auf. Damit trägt sie 39 g/m3 Wasser in sich, wenn du sie ausatmest. Damit nimmt die Atemluft dein am Körper rund 38 g/m3 weg und diese werden auch noch um 52 Grad erwärmt.
Kein Problem für deinen Körper, dafür ist er locker ausgelegt. Aber wenn du ein Tuch oder eine Maske trägst, dann passiert Folgendes: Die Feuchte der Ausatmung kondensiert in den Maschen des Tuchs und erwärmt dieses.
Beim nächsten Einatemzug nimmt die Luft einen Teil der Feuchte aus dem Tuch wieder mit zurück in die Bronchien. Damit wird Wasser und Wärme gespart und die Bronchien werden geschont. Je schneller du läufst, desto effektiver wird dieses Verfahren, weil das ausgeatmete Wasser keine Zeit hat vor Mund und Nase zu gefrieren.
Jetzt musst du aber auch aufpassen, dass du keine kleinen Kinder erschreckst, denn rundherum im Gesicht und an den Haaren hängt jetzt der Reif, der dir den Anschein eines verirrten Polarforscher gibt.
Wie ist es denn nun mit dem Ein- und Auslaufen bei Tempoläufen, Rennen und hochgradigen Minustemperaturen?
Da ist nix mit gemütlichen Joggen, du musst gleich von Anfang an schnell laufen, damit du auf Betriebstemperatur kommst.
Obwohl es dir graut, schlägst du bei Einlaufstart sofort ein extensives Tempo ein. Nach 200 - 300 m steigerst du dich über 200 m langsam auf eine Endgeschwindigkeit, die etwa 10 sec/m schneller ist, als das angestrebte Tempo des Tempolaufs/Rennens.
Das machst du zweimal und dann bist du fertig mit dem Einlaufen. Versuche es um Himmelswillen nicht schneller. Sprints oder Spurts und kalte Muskeln passen nicht zusammen.
Nur bei eiskalten Mittelstreckenrennen musst du dich länger und auch intensiver einlaufen. Denn da geht das Feld schneller ab, als ein griechischer Finanzminister von dem du Geld haben willst.
Wie du dich bei Normaltemperaturen verhältst, findest du nachstehend in dem Artikel:
Bei Normaltemperaturen zwischen 8 und 22 Grad eine Grundempfehlung: Gehe an die Dauer und die Intensität des Einlaufens äußerst kritisch heran. Plane genau was tust und warum du es tust. Laufe nicht quatschend mit anderen mit und übernehme deren Programm. Im Sommer nicht in der Sonne warmlaufen, sondern immer im Schatten.
Da das Einlaufen nur der Aktivierung der organischen Systeme, der Lockerung und dem Aufwärmen der Muskulatur dient, solltest du dich um so länger einlaufen, desto tiefer die Umgebungstemperatur ist. Ich schlage folgendes Einlaufverhalten für gut trainierte Läufer(innen) mit 10 km-Zeiten unter 40 min (Damen unter 43 min) für Wettkämpfe zwischen 3 und 21,1 km vor:
Temperatur | Zeit |
> 25 Grad: | 10 min Einlaufen |
25 - 22 Grad: | 15 min Einlaufen |
22 - 20 Grad: | 20 min Einlaufen |
20 - 18 Grad: | 25 min Einlaufen |
18 - 3 Grad minus: | 30 min Einlaufen |
darunter: | 40 min Einlaufen |
Läufer(innen) die noch nicht die oben beschriebenen Zeiten erreichen, sollten die Einlaufzeiten reduzieren, weil deren Ausdauerfähigkeit noch nicht so ausgeprägt ist.
Leistung | Reduzierung |
40 - 45 min/10 km | 85% der angegeben Zeiten |
45 - 50 min/10 km | 70% der angegeben Zeiten |
50 - 55 min/10 km | 55% der angegeben Zeiten |
über 55 min/10 km | 40% der angegeben Zeiten |
Bei Marathon- und Ultraläufen nur ein Drittel der Zeit zum Warmmachen nutzen. Wichtig ist es bei diesen Wettkampfarten kühl zu bleiben. Auch hier raus aus der Sonne, raus aus warmen Räumen. Am besten ist es, vor einem Marathonstart leicht zu frieren.
