Was begrenzt eigentlich unsere Leistungsfähigkeit? Sicherlich spielen Talent und Training eine Rolle. In erster Linie begrenzen wir uns mit unserem Denken oft selbst. Es spielt sich also vieles nur im Kopf ab.
Ein Beispiel: Bei der Anmeldung zu unseren Greif-Trainingsplänen fragen wir das „Absolute läuferische Traumziel (Fernziel)“ ab. Also ein Ziel, welches z.B. auch erst in 10 Jahren erreicht werden soll. Vielen fehlt dabei das Selbstvertrauen und die Phantasie. Die Angabe „Marathon in 3:59:59 h“ kann für ein solches Ziel nicht herhalten, wird jedoch häufig angegeben. Solch eine Zeit kann ein kurzfristige Zwischenziel sein. Als Langfristziel genannt, setzt es sich in deinem Kopf fest und begrenzt dich vom ersten Tag in deiner Leistung.
Passend zu diesem Thema las ich letztens den folgenden Blog-Eintrag des running.COACH vom 07.07.2019, mit einem Interview von Alex Hutchinson:
Die Grenzen der menschlichen Ausdauer-Leistung: Alles nur im Kopf?
Quelle: running.COACH vom 7. Juli 2019
"Grenzen? Ich habe nie welche gesehen, aber ich habe gehört sie sollen in den Köpfen mancher Menschen existieren." Dies soll der norwegische Forschungsreisende Thor Heyerdahl Mal gesagt haben. Passt zufällig perfekt zu unserem Blogartikel! Wir haben den kanadischen Wissenschaftler Alex Hutchinson gefragt, wie fest uns unser Kopf Grenzen für unsere Leistung setzt.
Die menschliche Ausdauer ist limitiert. Doch welche Rolle spielt der Kopf dabei? Wie uns Alex Hutchinson, ein kanadischer Wissenschaftler und Journalist für renommierte Amerikanische Magazine, in diesem Artikel verraten wird, eine sehr große!
Alex Hutchinson ist selber erfahrener Läufer und schreibt regelmässig Artikel für das bekannte Ausdauer-Magazin Outside (nach mehreren Jahren für Runner’s World), wo er einen breiten Bereich des Themas Ausdauersport abdeckt. In seinem Buch Endure (“Aushalten”) befasst er sich damit, wo die Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit im Bereich Ausdauersport liegen und welche Faktoren sie beeinflussen. Laut Hutchinson wird die Rolle unseres Gehirns oft unterschätzt, obwohl es unsere Leistung erstaunlich stark beeinflussen kann. Wir haben nachgefragt, wie…
In deinem Buch schreibst du, dass der limitierende Faktor für unsere Leistung nicht physisch oder mechanisch ist, sondern mental. Meinst du damit, dass wir durch mentale Hindernisse unser eigentliches Potenzial nicht ausschöpfen können?
Wenn ich sage, dass die Grenzen mentaler Natur sind, meine ich nicht, dass es keine physischen oder mechanischen Begrenzungen gibt und man diese durch das “Entfernen einer mentalen Barriere” einfach überschreiten kann. Es ist etwas komplizierter.
Stell dir vor, du läufst ein Rennen über 10km. Gibt es einen Punkt während des Rennens, an dem du nicht fähig gewesen wärst, zu beschleunigen, hätte dir jemand eine Pistole an den Kopf gehalten? Vielleicht sehr, sehr nahe am Ziel, aber sonst nicht. Warum eigentlich? Es fühlt sich oft so an, als ob du nicht schneller rennen könntest, aber das ist, weil dir deine Erfahrung sagt, dass du dein Rennen einteilen musst. Der limitierende Faktor ist dort also auf eine Art und Weise mental. Wer unter uns kann schon behaupten, dass er oder sie ein Rennen so perfekt eingeteilt hat, dass er oder sie über jeden Meter des Rennens genau am Limit der auszuhaltenden Pace gelaufen ist?
