Der November hat begonnen und endlich ist die Zeit der harten Tempoläufe und der langen Einheiten vorbei. Und du denkst: "Ach, jetzt kann ich mich endlich einmal entspannen und ausruhen." Kannst du gerne machen, wenn du ein joggernaher Läufer bleiben willst.
Hast du aber den Ehrgeiz dich weiterzuentwickeln, dann geht das nur wenn du außer deiner Ausdauer, auch deine Kraftfähigkeiten entwickelst. Viele von uns sind der Meinung, dass wir Läufer und Läuferinnen kein besonderes Krafttraining nötig haben. Das ist ein ganz böser Irrtum.
Dies möge ein Beispiel aus dem Spitzensport belegen. Der Langstreckentrainer und zweifache New-York-Marathon-Sieger Alberto Salazar berichtete über den 10.000 Meter Olympiasieger in London Mo Farah:
"Als Mo zu unserer Trainingsgruppe stieß, war er ein guter, aber kein sehr guter Läufer. Wir waren alle völlig überrascht wie kraftlos er war. Er war mit weitem Abstand der muskulär Schlaffste aus der ganzen Trainingsgruppe. Er konnte zum Beispiel nur 25 Prozent der Einbein-Kniebeugen absolvieren, wie die anderen Gruppenmitglieder. Es hat lange gedauert bis wir ihn auf das Kraftniveau eines absoluten Spitzenläufers herauf trainiert haben. Wie gut das Ganze gewirkt hat zeigte sich darin, dass er die 10.000 Meter in bei den Olympischen Spielen in London im Spurt gewann. Dazu wäre er ein Jahr vorher noch nicht in der Lage gewesen."
Vielleicht fragst du dich jetzt: Ich bin nicht gut genug, um so weit vorne zu laufen, dass ich um einen Sieg spurten kann." Natürlich bist du gut genug um einen Sieg zu erringen es wird höchstwahrscheinlich nicht der Olympiasieg sein, aber deinem Holger eine Niederlage im Sport zubereiten, ist auch ein sehr erfreulicher, befriedigender und sportlicher Erfolg.
Also gehe heran an deine unterentwickelten Fähigkeiten, damit wirst du ein kompletterer Läufer. Jetzt haben wir den Beginn des Monats November und da muss ich wie in jedem Jahr den Zeigefinger heben: Jetzt beginnt zwar unsere Regenerationszeit, die heißt aber nicht "Schlafmützenzeit".
Die Läuferwelt teilt sich zum aktuellen Zeitpunkt in drei Gruppen auf. Die eine möchte immer noch einen Wettkampf laufen, um die angeblich "gute Form" zu nutzen. Es gibt sogar ein paar ganz Verrückte, die trainieren immer weiter im alten Trott.
Was sollen sie auch anderes machen, denn es ist doch so schön immer im ziemlich gleichen Tempo seine Runden auf denselben Kursen zu drehen. Da braucht man sich nicht so anzustrengen und wenn man nach Hause kommt fühlt man sich auch gut.
Die zweite Gruppe verfällt beim Anblick des ersten Eises in Winterstarre, aus dem sie sich frühestens im März wieder lösen. Ihr Motto ist: "Ich habe mich im Frühjahr und Sommer so gequält. Jetzt brauche ich erst einmal etwas Ruhe."
Die Ruhe wird dann bis über die Weihnachtszeit eingehalten und in der Neujahrsnacht, wird dann der Start zu neuen Ufern beschlossen. Und mit dem Blick nach draußen auf die Schneemassen, werden die hohen gesetzten Ziele gleich wieder deutlich zurück genommen. "Ist ja noch Zeit bis zum April."
Die dritte Gruppierung ist die wissende, denkende und erfolgreichste. Denen ist klar, dass sie jetzt erst einmal Trainingstempo und -umfang deutlich herunterschrauben müssen um ihren "geschundenen" Körper eine Erholungszeit zu geben.
Die sollte aber nicht als ein Tempodauer-Schlaf auf der Couch absolviert werden, sondern in Bewegungsformen die unseren Körper fit halten, ihn stärken ohne die Dauerlaufmuskulatur wie gewohnt zu belasten.
Dazu bieten sich alternative Sportarten an wie: Radfahren, Schwimmen, Skaten, Aqua-Jogging oder Ballspiele. Zusätzlich sollte aber zweimal wöchentlich ein Athletiktraining durchgeführt werden.
Jetzt ist genau die richtige Zeit für ein Krafttraining, besser ausgedrückt in ein Athletiktraining einzusteigen. Das sind keine Übungen um aus uns Muskelprotze zu machen, sondern sie dienen dazu deinen Körper so zu kräftigen, dass du auch einen Marathon bis zum Ende aufrecht durchlaufen kannst.
Athletik beinhaltet Kraft, Beweglichkeit und Schnelligkeit. Also alles das, was wir in der Saison nicht so gerne machen. Muss ja nicht sein, denkst du. Aber ich kann dich nur warnen: Wer das Athletiktraining vernachlässigt, wird verletzungsanfällig und bekommt eine verkürzte und nicht ausbalancierte Muskulatur. Es gibt ausreichend schlaffe und verkürzte Typen in unserer Szene. Aber kaum jemand, der wirklich schnell ist, ist auch ein Schwächling.
