In dem heutigen Rahmen möchte ich dir klarmachen, welche Erfolge du mit dem Gummibandtraining erzielen kannst und wie du dabei vorgehst. Welche Möglichkeiten der Variation du hast und wie du deine persönlichen Trainingszeiten errechnest.
Mit diesen Dingen musst du dich auseinandersetzen, sonst wirst du das Gummibandtraining nicht mögen und eventuell auch an seiner Wirksamkeit zweifeln. Denn diese zeigt sich nicht auf den ersten Blick, so wie eine Endzeit über eine feste Distanz. Darum lieben Läufer auch ihre Trainingsbestzeit so sehr. Aus ihr schöpfen sie die Erwartung für das nächste Rennen und die Hoffnung auf den ersten Sieg über Holger Meier.
Aber es werden die wenigsten Trainingsrekorde mit einem schnelleren oder gleich schnellen Endabschnitt erzielt. Meist ist ein angepasst höheres Tempo am Anfang und ein leichter Abfall am Ende des Tempolaufs die Mutter des Erfolgs oder Misserfolgs.
Was dabei aber nicht trainiert wird, ist das Durchhalten des Anfangstempo, das Stehvermögens zum Ende des Wettkampfs hin. Und genau gegen diese Schwäche ist des Gummibandtraining das Mittel der Wahl.
Was kann denn nun aber der Läufer für einen Psychohonig aus seinem Trainingsresultat ziehen, welches er mit dem Gummibandtraining erzielt hat? Beim ersten Versuch ist es das Ziel, mindestens 7 km im Halbmarathon-Renntempo durchzuhalten. Das ist Standard und gibt ein "Befriedigend". Wer es bis 10 km schafft, kann schon ein "Gut" einfahren.
Bei durchgelaufenen 12 km steht ein "Sehr gut!" auf dem Zeugnis. Wer sein Tempo dann noch drei km mehr halten kann, bekommt ein "Ausgezeichnet" oder auch ein "Kleiner Feigling", weil er sein mögliches Halbmarathon-Renntempo nicht richtig eingeschätzt hat.
Die richtige Befriedigung aber kommt erst beim 2. Durchgang 14 Tage nach dem ersten zum Tragen. Denn dann muss versucht werden, mindestens 400 m besser noch 1 km weiter im Halbmarathon-Renntempo zu kommen als in der Vorwoche.
Das ist eigentlich das Ziel des Gummibandtrainings: Die Ermüdungsschwelle immer weiter zum Ende der 15 km hin zu schieben. Und du kannst sicher sein, wenn du das schaffst und vielleicht sogar mehrere Male hinter einander, dann bekommst du eine ganz dicke Anerkennung von deinem Trainer. Sei es der Schreiber dieser Zeilen, dein Heim- oder dein innerer Trainer.
Denn mit dieser Steigerung hast du einen ganz großen Kampf gegen deinen inneren Pausenlocker gewonnen. Und du wirst in den nächsten Rennen eine Wettkampfhärte ausstrahlen, dagegen ist ein Diamant ein Weicheisen. Wer sogar schon die ganzen 15 km durchlaufen konnte, sollte versuchen eine bessere Zeit als im 1. Durchgang zu erzielen.
Nun kommen wir zu den Details. Vor dem Start des Gummibandtrainings solltest du festlegen in welchem Tempo du deinen nächsten Halbmarathon laufen möchtest. Steht nur ein Marathon an, dann ziehst du von der geplanten Marathonzeit 10 min ab und teilst dann durch zwei.
Beispiel: Geplante Marathonzeit 3:20 h. Daraus resultiert eine HM-Zeit von 3:20 - 10 min = 3:10 : 2 = 1:35 h als vergleichbare HM-Zeit. Das ergibt dann wiederum eine km-Zeit von 4:30 min oder eine 400 m-Zeit von 1:48 min.
Nun weißt du, dass du diesem Beispiel nach von Anfang bis zum Ende ein Tempo von 4:30/km halten sollst. Wenn du dieses aber nicht mehr erfüllen kannst, musst du für 400 m langsamer laufen (Erholtempo). Das "nicht mehr Tempo halten können" gilt, wenn du einen km 5 sec langsamer läufst, als die in diesem Beispiel angestrebte 4:30 km. Das Gleiche gilt auch bei einer 400 m-Zeit, die 2 sec langsamer ist als die vorgegebene von 1:48 min.
Das Erholtempo läufst du immer nur über 400 m. Wenn du nicht auf der Bahn läufst, dann kannst du auch 500 m wählen. Dieses Erholtempo ist 25% langsamer, als das bisher gelaufene HM-Renntempo. Laut dem obigen Beispiel über 400 m in 1:48 min, schaltest du um auf von 1:48 min x 1,25 = 2:15 min.
