Im Greif-Club steht seit letzter Woche, wie in jedem Jahr, die Sommer-Regeneration auf dem Programm. Warum diese Regenerationsphase wichtig ist, warum sich die Form nach dem langen Winter- und Frühjahrstraining ohne Regeneration zum Herbst nicht mehr steigern lässt, wie diese Regeneration aussehen sollte, was dies mit Trainingsperiodisierung zu tun hat usw., all dies haben wir in den letzten Jahren regelmäßg und wiederkehrend im Newsletter beschrieben. Die Artikel findest du in unserem Newsletter-Archiv wenn du den Suchbegriff "Sommer-Regeneration" eingibst. Um Wiederholungen zu vermeiden, gibt es heute an dieser Stelle einen zum Thema passenden Artikel von Ralph Lössner.
Ralph Lössner (48), Autor des folgenden Newsletter-Artikels, ist seit Februar 2010 Mitglied im Greif-Club und trainiert seitdem nach den Greif-Trainingsplänen. Er war regelmäßiger Teilnehmer unserer bis 2018 stattfindenden Trainingsurlaube.
Gleich in seinem ersten Trainingsjahr erzielte er Bestzeiten auf allen Distanzen zwischen 5 km und Marathon. Im Laufe seiner Club-Mitgliedschaft steigerte er Marathon-Bestzeit insgesamt von 2:58:23 h auf 2:41:37 h (2015) und seine Halbmarathon-Bestzeit von 1:25:08 h auf 1:16:57 h (2015).
Auch in diesem Jahr 2021 konnte er schon 2 Bestzeiten verbuchen. Über die 10 km lief er im Sololauf eine 34:48 min. Gestartet war er 2010 mit einer Zeit 37:51 min. Über 15 km erreichte er während einer Endbeschleunigung beim langen Lauf von 35 km eine 54:17 min.
Kennst Du eigentlich auch diese Sorte Mensch, die das berühmte "gesunde Maß"" immer genau dort festlegt, wo sich IHR individuelles Maß befindet? Jeder, der langsamer läuft ist eine Schlaffsocke. Jeder, der schneller ist, ein gnadenloser Selbstzerstörer. Und das geht durch alles Lebensbereiche. Es wird hübsch aufgeteilt in zu viel (Trainingsfleiß, berufliche Ambitionen, Alkoholkonsum, Ernährungsbewusstsein…) und zu wenig. Und genau auf dem Punkt des rechten Maßes befindet sich dieser Mensch. Nenne es Akzeptanzallergie oder fehlendes Koordinatensystem.
Ich kenne jedoch auch Exemplare, bei denen ich (je nach Jahreszeit) der "Zu-Viel-Mensch" und "Zu-Wenig-Mensch" in einer Person bin. Beim Austausch über eine Trainingseinheit aus meinem Greif-Trainingsplan im März wurde mir entgegnet, es sei viel zu hart und übertrieben, was da verlangt würde. Nur, dass dieselbe Person mit Dezember noch mitgeteilt hat, die Tempoläufe im Plan seien zu luschig. Das würde auch viel schneller gehen. Ich führte aus, dass in den nächsten Wochen noch mehrere Steigerungen im Tempo auf mich warten und ich rechnete aus, wie schnell er seine Tempostücke dann im März/April laufen müsse, wenn er jetzt in dem von ihm angeschlagenen Tempo läuft. Das machte auf ihn wenig Eindruck. Ich verinnerlichte den bekannten Ratschlag von Peter Greif, der zu solchen Situationen stets empfahl: "…dann lächelst Du höflich und setzt Dein Training fort."
Was will ich Dir damit sagen? Dass die Periodisierung des Trainings etwas ist, was auch heute noch vielen Läufern suspekt ist. "Ist doch nur was für Profis." Und wer Peter Greif kannte, der wusste genau, dass er an diesem Punkt, zumindest zu Beginn seiner Trainerkarriere, einen Wutausbruch bekam. Er sah es nicht ein, dass den Hobbyläufern, die sich gerne weiterentwickeln wollten, ein vernünftiger Trainingsaufbau verwehrt bleiben sollte. Das war seine Idee und die wird auch heute noch in seinem Sinne bei den Greifplänen fortgesetzt.
