Die Greif-Club-Mitglieder kennen sich aus. Sollten sie jedenfalls. Vermutlich sind wir die einzigen, die das IMT (inspiratorisches Muskeltraining), d.h. das Training der Einatmungsmuskulatur im Trainingsplan stehen haben. Ich bin mir allerdings sicher, dass viele Mitglieder diesen Trainingsplan-Punkt gern überlesen und dieses ergänzende Training nicht durchführen. Leider, wie eine brandneue Studie aus 2021 beweist. Diese lässt den Schluss zu, dass viel mehr Läuferinnen und Läufer dieses Training in Betracht ziehen und es ihrer Trainingsroutine (wie Dehnung, Athletik, usw.) hinzuzufügen sollten. Bei regelmäßiger Nutzung lässt sich eine deutliche Leistungssteigerung erzielen.
Nochmal zur Begrifflichkeit. Es geht um deine Atemmuskulatur, speziell um die inspiratorischen Muskeln. Dies sind die Muskeln, die für die Einatmung und damit letztlich für die Sauerstoffaufnahme zuständig sind. IMT ist das inspiratorische Muskeltraining, welches diese Einatmungsmuskulatur trainiert. Dazu verwendet man einen Atemtrainer um gegen einen Widerstand einzuatmen.
Wie wichtig sind die inspiratorischen Muskeln für die Trainings- und Wettkampfleistung? Wir haben an dieser Stelle schon einige Male über das Atemtraining geschrieben. Bis Anfang der 2000er Jahre war das konventionelle Denken vorherrschend, dass es keine Atemwegseinschränkung für die Ausdauerleistung gibt, da die maximale Sauerstoffaufnahme theoretisch nicht durch den Transfer von Sauerstoff über die Lunge begrenzt ist, sondern durch die Fähigkeit, ihn durch den Körper und die Muskeln zu transportieren, um ihn zu nutzen. Welchen möglichen Vorteil könnte es in diesem Fall haben, die Leistungsfähigkeit der Atemmuskeln zu erhöhen? Darüber hinaus galten die Atemmuskeln aufgrund ihrer kontinuierlichen Aktivität während des gesamten Lebens als immun gegen Müdigkeit.
Die Atemmuskulatur ist wichtig
In einer Reihe von Experimenten stellten Wissenschaftler der "University of Wisconsin“ jedoch fest, dass die inspiratorischen Muskeln, wenn sie ermüdenden Belastung ausgesetzt sind (Atmen gegen einen zusätzlichen äußere Widerstand), einen Reflex zur Vasokonstriktion (Verengung der Blutgefäße) an die Gliedmaßen hervorrufen. Das bedeutet im Klartext, dass die inspiratorischen Muskeln dem Herz-Kreislauf-System signalisieren, dass sie Blut von den arbeitenden Gliedmaßen ableiten, wenn sie selbst einer Ermüdung ausgesetzt werden.
Weitere Forschungen zeigten, dass, wenn die Arbeit der Atmung während sehr intensiver sportlicher Ausdauerbelastung manipuliert wird (Atmung durch ein Beatmungsgerät), sich auch der Grad der Ermüdung der Beine ändert. Wird die inspiratorische Muskelarbeit erhöht, dann wird die Ermüdung der Beine erhöht. Mit anderen Worten bedeutet die, dass das Gehirn die Sauerstoffversorgung der Atemmuskulatur priorisiert, um die lebenswichtigen Organe mit Sauerstoff zu versorgen. Die Beine treten in diesem Fall in den Hintergrund. Ihre sauerstoffhaltige Blutversorgung wird heruntergefahren, wenn die Atemmuskulatur stark gefordert wird!
Das IMT-Training bringt Erfolg
Weitere Forschungen im Laufe der Jahre haben gezeigt, dass das inspiratorisches Muskeltraining (IMT - Training der inspiratorischen Muskeln mit einem Widerstandsgerät wie "PowerBreath") verwendet werden kann, um diese Einschränkungen zu überwinden und die Leistung und Atemeffizienz von Sportlern zu verbessern. Bereits diese früheren Studien zum Zusammenhang zwischen IMT und sportlicher Leistung wurden insbesondere an Athleten aus den Sportarten Laufen, Radfahren und Schwimmen durchgeführt, die längere Distanzen im Training und Wettkampf absolvieren. Dort waren die Ergebnisse eindeutig.
Bisher gab es nur sehr wenige Daten über Sportler aus dem Bereich des Mittel- und Kurzstreckenlaufs sowie aus Mannschaftssportarten wie Fußball, Rugby, Handball usw., die das IMT durchführen. Neuste veröffentlichte Forschungen legen nahe, dass IMT die Leistung in einem viel breiteren Bereich des Sports tatsächlich erheblich verbessern könnte.
