In den letzten Tagen dieses Augusts 2017 erreichte mich die Bitte einen Joker (zielgesetzte Trainingsperiode) auf den Frankfurt Marathon zu setzen. Dieser Mann wollte seinen 2. Marathon laufen. Sein Ziel sollte eine 4:10 h sein.
Der Witz bei ihm war aber, dass er 47 Minuten über zehn Kilometer laufen konnte. Wenn man diese Zeit umgerechnet, indem man die zehn Kilometer Zeit mal 4,7 multipliziert, dann resultierten daraus etwa eine 3:50 h.
Wir mailten deine hin und her, aber ich konnte ihn nicht überzeugen, wenigsten zu versuchen unter vier Stunden zu laufen. Er könne nur eine 4:10 h laufen. Gleichzeitig wollte er aber in einigen wenigen Jahren unter 3:30 h laufen.
Sein Argument war, dass er im Training keine zehn Kilometer im Marathon-Renntempo laufen zu können. So wie ich ihn auch bearbeitete, er glaubte nicht daran, dass er dieses Tempo laufen könne.
Diese Idee kommt oft bei einzeltrainierende Läufer und Läuferinnen. So kommt es dann dazu, das die Betroffenden sich im Training nicht mit anderen auseinandersetzten können. D.h. aber auch, dass sich kein gesteigertes Selbstbewusstsein entwickeln kann.
Wir alle haben ja schon einmal versucht ein Wettkampftempo im Training laufen zu können. Und wenn du das nicht schaffst, dann bist du so demotiviert, wie es kaum schlimmer sein kann. Es hilft aber jeder Kampf gegen den Trainingspartner.
Darum rate ich dir - falls du es noch nicht machst - mit anderen oder zum mindesten einem Menschen zu trainieren. Du wirst immer sicherer in Hinsicht auf deine Möglichkeiten.
Es gibt aber dennoch Personen, die einfach nicht daran glauben, dass es möglich ist in Abschnitten mehr als dreimal zehn Kilometer im Renntempo laufen zu können. Um das zu üben, haben wir in unseren Plänen aber auch die 35 bzw. auch 40 Kilometer mit einer Endbeschleunigung.
Auch dieses Trainingselement erzeugt Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Wenn du einmal deinen Trainingspartner oder -partnerin innerhalb dieser Endbeschleunigung geschlagen hast, dann kommst du immer näher an den Glauben eine hoch qualifizierte Zeit zu laufen.
Auch die Wissenschaft beschäftigt sich jetzt schon mit diesem Tempounterschied im Training und dem Wettkampf. Die Zeitschrift Runners World hat in ?Alex Hutchinsons Lauflabor? einen Artikel veröffentlicht mit dem Titel: ?Warum läuft man im Wettkampf schneller als im Training??
Es gibt nichts demotivierendes als zu versuchen, sein angestrebtes Wettkampftempo im Training zu laufen. Persönlich habe ich es selten geschafft auch nur die Hälfte meiner Laufdistanz im Wettkampftempo zu laufen; und bei den seltenen Anlässen, bei denen ich so etwas versuchte, fragte ich mich immer: ?Wie um Gottes willen soll ich doppelt so weit und gleichzeitig noch schneller im Wettkampf laufen?
Nachfolgend einige Auszüge aus diesem Text:
"Phänomen des Wettkampftempos nun wissenschaftlich belegt
Eine Studie, die kürzlich beim jährlichen Kongress des European College of Sports-Science in Wien vorgestellt wurde, bietet einige interessante Einblicke. Marco Konings und seine Kollegen von der University of Essex untersuchten die Auswirkungen des Wettbewerbs auf die verschiedenen Arten von Müdigkeit, die sich im Gehirn und in den Muskeln zeigen.
Marco Konings und seine Kollegen untersuchten die Auswirkungen des Wettbewerbs auf die verschiedenen Arten von Müdigkeit, die sich im Gehirn und in den Muskeln zeigen.
Die Studie umfasste Radfahrer, die jeweils zwei 4 Kilometer lange Zeittests, einmal alleine und einmal gegen einen virtuellen Gegner (in zufälliger Reihenfolge) durchliefen. Es überrascht nicht, dass sie in der Lage waren, schneller zu fahren, als sie gegen den virtuellen Konkurrenten antraten (6:22,2 Minuten im Durchschnitt, im Vergleich zu 6:33,6 Minuten).
Vor und nach jedem Test, sollten die Radfahrer eine ?maximale Kontraktionsprobe? ihrer Beinmuskulatur abgeben, um dann mithilfe elektrischer Stimulation zu untersuchen, wie viel zusätzliche Kraft den Muskeln entzogen werden kann.
Das erlaubte den Forschern, die ?periphere" Müdigkeit (wie viel schwächer der Muskel selbst nach dem Zeitfahren ist) und die ?zentrale" Müdigkeit (wie viel schwächer das Signal aus dem Gehirn an die Muskeln nach dem Zeitfahren ist) zu berechnen.
Die Ergebnisse zeigten, dass die zentrale Müdigkeit in beiden Fällen ungefähr gleich war (ein Rückgang um 4,9 Prozent im Wettkampf-Fahren im Vergleich zu 3,4 Prozent beim Einzel-Fahren).
Die Schlussfolgerung ist nun, dass ?das Vorhandensein eines wettbewerbsfähigen Gegners, es den Teilnehmern zu ermöglichen scheint, ein höheres Maß an physiologischer Kapazität zu nutzen", dank der ?Bereitschaft eine höhere periphere Ermüdung zu tolerieren".
Es gibt in der Tat Beweise dafür, dass hartes Training nachhaltig Metaboliten in den Muskeln erzeugt, die ein Signal zurück an das Gehirn senden, welches als Schmerz interpretiert wird. Wenn man bereit ist, diesen Schmerz ein wenig länger zu ignorieren, kann man vermutlich mehr leisten.
Die Frage, die sich mir jedoch stellt ist: Wäre es besser, den Zugang zu mehr von diesen physiologischen Reserven bereits im Training zu haben sollte man sie aufsparen bis sie im Wettkampf wirklich gebraucht werden?
Als Sportler war mein Gespür immer, dass Letzteres die richtige Wahl ist, aber ich habe auch andere Geschichten von großen Athleten gehört, die Wettkampf-Qualitäts-Leistungen im Training liefern konnten.?
Mein innerer Motivator war die Distanz und die Zeit. Auf einer Strecke eine persönliche Trainingsbestzeit zu brechen, befriedigte mich fast genauso tief wie die gleiche Zeit im Wettkampf.
Ich kann dir nur raten, zu versuchen jeden Monat einmal eine Trainingsbestzeit zu laufen. Diese kommt zwar selten, aber ist ein Goldstück in deinem Herzen.