Ob es uns wirklich von der Ausschöpfung unseres ganzen Potenzials hindert, ist eine andere schwierige Frage, aber wir werden später näher darauf eingehen.
Wie genau sieht der Prozess in unserem Gehirn aus, der uns davon abhält, noch näher an unserem Limit zu laufen?
Niemand weiss bis jetzt die definitive Antwort auf diese Frage. Aber in den Neunzigern schlug ein Wissenschaftler namens Tim Noakes vor, dass unser Gehirn als eine Art “Zentralsteuerung” fungiert, die uns davon abhält, ganz an unser Limit zu gehen. Vermutlich, um uns vor schwerwiegenden Schäden zu schützen. Seither diskutieren viele Wissenschaftler darüber, wie und warum dies ablaufen könnte und ob es überhaupt stimmt.
Die Theorie, die mir aktuell am überzeugendsten scheint, ist die, dass wir von unserem subjektiven Empfinden der Anstrengung geleitet werden. Alle physiologischen Signale, von denen wir immer wieder hören - Körperkerntemperatur, Laktat-Niveau, Herzfrequenz, etc. - tragen zu unserer Einschätzung davon bei, wie viel Anstrengung es uns abverlangen wird, fortzufahren. Wenn diese geschätzte Anstrengung zu hoch ist im Verhältnis dazu, was wir glauben, bis ins Ziel leisten zu können, werden wir langsamer. Deshalb ist es auch so, dass wir an einem heissen Tag bereits sehr früh in einem Rennen das Tempo drosseln, lange bevor wir eigentlich überhitzen: wir reagieren also nicht auf die tatsächliche Temperatur, sondern darauf, wie unser Gehirn einschätzt, dass die Hitze unsere Leistung beeinflussen wird.
Wie können wir lernen, dem entgegenzuwirken und herausfinden wo unsere “wirklichen Grenzen” liegen?
Ich glaube, die Frage nach den “wirklichen Grenzen” wird immer hypothetisch bleiben. Das perfekte Rennen gibt es schlicht nicht. Es geht also eher darum, zu lernen, gegen den Wunsch unseres Gehirns (zu bremsen) anzukämpfen und so ein bisschen näher ans perfekte Rennen heranzukommen, ohne dass wir es aber je ganz erreichen werden.
Schon nur das Wissen darum, dass unser Gehirn so funktioniert, kann dir zu einem gewissen Grad dabei helfen, dem Prozess entgegenzuwirken. Wenn du während eines Rennens merkst, dass du langsamer wirst, wirst du dafür in deinem Kopf irgend eine Erklärung finden, zum Beispiel erhöhte Laktatwerte. Wenn du denkst, dass dich das Laktat langsamer macht, dann kannst du nichts anderes tun, als die Tempoveränderung zu akzeptieren, da es zu einer unausweichlichen physischen Tatsache geworden ist. Wenn du dir aber stattdessen sagst, dass du langsamer wirst, weil sich das Rennen durch die erhöhten Laktatwerte härter anfühlt, dann kann dich das vielleicht dazu anspornen, weiterzukämpfen und das Tempo aufrechtzuerhalten.
Generell glaube ich, die Art von positivem Denken, wie sie zum Beispiel von Läufern wie Eliud Kipchoge vorgelebt wird, kann einen Unterschied machen. Sie kann das Empfinden der Anstrengung verändern. In den letzten Jahren ist dies in der Forschung wiederholt auf eindrückliche Weise gezeigt worden.
Du meinst, man kann gegen das Laktat im Körper ankämpfen?
Man kann mit dem Kopf nicht das Laktat-Niveau im Körper verändern. Aber man kann verändern, wie man darauf reagiert. Man sollte wissen, dass man während eines Rennens oder eines Trainings fast nie bei der absoluten, maximalen Anstrengung liegt (z.B. 10 auf einer Skala von 1-10). Es wäre physisch unmöglich, lange so zu rennen. Stattdessen starten wir jeweils mit einer etwas tieferen Anstrengung, welche wir gradweise steigern um am Ende des Trainings oder des Rennens bei der 10 zu landen.
