Der Markt bietet uns Läufern inzwischen eine Vielzahl von Laufuhren, Brustgurte und Foodpods, die neben den uns vor allem interessierenden Werten wie Gesamtzeit, Zwischenzeiten, Distanz (über GPS) und ggf. noch Herzfrequenz auch die sogenannten Laufeffizienz-Werte liefern. Dabei werden über einen im Gerät integrierten Beschleunigungssensor die auftretenden Beschleunigungen des Körpers beim Laufen gemessen. Daraus werden dann Werte wie Bodenkontaktzeit, Balance der Bodenkontaktzeit, Schrittfrequenz, Schrittlänge, vertikale Bewegung, vertikales Verhältnis, Running-Power usw. berechnet.
Aber was bringen uns diese Werte? Wie sind sie zu interpretieren?
An dieser Stelle möchte ich einmal auf die Bodenkontaktzeit eingehen. Im Newsletter-Archiv findest du bereits zwei Beiträge zu diesem Thema (Teil 1 und Teil 2). Damals konnten Bodenkontaktzeiten nur mit aufwendigeren Versuchsanordnungen und Messtechniken ermittelt werden.
Die Bodenkontaktzeit ist die Zeit pro Schritt, die du beim Laufen am Boden verbringst. Heißt im Umkehrschluss, je kürzer die Zeit ist die du am Boden klebst, umso schneller bist du.
Aber lässt sich die Bodenkontaktzeit einfach so verkürzen?
In den Beschreibungen der Bodenkontaktzeit findet sich dann meist folgender Standardsatz: "Bei Eliteläufern ist die Bodenkontaktzeit besonders kurz. Oft liegt sie bei weniger als 200 ms. Fast alle erfahrenen Läufer haben eine Bodenkontaktzeit von weniger als 300 ms."
Solche Zahlen bringen uns nicht wirklich weiter. Zugegeben, Eliteläufer haben in der Regel eine leichtathletische Grundausbildung genossen und durch viel Technik- und Athletiktraining einen effektiven Laufstil entwickelt. Aber Eliteläufer laufen von Hause aus in jedem Training deutlich schneller. Schon der 2:20 h Marathonläufer ist selbst bei einem regenerativen DL nicht langsamer als 4:20 min/km unterwegs. Das ist eine Geschwindigkeit, die der 50 min Läufer nicht annähernd bei 1000 m Wiederholungsläufen erreicht. Aus vielen Untersuchungen die du einfach mit deinen Geräten überprüfen kannst, geht hervor, dass die Laufgeschwindigkeit den größten Einfluss auf die Bodenkontaktzeit hat.
Es gibt noch eine Reihe weiterer nennenswerter Einflüsse, wie zum Beispiel:
- Laufgeschwindigkeit
- Laufstil (Fersenlauf, Mittelfuß, Vorfuß)
- Schuhe (Gewicht, Dämpfung)
- Bodenbeschaffenheit (Straße, Waldboden, Bahn)
- Streckenprofil
- Körpergewicht
- Schrittfrequenz (wiederum abhängig von der Laufgeschwindigkeit)
- Schrittlänge
- Ermüdung während eines Laufes oder bei Intervallen
- „Overstriding“ (Laufstil, bei dem der Fuß vor dem Körper aufsetzt, was beim Aufsetzen zu einer Verlangsamung führt)
Alle diese Parameter haben einen mehr oder weniger großen Einfluss auf die Bodenkontaktzeit. Die Bodenkontaktzeit ist separat betrachtet nicht entscheidend änderbar. Du kannst dir ohne die Änderung eines oder mehrerer der oben genannten Parameter nicht erfolgreich vornehmen kürzer auf dem Boden zu verweilen. Ok, vornehmen kannst du es dir, es wird dir aber nicht gelingen. Hier mal eine kurze Übersicht der BKZ in Abhängigkeit der Geschwindigkeit meiner letzten Trainingsläufe:
Geschwindigkeit | BKZ |
---|---|
4:52 min/km | 270 ms |
4:50 min/km | 267 ms |
4:37 min/km | 264 ms |
4:19 min/km | 252 ms |
Natürlich kannst du nicht einfach von jetzt auf gleich dauerhaft schneller rennen, denn das ist ja das Ziel unseres Trainings und jahrelanger Arbeit. Aber du kannst z.B. etwas an deinem Körpergewicht ändern, wenn du noch nicht zu der Gruppe von Läufern gehörst, die sich im Idealbereich bewegen. Dieses Thema haben wir in letzter Zeit auch mehrfach beleuchtet.
Du könntest etwas an deinem Laufstil ändern, denn der überwiegende Teil der Läufer ist als Fersenläufer unterwegs. Es ist nachzuvollziehen das du länger am Boden haftest, wenn du von der Ferse ausgehend über den ganzen Fuß abrollst, als wenn du mit dem Mittelfuß oder gar Vorfuß aufsetzt.
Womit wir wieder mal beim Thema Barfußlaufen sind. Dazu habe ich vor 2 Wochen mal einen kleinen Versuch unternommen. Ich wollte sehen, welcher Unterschied sich zwischen dem Fersenlauf und dem Vorfußlauf ergibt.
Als Messtechnik hatte ich einen Garmin HF-Brustgurt und einen Stryd-Foodpod mit Wind Detection. Die Idee war, 2 mal 5 km unter gleichen Bedingungen auf der gleichen Strecke (Asphalt) zu laufen. Im ersten Lauf lief ich mit normalen Laufschuhen im Fersenlauf eine konstante Geschwindigkeit von 4:19 min/km (Ziel war 4:20 min/km). Aus diesem Lauf ermittelte ich eine vom Stryd-Foodpod gelieferte durchschnittlich erbrachte Power (Leistung) von 268 Watt. Die Gesamtzeit war 21:36 min.