Hast du diese 400 in 2:15 min hinter dir, dann läufst du wieder das 1:48-er-Tempo. Dieses musst du wieder 400 m lang durchhalten, kannst es aber auch einen km lang oder mehr laufen. Keinesfalls darf dieses aber langsamer sein, als das 1:48-er Tempo. Wenn du dieses überschreitest, dann musst du sofort abbrechen und wieder 400 m Erholtempo einschalten.
Was ich von dir möchte ist, dass du die gesamten 15 km im Halbmarathonrenn-Tempo absolvierst. Darum gelten auch die Streckenteile im Erholtempo als nicht zu den 15 km gehörig.
Vor zwei Tagen sind wir in unserem Trainingsurlaub in Wolfshagen auch das Gummiband-Training gelaufen. Dort musste ein Teilnehmer schließlich insgesamt 19 km laufen, damit er auch die 15 km im Halbmarathon-Renntempo zusammen bekam.
Nur bis knapp 10 km konnte er durchlaufen und musste die restlichen km im schnell - langsam Wechsel laufen. Er meinte dazu: "Mir war schon klar, dass ich mein Halbmarathon-Renntempo nicht bis zum Ende halten könne. Dazu war ich zu lange verletzt. So habe ich aber fast 10 km im Renntempo gemacht und dann noch einen Tempowechsellauf über 9 km. Das ist auch ein schöner Umfang, zwar hart, aber so soll es auch sein, damit ich wieder auf die Füße komme."
Erstaunlich war, dass mehr als die Hälfte der Teilnehmer in der Lage waren, ihr Vorgabetempo komplett über die 15 km durchzulaufen. Der Läufer T.C. meinte dazu: "Mann, das war hart. Hier hast du die neue Konkurrenzsituation, da schaffst du es. Aber wenn ich das zu Hause alleine laufen sollte, dann wäre ich wahrscheinlich nicht durch gekommen."
Das ist sicher richtig, denn im Grunde läuft so ein Training, in einem Trainingsurlaub in einer somit komplett neuen Gruppe, wie ein Wettkampf ab. Und der setzt bekanntlich erhebliche Kräfte frei.
Vorne lief eine starke Dreiergruppe, die ein 3:30-Tempo durchlaufen wollten. Dabei setzte sich unser Athletenbetreuer Robert Jäkel durch, der wie ein Uhrwerk lief. Bei 10 km kam er mit 34:50 min durch und endete mit 52:20 min. Er hatte sich also perfekt eingeschätzt und war auch noch die letzten 5 km auf den Punkt genau im 3:30-Tempo durchgelaufen.
Robert ist in dieser Hinsicht absolut genial. Ich nenne ihn manchmal scherzhaft "die Uhr". Wenn wir unseren "10 km-Lauf ohne Uhr" bestreiten, dann liegt er kaum jemals mehr als 10 sec neben seiner Vorgabe.
Bei solch einem Trainingslauf gibt man vorher seine geplante Laufzeit an, muss aber auf jede Hilfe wie Uhr, Pulser oder Außensteuerung verzichten. Da kommen Einige manchmal locker 2 min oder mehr zu früh oder auch zu spät in das Ziel, niemals aber Robert. Der hat die 30 sec noch nie über- oder unterschritten.
Zum Schluss sollten wir noch darüber reden, wie oft du das Gummibandtraining einsetzen solltest. In der ersten Phase in diesem Jahr haben wir es mit langsam gesteigertem Tempo in jeder Woche einmal absolviert. Es zeigte sich aber, dass unsere Leute sehr ehrgeizig sind. Sie versuchten mit aller Kraft die 15 km im Halbmarathon-Renntempo komplett in einem Zug durchzulaufen.
Das ist dann aber schon eine ganz harte "Keulerei". Da man diese aber bei Ehrgeizigen kaum abschalten kann, empfehle ich heute es nur jede zweite Woche zu laufen. Das Gummiband-Training hat bisher auch noch keinen Eingang in unsere Jokerpläne gefunden, so dass wir so auch noch keine Auswirkungen auf die Marathonläufe ermitteln können.
Es ist auch noch unklar, wie es sich im Rahmen unserer Periodisierung auswirkt. Da müssen wir noch lernen. Aber du kannst es in eine unmittelbare Halbmarathon-Vorbereitung schon dreimal einsetzen. Da wird es dir helfen. Das sagt mir meine Jahrzehnte lange Erfahrung als Trainer.
Also, gehe mit Mut an das Gummiband-Training heran, dann wirst du noch einige hervorragende Halb- oder auch Marathons laufen können. Verrate es nur nicht deinem "Holger", sonst zersägt er dich doch wieder auf den letzten 3 km.