In einem Rennen bist du in der Hälfte vielleicht auf einer Anstrengung, die dem Wert 8 auf der Skala entspricht, doch steigende Laktatwerte machen, dass es sich eher wie eine 8.5 anfühlt. Dass es sich härter anfühlt, könnte aber zum Beispiel daran liegen, dass du vor dem Wettkampf nur wenige Trainings an der aneroben Schwelle gemacht hast, das Laktat deshalb eine ungewohntes Gefühl ist und du entsprechend stärker darauf reagierst. Wenn du nun schaffst, dir das ins Bewusstsein zu rufen und das Gefühl des Laktats in deinen Beinen anders zu bewerten, dann gelingt es dir vielleicht, das Empfinden der Anstrengung auf 8.3 zurückzusetzen und damit dein Tempo bis ins Ziel etwas höher zu halten.
Natürlich überlegt sich niemand während des Rennens tatsächlich diese Zahlen! Ich möchte hiermit nur zeigen, welche Art von Berechnungen unser Gehirn konstant macht, ohne dass wir uns darüber im Klaren sind.
Wie stark glaubst du, kann man damit seine Leistung tatsächlich beeinflussen? Wie viel schneller kann zum Beispiel ein Marathon je gelaufen werden?
Ehrlich gesagt glaube ich, dass das Potenzial des positiven Denkens für Weltklasse-Athleten am kleinsten ist, während der Effekt bei Gelegenheitsläufern am grössten ist. Eine der Eigenschaften, die einen Athleten erst zum Weltklasse-Athleten macht, ist die Fähigkeit, sich über die Grenzen des Angenehmen zu pushen. Und trotzdem behaupte ich, dass auch die besten Athleten mit dem richtigen Mindset manchmal sogar in noch höheres Niveau erreichen können. Ich glaube, dass Eliud Kipchoge, als er letztes Jahr seinen Marathon-Weltrekord (2:01:39) lief, teilweise dazu fähig war, weil sein Selbstvertrauen nach der gelaufenen Zeit von 2:00:25 am “Breaking2”-Rennen im Jahr zuvor unter künstlichen Bedingungen gestärkt war. Die dort gezeigte Leistung veränderte seine Einschätzung davon, was möglich ist, so dass er es bei seinem Weltrekord-Lauf in Berlin wagte, auch auf der zweiten Hälfte des Rennens genügend aggressiv zu bleiben und das Tempo durchzuziehen.
Selbst wenn professionelle Sportler bereits Übung darin haben, so nahe wie möglich an ihrem Limit zu laufen, müssen auch sie es jede Saison wieder neu lernen und aufbauen. Es gibt Daten, die zeigen, dass die Schmerztoleranz von Elite-Schwimmern sich im Lauf einer Saison schrittweise erhöht und kurz vor ihrem Saisonziel das Maximum erreicht. Sich “quälen” zu können verlangt ständige Übung.
Ist das Ganze auch für andere Sportarten anwendbar, oder nur für den Ausdauersport?
Als eine Daumenregel würde ich sagen, dass die Rolle des mentalen Aspekts proportional zur Dauer der Belastung zunimmt. Aber es gibt ein paar tolle Experimente, die gezeigt haben, dass mentale Faktoren auch bei kurzen Anstrengungen einen Einfluss haben. Es gibt eine berühmte Studie aus den Sechzigern, bei der die Forschungssubjekte Gewichtheben sollten und sich die Forscher jeweils kurz vor der Ausführung an die Person heran schlichen und nahe an ihrem Ohr einen Schuss mit einer Startpistole abfeuerten. Die Angst steigerte ihre Stärke um 7-8%!
Wir hoffen, dass auch dir das eine oder andere von dem, was Alex hier sagt, in Zukunft helfen kann!
