Weiter unten kannst du im heutigen Newsletter einen Artikel von Ulli Strunz mit dem Titel "Ein Grundprinzip" nachlesen. Dort beschäftigt sich der Autor mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber und beschreibt dort Hochleistungssportler wie einen Ironman Sieger, den Tennisspieler Roger Federer und den Giro d´Italia-Sieger Gianni Bugno.
Hier ein paar Zeilen aus diesem Artikel: "Routinemäßig bestimme ich bei jedem meiner Patienten das wohl häufigste Virus, das Epstein Barr Virus. Das Pfeiffersche Drüsenfieber. Mononukleose. Befällt angeblich bis zu 98% von uns. Glaube ich. Unser Körper wehrt sich dagegen. Die Abwehrtiter im Blut (drei Zahlen) steigen an. Hoch. Und nach 2-4 Wochen ist der Spuk vorbei. Die Zahlen, die Titer fallen wieder ab. Ein kleiner Rest kann dann zeitlebens bleiben. Macht nix. Stimmt.
Nur: Wenn Sie zu mir kommen und über Müdigkeit, Leistungsschwäche, Muskelschmerzen bis hin zur Depression klagen, haben Sie regelmäßig hohe Titer. Als ob Sie eine frische Infektion hätten - die Sie schon lange nicht mehr haben. Hohe Titer heißt: Ihr Immunsystem ist unablässig beschäftigt. Das macht ja zunächst nix. Dafür ist es ja da. Nur, so formuliere ich Ihnen gegenüber: Die hier verbrauchte Energie fehlt Ihnen wo anders. Sie werden müde, Sie werden Infekt anfällig.
Typischer Befund beim Leistungssportler. Gewinnt den Ironman in Roth, und jammert 4 Wochen später: Ich kann nicht einmal mehr 50 Meter joggen. Muss ich glauben. Typischer Befund bei Roger Federer im Olympiajahr: Hat er fürchterlich versagt. Hat bei der French Open schon im ersten Satz mit 0:6 verloren. Als Weltmeister! Typischer Befund bei Gianni Bugno. Gewinnt den Giro d' Italia 2004, um im nächsten Jahr fürchterlich zu versagen. Und in den Folgejahren.
Heißt also: Wenn Sie nicht aufpassen, können Sie den Beruf "Leistungssportler" an den Nagel hängen. Für eine sitzende Angestelltentätigkeit mag's ja noch reichen...Und was heißt aufpassen? Ja, du meine Güte: Bringen Sie Ihr Immunsystem eben möglichst schnell in die Höhe. Damit es mit dem "Restvirus" möglichst schnell fertig wird und die Sache abgehakt werden kann."
Es mag sich eventuell diesen Zeilen nach einprägen, dass diese Krankheit hauptsächlich Berufsleistungssportler betrifft. Dass dies nicht so ist, möchte ich dir im nachfolgenden Text klarmachen, damit du diesen Fluch erkennst, wenn er dich belegt.
Das Pfeiffersche Drüsenfieber hat viele Namen: Epstein Barr Virus, Mononukleose, Trainingslagerkrankheit und auch Kusskrankheit. Hinter allem steckt die Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus.
Und von diesem Virus kann ich ein langes Lied singen. Erstmals machte ich Bekanntschaft mit ihm durch eine Erkrankung eines höchstbegabten Athleten aus unserer Mannschaft. Der kam als Siebzehnjähriger zu uns, weil ein Schulkamerad schon hier in der LG Seesen trainierte. "Der ist schnell, er will aber nur Mittelstrecken laufen", berichtete dieser.
So ließ ich ihn zum Test erst einmal 400 m laufen. Resultat: 52 Sekunden und dies aus der kalten Hose, das war schon eine Hausnummer. Wie auch immer, dieser Läufer mit dem Namen Christoph, begann bei uns zu trainieren und war innerhalb von zwei Monaten über die 800 m bei 1:56 min. Wohl gemerkt, als Jugendlicher.
Nur leider hatte er einen großen Eigensinn und wollte nur schnell laufen, aber niemals Ausdauerläufe trainieren. So oft ich auch intervenierte, er wollte nicht einmal 5 km Dauerlauf absolvieren. Das ging ein Vierteljahr gut und plötzlich wurde er krank.
Aber wie! Über 41° Fieber, konnte absolut nichts mehr essen und magerte schrecklich ab. Dabei war er schon vorher nur Haut und Knochen. Diagnose: Pfeiffersches Drüsenfieber. Er erholte sich nur langsam und als er wieder sein altes Gewicht hatte, versuchte er auch wieder zu trainieren. Das war aber nicht mehr möglich, zahlreiche Versuche musste er abbrechen und so war seine kurze Karriere ganz schnell beendet.
Mehrere unserer Athleten wurden danach untersucht, weil sich ähnliche, aber nicht so schwere Krankheitsverläufe in der Vergangenheit bei Ihnen gezeigt hatten. Und es stellte sich heraus, dass eine Anzahl von Läufern den Epstein-Barr-Virus noch im Blut trugen, aber keine Leistungseinschränkungen hatten. Dazu gehörte auch der Schreiber dieser Zeilen.
Aber es dauerte nicht lange, da erkrankte ein weiteres junges Lauftalent aus unserem Team. J. B. gab auch zu großer Hoffnung Anlass, lief er doch mit 18 über die 5000 m schon um die 14:30 Minuten. Auch er erkrankte plötzlich am Pfeifferschen Drüsenfieber.
Als er dann versuchte wieder in das Training einzusteigen, gelang dies nur sehr schwerlich und er musste dieses immer wieder abbrechen, weil er nicht die Kraft hatte auch nur 10 km im extensiven Dauerlauf durchzustehen. Ständig hatte er nächtliche Schweißausbrüche und Fieberschübe.