Neue Forschung im Bereich Mittelstreckenlauf
In der Studie mit dem Titel "Auswirkungen eines 4-wöchigen inspiratorischen Muskeltrainings auf die sportliche Leistung bei College 800-Meter-Läufern" [Medicina (Kaunas) 2021; 57. Januar(1):72. doi: 10.3390/medicina57010072] untersuchten taiwanesische Forscher die Auswirkungen eines 4-wöchigen Programms zwanzig 800-m-College-Läufer. Diese wurden zufällig in eine von zwei Gruppen eingeordnet:
- Eine IMT-Gruppe, die zusätzlich zum normalen Lauftraining IMT durchführte. Dieses IMT bestand zweimal täglich aus 30 Inspiratorien (Atemzyklen), fünf Tage die Woche, mit einem PowerBreathe IMT-Gerät. Die IMT-Intensität wurde schrittweise von 50% in Woche 1 auf 60%, 70% bzw. 80% des maximalen Inspiratory Pressure (MIP) in den Wochen 2, 3 bzw. 4 erhöht.
- Eine Kontrollgruppe, die Lauftraining zusammen mit einem „Schein"-IMT-Training durchgeführt hat. Diese Probanden führten die IMT-Übungen während der 4-wöchigen Intervention mit 50% MIP durch - ein Belastungsniveau, das nicht ausreichte, um eine Verbesserung der inspiratorischen Muskelleistung herbeizuführen. Weil die Probanden aber glaubten, dass sie auch ein sinnvolles IMT durchführten, stellte dies sicher, dass der "Placebo-Effekt" entfernt wurde.
Unmittelbar vor und nach der 4-wöchigen Intervention führten alle Probanden einen 800-m-Testlauf sowie Tests durch, um ihren maximalen Atemdruck zu bestimmen (MIP - ein Test der inspiratorischen Muskelkraft). Die Ergebnisse der beiden Gruppen wurden dann verglichen.
Die Ergebnisse
Die wichtigsten Ergebnisse waren wie folgt:
Im Vergleich zur Kontrollgruppe verbesserte die IMT-Gruppe ihre MIP-Kapazität erheblich von durchschnittlich 112 cmH2O auf 131 cmH2O. Im Gegensatz dazu blieb die Kontrollgruppe fast unverändert (116cmH2O bis 117cmH2O).
Die IMT-Gruppe verbesserte ihre 800 m Zeit um über sechs Sekunden (162,9 Sekunden vor vs. 156,7 Sekunden danach). Dies wurde mit der Kontrollgruppe verglichen, die keine Verbesserung erzielte (166,6 Sekunden vs. 167,6 Sekunden).
Auswirkungen für die Praxis
Die Ergebnisse dieser Studie sind von großer Bedeutung. Zunächst einmal ist dies die erste Studie, die zeigt, dass IMT signifikante Leistungssteigerungen auch bei Sportlern erzielen kann, deren Wettkämpfe kürzer sind (unter 3 Minuten) und nicht nur bei längeren ausdauerbasierten Wettkämpfen (z.B. Laufen, Schwimmen, Radfahren usw.). Dies hat Auswirkungen darauf, welche Athleten von IMT profitieren können. Zweitens wurden diese signifikanten Leistungssteigerungen nach nur vierwöchigem Training festgestellt, bestehend aus 40x 90-sekündigen IMT-Sitzungen - d.h. nur 15 Minuten pro Woche für vier Wochen (eine große Rendite für die investierte Zeit). Frühere Untersuchungen haben ergeben, dass bis zu 12 Wochen Training erforderlich sind, damit das IMT sich in den Leistungen bemerkbar macht. Diese Studie liefert jedoch solide Beweise dafür, dass das IMT bereits nach einem deutlich kürzeren Zeitraum einen messbaren Nutzen erbringen kann.
Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Sportlern aus deutlich mehr Bereichen für sich in Betracht ziehen sollten, das IMT in ihre tägliche Trainingsroutine auszunehmen. Dies sind wir Langstreckenläufer, aber eben auch Mittel- und Kurzstrecken sowie Teamsportlern. Eben alle, die während ihres Wettkampfes hohe Anforderungen an das Herz-Kreislauf-System stellen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Athleten mit bereits 40 Sitzungen mit je 30 Atemzügen mit einer wöchentlichen Steigerung der Belastung in nur vier Wochen mit positiven Ergebnissen rechnen können. Natürlich ist zu erwarten, dass es durch eine längere Anwendung größere Gewinne geben, aber dies wurde in der obigen Studie nicht getestet.
Praktisch an IMT-Geräten ist, dass sie zu Hause verwendet werden können, und mit einer Anwendung, die nur 90 Sekunden dauert, kann das IMT relativ einfach in jeden Alltag integriert werden! In unseren Trainingsplänen haben wir 3-4 Anwendungen von je 5 min vorgesehen, empfehlen aber das selbstständige tägliche Training der Atemmuskulatur.
(Quelle: Andrew Hamilton, Sports Performance Bulletin, 2021)