Dass man sich (gerade heutzutage) wenig Freunde macht, wenn man es sich herausnimmt, bei seinem Hobby einen gewissen Ehrgeiz an den Tag zu legen, ist mir bekannt. Da passt es natürlich ganz hervorragend ins Konzept, wenn man einzelne Trainingseinheiten herauspickt und dann das gesamte Training als "verrückt" im Sinne von "übertrieben hart" erklärt. Was allerdings über einen langen Zeitraum dazu geführt hat, dass man diese Trainingseinheiten leisten kann und wie behutsam solch ein Aufbau vonstattengeht, wissen die wenigsten. Und schon gar nicht die berühmten "2-Minuten-Eier" (O-Zitat Peter Greif). Und sie wissen auch nicht, wie sich das anfühlt, wenn man im Dezember für einen intensiven Dauerlauf in einem Tempo arbeiten muss, welches man einige Wochen später bei einem Tempowechsellauf als langsamen Abschnitt einbaut.
Als es im Februar tatsächlich etwas Schnee und Eis gab (in meiner Region eher selten), da wurde ich auf der Suche nach einer geeigneten Tempostrecke fündig in Form eines passabel geräumten Radweges entlang einer Landstraße. Ich absolvierte dort ein abenteuerliches 1.000er Programm (mit Schlittereinlagen) und schwor mir, als "Revival" diese Strecke in der schönen Jahreszeit nochmal aufzusuchen. So geschehen letzten Sonntag. Was war anders? Ich war dort mit kurzer Hose, der Radweg war teilweise zugewachsen, es duftete, es standen dort Holzhütten mit Erdbeerverkauf, die ganzen Radfahrer, meine Hände waren nicht steif vor Kälte, als ich mir die Schuhe enger schnürte… Aber vor allem: Als ich auf das Tempo am Ende der Abschnitte schaute, legte sich ein Grinsen auf mein Gesicht. Periodisierung fühlt sich deshalb so genial an, weil sie Dir zeigt, dass Du nicht auf der Stelle trittst. Warum sollte alles um Dich herum schöner blühen als im Februar nur Du nicht?
Die Greifmitglieder müssen sich den Sommer über keine Gedanken machen, wie sie die Regenerationsphase verbringen. Solltest Du keine Greiftrainingspläne erhalten, dann findest Du im umfangreichen Greif-Newsletter-Archiv zahlreiche wertvolle (aber kostenlose) Hinweise und Ausführungen zur Sommerregeneration und zur Periodisierung. Allerdings ist Vorsicht geraten. Da ich nicht weiß, wie Dein bisheriges Laufjahr sich entwickelte, ist ein pauschaler Ratschlag nicht sinnvoll. Es macht einen riesigen Unterschied, ob Du bis kurz vor der verdienten Sommerregeneration auf höchstem Niveau trainiert hast, oder ob Dein Leistungsstand seit längerem etwas "eincoronisiert" ist.
Eines aber kann ich Dir in jedem Fall raten. Sinnvoll ist es definitiv, sich für den Herbst einen festen Zeitraum zu wählen, in dem man in der besten Form sein will. Bei den Greifplänen gibt man dem Trainer hierfür einen sogenannten "Jokertermin" vor. Erst in den unmittelbaren Wochen vor diesem Termin sollte das Training auf dem Höhepunkt sein. Vorher werden die Grundlagen dafür geschaffen, dass man überhaupt so intensiv trainieren kann. Was eigentlich "viel zu hart" ist. ;-).
Vielleicht lässt Du Dich mal darauf ein. Immer das gleiche tun, kannst Du immer noch, wenn es Dir denn besser gefällt. Also warum nicht mal anGreifen?
So der so! Genieße den Sommer! Maßlos!!!