Kennst du den Traum eines jeden Läufers oder Läuferin? Es ist der Traum vom ewigen Aufstieg der Wettkampf- und dazugehörig der Trainingszeiten. Nichts hat so ein Mensch lieber als das ganze Jahr über seine Leistung zu entwickeln. Dazu soll der Trainer auch den Trainingsplan so gestalten, dass niemals eine Einheit, aus zum Beispiel des Vormonats, langsamer ist als die des Folgemonats.
Er oder sie möchte ständig in Form sein und möglichst das ganze Jahr über Bestzeiten laufen zu können. Wenn man dann nachfragt, dann bekommt man meist die Antwort: "Ich will möglichst überall gut laufen!" Was so viel heißen soll, dass dieser Mensch praktisch dass ganze Jahr in Hochform sein möchte.
Meine Antwort, dass so etwas gar nicht möglich ist, stößt auf Widerstand. Manche von mir Betreute werden dann sogar richtig tückisch: „Das stimmt ja gar nicht, im letzten Jahr hat das sehr gut bei mir geklappt“. Und es bedarf einer längeren Diskussion diese Angelegenheiten zu klären.
Natürlich ist es möglich anders zu verfahren, aber wir sind in der Regel gezwungen dann zu laufen, wenn die entsprechenden Wettkämpfe auch angeboten werden. Natürlich gibt es auch Marathonläufe im Juli, aber persönliche Rekorde wird man in dieser Zeit wohl kaum laufen können.
So müssen wir uns nach der Decke strecken: Einen Formhöhepunkt im April/Mai und einen im September und Oktober. Rundherum kann man dann die gewünschten Wettkämpfe einbauen. Wie in etwa eine Periodisierung im Jahresverlauf aussieht, siehst du auf Bild Nummer eins:
Bild 1
Rund um die Monate April und Mai, sowie September Oktober ist es möglich persönliche Rekorde zu laufen. Sechs Wochen vorher und nachher gibt es einen Zeitraum, in dem man auch mit Bestzeiten rechnen kann. Danach gibt es jeweils einen Regenerationszeitraum und im Winter eine lange Aufbauphase.
Ich habe schon einmal darüber geschrieben was passiert, wenn man versucht dauerhaft sein Tempo zu steigern. Ein Greif Club Mitglied erlebt im Winter, dass sein Tempo im Plan immer schneller wird. Das geht solange, bis sein höchstmögliches individuelles Trainingstempo erreicht ist.
Dies wird zu einem gewissen Zeitpunkt im Frühjahr erreicht. Dann schreibe ich den Beziehern von Greif-Club-Trainingsplänen so etwa: "Laufe jetzt auf keinen Fall mehr schneller als im Plan angegeben. Du bist jetzt in Hochform, wenn du weiter am Gashebel drehst, dann kippt deine Form!"
Und das wollen Einige nun partout nicht einsehen. "Ich bin aber doch so fit wie nie und meine Tempoläufe sind auch so schnell wie niemals vorher. Jetzt habe ich den Durchbruch erzielt. Ich verstehe nicht, warum ich jetzt damit aufhören soll zu versuchen schneller zu laufen."
Ja, das ist wirklich schwer zu verstehen. Das habe ich am Anfang meiner Karriere auch nicht verstanden. Ich bin so lange immer schneller gerannt, bis ich ausgepowert sinnbildlich am Boden lag. Jahre habe ich dazu gebraucht, dass es nicht immer aufwärts gehen kann mit der Trainingsbelastung.
So etwas erkennt der Organismus als Dauerstress und es kommt zu einem Leistungseinbruch oder bei dem Versuch diesen durch noch härteres Training entgegen zu treten, zu einem völligen Leistungszusammenbruch.
Und weil ich weiß, dass Menschen Ratschläge erst annehmen, wenn sie schon einmal die praktischen Erfahrungen damit gemacht haben. Das ist so wie mit dem Kind, welches den Herd erst dann nicht mehr anfasst, wenn es sich schon einmal die Finger verbrannt hat.
Leider aber ist die Erfahrung eines schleichenden Formrückgangs nicht so schmerzhaft, wie die verbrannten Finger. Mäßige Trainingsergebnisse werden als nur temporär erkannt: “Na, morgen wird es wieder besser gehen.“ Und weil es heute nicht so richtig lief, wird morgen noch mehr Druck gegeben und gehofft, dass sich dann die erwünschte Leistung einstellt.
Ich habe in früheren Jahren schon einmal bei den Greif Club Trainingsplänen versucht in den kritischen Monaten Juni und Oktober das Trainingstempo zu reduzieren. Es hat fast einen Volksaufstand gegeben. Seitdem setze ich den Umfang herab und empfehle in diesen Monaten möglichst auf einen Halbmarathon hin zu trainieren. Dazu wird der Umfang deutlich herab gesetzt.
Ich werde es in diesem Juni einmal probieren das Trainingstempo etwas runter zu setzen. Denn ich las gerade letzthin einen Artikel eines englischen Trainers, der sich genau mit dem gleichen Thema beschäftigte. Er schrieb, dass man die Läuferinnen und Läufer überzeugen muss, nicht mehr in den anaeroben Bereich hinein zu laufen.
Schon jetzt bin ich davon überzeugt, dass die ganze Sache nicht klappt, weil die "Tempokeuler" immer "Keuler" bleiben, war ja schließlich einmal selber einer.
Und so werde ich mir die Finger wundschreiben müssen, um diese Maßnahme zu erklären. Hoffentlich spuckt mich niemand an oder bedroht mich mit Prügel. Obwohl mir doch einige aus der Szene schon seit Jahren eine richtige Tracht gönnen würden.