Am vergangenen Wochenende weilte ich anlässlich des 3-Länder-Marathons in Lindau am Bodensee. Eine erstklassige Veranstaltung, sicher eine der schönsten Marathonstrecken Deutschlands, perfekt organisiert von Rennsportdirektor Michael Brigaldino und endlich auch einmal das Wetter, welches die Veranstaltung verdient hat. Und da kommen wir zum Punkt, das bekannte milde Bodenseeklima zeigte sich von seiner besten Seite, am Ziel in Bregenz waren es um 14:30 Uhr 25 Grad. Die Sonne meinte es wirklich gut.
Ich war unterwegs auf der Strecke, um eine Läuferin zu betreuen. Die ungewohnte Hitze forderte natürlich auch ihre Opfer, aber insgesamt hielt sich die Anzahl der in das Wandertempo verfallenden Marathoner(innen) in erträglichen Grenzen. Von hinten kommend, etwa bei km 31 und langsamer laufend als das Feld, fiel mir bei den körperlich und seelisch verfallenden Aktiven etwas auf. Irgendetwas haben diese Leute gemeinsam, überlegte ich, aber was bloß? Natürlich sie gehen! Nein, das war es, da ist noch etwas anderes. Plötzlich kam die Erkenntnis: Das sind ja alles dunkle Gestalten!
Und tatsächlich, ich überhole wieder jemanden, der steht und an einem Gel lutscht. Schwarze Hose, schwarzes Singlet, schwarze Mütze. "Mensch, nimm doch die schwarze Mütze ab bei dieser Sonne, die wird doch viel zu heiß!", rufe ich. Der Läufer antwortet; "Ich halte sie naß!" Er nimmt wieder Tempo auf und überholt mich. Einen Kilometer weiter gibt er auf und geht, die schwarze Mütze immer noch auf dem Kopf.
Nun ist meine Aufmerksamkeit geschärft, gibt es einen Zusammenhang bei diesen Wetterbedingungen zwischen dunkler Laufbekleidung und Marathonabbruch? Jeden dahin Schleichenden überprüfe ich bis zum Ziel hin. Und tatsächlich nicht ein Einziger der Aufgeber hat wirklich vollständig helle "Klamotten" an.
Das lässt nur den Schluss zu, dass eine dunkle bis schwarze Bekleidung bei starker Sonneneinstrahlung dazu führt, dass es zu einem frühzeitigen Leistungseinbruch kommt.
Natürlich ist diese Tatsache schon lange bekannt, denn allein schon eine schwarze Mütze verhindert die Infrarot-Abstrahlung von Wärme und wandelt gleichzeitig die von der Sonne gesandten Strahlen auf dem Kopf in Wärme um. Die Folge ist, dass der Körper überhitzt wird und die Regelkreise des Organismus greifen. Um sich vor Überhitzung zu schützen, wird sinnbildlich der Leistungshahn so weit zugedreht, dass die von den Muskeln produzierte Wärme noch entfernt werden kann.
Am Kopf wird ein Drittel der gesamten Körperwärme abgeführt, darum ist die schwarze wärmende Mütze bei warmen Bedingungen und Sonneneinstrahlung so schädlich und bei Kälte so nützlich. Unter einer dunklen Mütze ist es um mehr als 10 Grad wärmer als unter einer weißen. Weiß reflektiert die Sonneneinstrahlung und schützt vor Überhitzung. Natürlich gilt das auch für die gesamte andere Rennbekleidung in Wettkämpfen unter Wärme- und Sonnenbedingungen, dunkle Bekleidung schränkt die Leistung ein.
In den frühen Jahren meiner Laufkarriere kämpften wir bei jeder Meisterschaft gegen eine Club-Mannschaft, deren Läufer sehr dunkle Trikots trugen. Da wir schon immer weiße Trikots anhatten, freuten wir uns bei Hitzebedingungen schon vorher: "Heute laufen wir sie platt!" Was sich meist auch tatsächlich zutrug.
Ich kann Ihnen nur raten: Wenn Sie in ein Hitzerennen gehen, tragen Sie ein möglichst helles T-Shirt oder Singlet und versuchen Sie möglichst auch eine helle Renn-Short anzuziehen. Die so genannten Kurz-Tights sind bei den beschriebenen Bedingungen auch kontraproduktiv, sie lassen keine Belüftung des Unterkörpers zu. Wenn Sie eine Mütze tragen müssen, dann unbedingt eine weiße oder helle.
Ich glaube, dass die mangelnde Eignung von dunkler Bekleidung bei Hitzebedingungen auch den meisten von uns bekannt ist. Aber im Rennen hat man dann nur die schicke dunkle Kluft dabei und dann muss man sie halt auch anziehen. Schlimmer ist natürlich die Fremdsteuerung von der nicht laufenden Partnerin oder Ehefrau. Eine Szene an unserem Messestand in Lindau: Ein Läufer probiert eine schwarze Mütze aus, die Ehefrau schaut zu. Ich rate: "Nimm lieber eine weiße, morgen wird es heiß." Der Läufer setzt die weiße Mütze auf und schaut seine Frau an, die schüttelt den Kopf und er kauft die schwarze.
Woher kommt die Liebe zu dunkler bis schwarzer Bekleidung? Dunkelblau und schwarz gilt als seriös und: "Schwarz passt zu allem." Natürlich trage auch ich ab und zu schwarz, aber bei Hitze und Sonnenschein haben mich auch die sinnbildlichen drei Pferde noch nie in eine schwarze Kluft bekommen.
Ich empfehle Ihnen, legen Sie sich eine helles bis weißes Rennset zu, dass nächste Hitzerennen kommt bestimmt. Weiß macht in der Sonne schnell, verhindert den Schleifgang ab km 30, wirkt gegen Schmerzen auf den letzten Kilometern und hilft Holger Meier ordentlich eins auszuwischen.