Er versuchte es mehrfach und über Jahre. Irgendwann hatte er die Nase voll und gab das Laufen auf. Er suchte sich mit dem Fotografieren ein neues Hobby und ist heute ein gefragter Fotobuchautor. Ich glaube, er hat schon 13 Fotobücher geschrieben und arbeitet heute hauptberuflich als Fotograf.
Die Geschichten gehen weiter: Ende der Neunzigerjahre weilten wir zu einem Trainingsurlaub in der Türkei. Eine junge Teilnehmerin und ein junger Läufer verliebten sich offensichtlich ineinander. In der Flirtphase erkrankte die junge Dame heftig und wir älteren beschworen nun die männlichen Teil des Paares nicht zu intim mit seiner Partnerin zu werden.
Leider nahm er den Ratschlag nicht an und es kam so wie es kommen musste: Er erkrankte ganz erheblich mit hohem Fieber und musste so den Trainingsurlaub abbrechen. Bei diesen beiden wurde nicht explizit ein Pfeiffersches Drüsenfieber gefunden, weil auch nicht danach untersucht wurde. Dieser Vorfall lag vor unseren Erfahrungen mit dieser Infektionskrankheit.
Es wurde spontan auf Grippe getippt. Im Nachhinein konnte man aber aus dem Krankenverlauf erkennen, dass es sich auch hier wohl um eine Infektion mit dem Epstein Bar Virus handeln müsste. Die Symptome hohes Fieber, lange Dauer der Erkrankung über drei Monate und ein späterer Leistungseinbruch deuteten eindeutig auf diese Virusinfektion hin. Auch dieser Athlet kam niemals wieder danach auf seine vorherigen Leistungen.
Bei einem anderen Trainingsurlaub im damaligen Jugoslawien hatten wir mehr als 30 Jugendliche Leichtathleten aus unserem Club mit dabei. Fast alle waren zwischen 16 und 20 Jahre alt. Auch dort erkrankten plötzlich mehrere von dieser Gruppe und auch da hatten wir alle die Idee von einer Grippewelle.
Da aber Symptome auch nach der Rückkehr nach Deutschland immer noch weiter da waren und wiederum ein Erkrankter seine Laufkarriere aufgab, kann ich heute abermals rückschließen auf das Pfeiffersche Drüsenfieber. Aus diesem Grund nennt man es auch das Trainingslager-Fieber, denn die jungen Leute im Trainingslager freigelassen von der Aufsicht der Eltern, legten so die eine oder andere Schmuseeinheit miteinander ein.
Diese ganzen Geschichten schreibe ich nur, um zu warnen wie infektiös dieses Fieber sein kann. In einem weiteren Trainingsurlaub in Tunesien kam es auch zu einer Erkrankung bei einem Läufer, die andauerte. Da wir eine Wüstentour machten und dort die hygienischen Verhältnisse nicht immer die besten waren, hatten wir Angst, dass es etwa Cholera sein könnte.
Bis dahin nahmen wir immer Wasserflaschen in die uns begleiteten Geländewagen mit und jeder trank aus irgendeiner Flasche, die gerade zu greifen war. Das wurde dann unterbunden und jeder trank nur aus den Flaschen, die mit seinem Namen versehen waren. Und das machen wir noch heute so, jede Trinkflasche wird gekennzeichnet für eine bestimmte Person. Auch bei diesem Läufer, der in Tunesien erkrankte, wurde das Epstein-Barr-Virus mit einem hohen Titer später gefunden.
Ganz tragisch war auch die Erkrankung an Pfeifferschen Drüsenfieber des Doppel-Olympiasiegers über 1500 m und Weltrekordler über 800 m Sebastian Coe. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere erwischte ihn diese Infektion und er musste lange aussetzen, versuchte dann über einen längeren Zeitraum wieder an alte Leistungen anzuknüpfen, was aber nicht gelang. Seine Laufkarriere war damit beendet.
Indem ich hier diese Zeilen schreibe, kommen mir immer mehr von diesen Personen mit dieser Erkrankung in den Sinn, aber ich glaube es reicht, um dir diese Gefahren einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus klarzumachen.
Diese Gefahr potenziert sich in Trainingsurlauben, bzw. Trainingslagern. Dort wird der Körper grundsätzlich für zwei Wochen bis drei Wochen überlastet. Das ist auch so gewollt, weil es zwei Wochen nach dem Trainingszeitraum dann zu einer Superkompensation der Leistung kommt.
Die Gefahr besteht aber immer, dass es in dieser Zeit zu einer Infektion kommt, weil das Immunsystem durch das harte Training geschwächt wird. Das Gleiche passiert speziell nach Marathon- und Ultraläufen. Auch dort kommt es zu einer Schwächung des Immunsystems. Jeder Einzelne Aktive wird anfällig gegen eine Infektion und natürlich auch dann speziell dem Pfeifferschen Drüsenfieber.
Darum kann ich nur warnen, in solchen Situationen reicht schon leichter Körperkontakt, wie Küssen auf die Wange und auch schon einfache Umarmungen, um den Virus weiterzugeben. Darum sollte man mindestens 12 Stunden nach Ende der langen Ausdauerbelastung solche Kontakte unterbinden. Dann ist die größte Gefahr einer Virusinfektion vorbei, wenn auch nicht vollständig gebannt.
Wenn ich nun einmal gemein sein soll, dann rate ich dir daran zu denken, dass ein einziger Kuss und auch die dazugehörigen eventuellen Nachfolgehandlungen deine Laufkarriere beenden könnten. Leider!