Die Länge der Wettkampfstrecke bringt es mit sich, dass nicht von Beginn an die höchste Leistung verlangt wird, Aktivierung und Erwärmung erfolgt im Rennverlauf. Bei den langen Strecken > 40 km steht grundsätzlich das Sparen von Energie im Vordergrund.
Schwitzt du vor einem Marathonstart, kühle dich unbedingt ab, nötigenfalls mit einer kalten Dusche, Eispackung, Kühlweste oder durch eine Klimaanlage. Zu warm in ein langes Rennen zu gehen zieht erhebliche Nachteile nach sich. Diese Regel wird um so bedeutender für dich, desto dicker dein Unterhautfett ist.
Dicke sind schon bei Temperaturen von 18 Grad benachteiligt, aber bei Temperaturen unter 10 Grad bevorteilt.
Egal ob dick oder dünn, für beide gilt: Je kürzer die Strecke ist, desto länger und desto intensiver solltest du dich eingelaufen. Wichtig dabei ist, dass kurze Teile des Programms auch in der geplanten Wettkampfgeschwindigkeit gelaufen werden. Das heißt, du solltest auch 3 - 4 Steigerungen absolvieren. Dabei muss die Betonung auf Steigerung liegen und nicht auf "knallharten" Sprints.
Wenn du dich eingelaufen hast, wird maximal 10 min lang das gewohnte Gymnastikprogramm durchgeführt. Die Betonung liegt auf "gewohnt"! Nichts bekommt einem Läufer(in) schlechter, als ein überzogenes und ungewohntes Dehnprogramm vor einem Wettkampf.
Mache dieses Programm eher kürzer als länger. Es gibt auch ernst zu nehmende Sportwissenschaftler, die sagen: "Gar nicht dehnen vor dem Wettkampf." Der Muskeltonus wird herabgesetzt und ein "Schlaffegefühl" produziert.
Das gleiche gilt für eine weitere beliebte Übung besonders zur Winterzeit, der Sauna. Auch die Sauna setzt den Muskeltonus herab und bringt durch hohe Schweißverluste das körperliche Gleichgewicht durcheinander. Die Sauna ist eine erholsame und angenehme Sache bis 2 Tage vor Wettkampf. In der unmittelbaren Vorbereitung hat sie nichts zu suchen, denn auch ein Saunagang setzt den Muskeltonus herab.
Ebenso erhält man schlaffe Muskeln durch Massage am Wettkampf- oder Vorwettkampftag. Auch in diesem Fall gibt es einen starken Trend, gerade am Vorwettkampftag die Muskeln noch einmal durchkneten zu lassen, weil man ja an diesem Tag sowieso kaum oder gar nicht trainiert.
Witzigerweise sieht man immer wieder Sportler(innen), die vor oder nach dem Training nicht eine einzige gymnastische Übung ableisten, aber direkt vor Wettkämpfen die tollsten Verrenkungen produzieren. Wahrscheinlich wollen sie ihrem schlechten Gewissen Genugtuung verschaffen und schaufeln sich damit schon ein paar cm für ihre eigenes sportliches Grab.
Genauso oft sind Läufer zu sehen, die gehen, plötzlich stehen bleiben, eine Dehung machen, kurz weiterlaufen, mit jemanden reden, um abermals eine unmotivierte Übung zu zelibirieren und so weiter.
So etwas nennt man eine Übersprungshandlung. Die Stresshormone zwingen den Betroffenen praktisch etwas zu tun, weil Körper und Geist sehr stark auf eine Aktivität rennen eingestellt sind.
Darum: Überlege unmittelbar vor dem Rennen, genau was du tust. Veranstalte kein persönliches Chaos, sondern wickle alles in Ruhe ab, auch wenn du dich dazu zwingen musst. Aktion gibt es ausreichend nach dem Startschuss.