Nach ca. 10 min Pause und einem Schuhwechsel hin zu Barfußschuhen ging es in die 2. Runde von 5 km. Diesmal komplett auf dem Vorfuß. Ziel war es, wiederum die gleiche Power (Leistung) auf die Straße zu bringen. Dazu orientierte ich mich beim Laufen ausschließlich an der Leistungsanzeige. Im Ziel lieferte mir der Foodpod wiederum eine Durchschnittsleistung von exakt 268 Watt. Ergebnis: 21:00 min (=4:12 min/km).
Wie sahen die Bodenkontaktzeiten aus? Der Foodpod lieferte mir folgende Werte:
Lauf 1 | Lauf 2 | |
---|---|---|
Bodenkontaktzeit | 252 ms | 244 ms |
Schrittfrequenz | 173 Schritte/min | 177 Schritte/min |
Schrittlänge | 1,35 m | 1,35 m |
Leistung | 268 Watt | 268 Watt |
Laufzeit | 21:36 min | 21:00 min |
Die Rechnung ist schnell gemacht. Bei 177 Schritten/min waren das in Lauf 2 insgesamt 3717 Schritte. Multipliziert man diese mit den 8 ms der geringeren Bodenkontaktzeit, dann ergibt sich eine Zeitersparnis von 30 Sekunden.
Das es in Wirklichkeit 36 Sekunden waren, kann und muss man ebenso wie die Angabe der gleichen Schrittlänge mit Rundungsfehlern bei der Berechnung begründen. Letztlich wird alles aus Beschleunigungswerten berechnet und gemittelt.
Nicht verschweigen möchte ich die doch große Differenz der Bodenkontaktzeiten die der Brustgurt bzw. der Foodpod lieferte. Der Brustgurt lieferte für Lauf 1 einen 25 ms und für Lauf 2 einen 14 ms höheren Wert. Dem direkt am Fuß befestigten Gerät schenke ich einfach mehr Glauben. Beim Brustgurt liegen zu viele dämpfende Elemente (Muskeln, Sehnen und Gelenke) zwischen Gerät und Straße.
Jetzt kannst du sagen, klar du bist ja schneller gelaufen, damit wird die Bodenkontaktzeit wie oben gezeigt sowieso kürzer. Entscheidend ist doch aber der Aufwand. Es geht darum, die zur Verfügung stehende Energie am effektivsten einzusetzen. Ich bin bei gleicher Leistung (in Watt) mit Barfußschuhen auf dem Vorfuß über 5 km ganze 36 Sekunden schneller gelaufen. Dabei verkürzte sich die Bodenkontaktzeit automatisch.
Das bedeutet: je weniger Fersenaufsatz, desto schneller. Bei höherem Tempo wandert der Körperschwerpunkt nach vorn. Der Schritt läuft primär über den Fußballen. Dies ist erforderlich, um die Wadenmuskulatur aktiver zu verwenden, bzw. um einen möglichst dynamischen, kurzen Bodenkontakt zu ermöglichen.
Natürlich gibt es auch einen Zusammenhang zwischen Bodenkontaktzeit, Schrittfrequenz und Schrittlänge. Viele Läufer und Läuferinnen machen zu große Schritte bei niedriger Frequenz. Das Bild was sich ergibt ist, dass die Ferse regelrecht in den Boden gerammt wird und den Läufer regelrecht ausbremst. Dies verbraucht viel unnötige Energie, welche sinnvollerweise für die Fortbewegung verwendet werden sollte.
Gerade jetzt in der wettkampflosen Zeit bietet sich die Gelegenheit, mal etwas neues auszuprobieren und an Defiziten zu arbeiten. So könntest du dich mit weniger gedämpften Schuhen mit geringerer oder keiner Sprengung am Mittelfußlauf oder mit Barfußschuhen am Vorfußlauf ausprobieren. Gehe es aber vorsichtig und langsam an!
Insgesamt empfehle ich dir kurz und langfristig folgende Maßnahmen:
- Mobilisierung der Gelenke (vor allem bei Schreibtischtätern z.B. die Hüftgelenke)
- Kraftaufbau in den Beinen und noch viel wichtiger, der Rumpfstablität. Mit zunehmendem Alter entscheidender als bei jungen Läufern, da die Muskeln schneller abbauen.
- Lauf-ABC! Eine großartige Möglichkeit Kraft, Koordination und Lauftechnik zu schulen. Hier kannst du z.B. auch Frequenzläufe einbauen. Hierbei erhöhst du auf der Stelle laufend die Schrittfrequenz bis zum Maximum um dann in einen kurzen Sprint von 10 m überzugehen.
- Bergläufe zum Kraftaufbau und zur Koordination.
- Analyse und Nachjustierung des Laufstils z.B. durch einen Sporttherapeuten. Anschließend können aufgedeckte Dysbalancen durch gezieltes Krafttraining ausgeglichen und Fehlhaltungen langsam abgestellt werden.
Eine nette Übung zum Trainieren eines nach hinten gerichteten, aktiven Fussabdrucks fand ich im Internet. Es ist das gute alte Roller Fahren. Mit einem Bein stehst du auf dem Trittbrett, mit dem anderen stößt du dich von der Straße ab. Um mit beiden Füssen den Abdruck üben zu können wechselst du regelmässig das Standbein.
Die regelmäßige Durchführung all dieser Übungen wird auf Dauer auch deine Laufeffizienz-Werte verbessern!