"The difference only is thinking. You think it’s impossible. I think it’s possible." – Eliud Kipchoge vor seinem Weltrekord in Berlin.
Quelle: running.COACH
Neben dem in diesem Beitrag auch angesprochenen „Biss“, zu dem ich in der nächsten Woche etwas schreiben werde, geht es erstmal um das große Ziel. Erfolge werden in erster Linie im Kopf erzielt. Wenn du dir erfolgreiche Sportler, Künstler oder auch Unternehmer (z.B. Steve Jobs) anschaust, dann erkennst du den Unterschied im Denken. Für sie scheint es keinerlei Grenzen zu geben.
Vor 2 Wochen hatte ich über den 5000 m Rekord von Konstanze Klosterhalfen geschrieben. Was dabei unerwähnt blieb, ist z.B. die Arbeit mit Psychologen in ihrem Trainingscamp. Dort wird immer wieder vermittelt, das die Kenianer eben doch schlagbar sind. Immer und immer wieder. Bis der Gedanke fest im Kopf verankert ist.
Das Ganze nennt sich Visualisierung und ist eine grundlegende Meditationsübung. Setze dir ein hohes Ziel (auch langfristig) und arbeite hart dafür. Stelle dir beim Training und auch bei Meditationsübungen immer wieder vor wie es ist, dieses Ziel zu erreichen. Lasse das Rennen vor deinem geistigen Auge ablaufen und visualisiere deinen Zieleinlauf. Was wirst du dabei empfinden? Diese Visualisierung ist also eine „geistige Projektion“.
Als ich gestern morgen meine tägliche Runde lief, überholte ich eine größere Gruppe von Läufern. Diese waren einheitlich mit einem neongrünen T-Shirt mit der Aufschrift „Runners-Club“ gekleidet (ich wusste gar nicht, dass es diese Gruppe in unserer Stadt gibt). Sie waren in einem Tempo von geschätzt gut 6 min/km unterwegs. Dabei wurde auch mehr gequatscht als gelaufen. Eine solche Gemeinschaft ist natürlich sehr hilfreich für diejenigen, die sich ohne ernsthafte Ziele einfach nur fit halten oder abnehmen möchten. Auf den ersten Blick liefen in dieser Gruppe aber auch 2-3 Läufer und Läuferinnen mit, die schlank waren und einen guten flüssigen Laufstil hatten. Sie waren schlicht unterfordert. Sie wären mit der Gruppe besser im Anschluss einen Kaffee trinken gegangen als mit Ihnen zu laufen.
Was will ich damit sagen will? Wenn du hohe Ziele hast, dann löse dich von ungünstigen Einflüssen die deinem Ziel im Wege stehen. Gehe deinen eigenen Weg. Der Lauftreff zu dem du zwei mal pro Woche gehst, kann dich auch ausbremsen. Schaue genau hin. Wenn du dort äußerst, mal unter 3 h laufen zu wollen und Kopfschütteln oder Kommentare wie „das ist nur was für Profis“ erntest, dann solltest du ins Grübeln kommen. Es wird gern und oft vor hartem Training und hohem Puls gewarnt. Bei mehr als 3 Einheiten pro Woche wird dir das schreckliche Übertraining, von dem man mal in einer Laufzeitschrift gelesen hat, prophezeit. Keiner der dort läuft war je in seinem Leben auch nur einmal im Übertraining, weiß aber ganz genau Bescheid.
Trainiere konsequent und verfolge hartnäckig dein Ziel. Glaube daran! „Es ist möglich!“ Wenn du einen Trainingsplan hast, dann ziehe diesen durch. Bleibe längere Zeit bei diesem Plan und suche nicht ständig verzweifelt nach der „Wundereinheit“.
Visualisiere dein Ziel. Du wirst es erreichen. Wie du den nötigen „Biss“ entwickeln kannst, schauen wir uns nächste Woche an.