Dass man von dieser Art Training keine dicken Muskeln bekommt, zeigen immer wieder sehnige und schlanke Athleten und Athletinnen der Spitzenklasse. Ästäthisches und schönes Laufen geht auch einher mit einer kräftigen Muskulatur.
Zu diesem Thema passt folgende Studie, erschienen im International Journal of Sports Medicine, 2008. (Quelle: Sport und Training):
"Elitelangstreckenläufer benötigen ein großes Maß an Laufökonomie. Darunter versteht man die Energie, die notwendig ist, um ein gegebenes Tempo aufrechtzuerhalten. Bei ansonsten gleichen Voraussetzungen hat ein Läufer mit einer guten Laufökonomie einen echten Leistungsvorteil gegenüber der Konkurrenz.
Studien zeigen, dass die Laufökonomie ein ausgezeichneter und verlässlicher Hinweisfaktor für die Laufleistung eines Sportlers über größere Distanzen ist. Dass die Laufleistung durch das Lauftraining verbessert werden kann, liegt auf der Hand. Aber gibt es noch andere bewährte Methoden?
Um diese Frage zu beantworten, haben brasilianische Wissenschaftler die Wirkung verschiedener Krafttrainingsprotokolle (in Kombination mit Ausdauertraining) auf die Laufökonomie untersucht. Die Probanden waren 16 gut trainierte Läufer mit einem Durchschnittsalter von 27,4 Jahren und einem durchschnittlichen Gewicht von 62,7 kg. Die Läufer wurden nach dem Zufallsprinzip in 2 Gruppen aufgeteilt: eine Gruppe mit "explosivem" Krafttraining und eine, die das Krafttraining mit "schweren Gewichten" absolvierte.
Beide Gruppen trainierten mit den gleichen Geräten. Die Gewichtsgruppe arbeitete mit größeren Widerständen und langsameren Bewegungen, während die Explosivtrainingsgruppe mit schnelleren, explosiveren Bewegungen und geringeren Widerständen trainierte. Vor Beginn und nach 4 Wochen des Trainings wurden folgende Tests durchgeführt:
1. ein Laufbandstufentest bis zur Erschöpfung, mit dem die maximale Sauerstoffaufnahme und die Geschwindigkeit, die einer Blutlaktatkonzentration von 3,5 mM entspricht, ermittelt wurde,
2. ein submaximaler Test bei konstanter Intensität zur Feststellung der Laufökonomie, 3. ein Maximaltest mit Vertikalsprung aus dem Stand und
4. ein 1RM-Maximalkrafttest mit Beinpresse
Die Studie ergab, dass die Gewichtsgruppe ihre Laufökonomie deutlich verbesserte, während die Explosivkraftgruppe sich nicht steigern konnte. Daraus schlossen die Forscher, dass ein kurzzeitiges herkömmliches Krafttraining die Laufökonomie bei gut trainierten Läufern verbessern kann.
Ein Training mit schweren Gewichten scheint für die Verbesserung der Laufökonomie jedoch effizienter zu sein als ein mit den gleichen Trainingsgeräten durchgeführtes explosives Krafttraining."
Natürlich ist so etwas für uns kaum machbar, denn wer kann schon zu Hause mit schweren Gewichten trainieren. Aber du hast ja dich selbst und Übungen mit dem eigenen Körpergewicht sind hocheffktiv.
Seit mehreren Jahren nutzen wir die Übungen zusammen mit anderen bewährten aus dem Buch "MaxxF". In diesem Jahr werden wir erstmals mit den Medizinbällen etwas Neues aufnehmen.
Mit diesen Bällen trainiert man nicht nur die Kraft, sondern eine Gesamtdynamik des Körpers. Ich selbst habe schon mit einem Medizinball gearbeitet, übe jetzt schon weiter und ich verspreche dir, eine Kraftentwicklung die es in sich hat, wenn du später dann mit dem Medizinball arbeitest.
Natürlich kann man dabei einem Muskelkater nicht entgehen, aber der stellt sich nach den MaxxF-Übungen auch ein. Wir werden also in unserer Trainingsgruppe mit den Bällen trainieren und später darüber berichten, was dabei herausgekommen ist.
Dir empfehle ich vorerst das MaxxF-Training, wobei du daran denken solltest nicht nur Kraft zu trainieren, sondern jedem Kraftteil eine Dehnungsübung im beanspruchten Muskelbereich folgen zu lassen und anschließend eine Koordinationsübung zu machen. Diese findest du leider nicht in dem oben beschriebenen Buch.
Die anderen Trainingsteile kannst du dir auf einem - ziemlich laienhaften - Athletik-Videofilm von uns ansehen. Wir plagen uns in dem Video mit den Übungen noch herum, weil wir zum Zeitpunkt der Aufnahmen gerade erst am Anfang der Trainingssession waren. Ende Januar hätten die Bilder anders ausgesehen, denn da waren wir körperlich total fit. Alle Muskeln gestärkt, um so richtig mit dem intensiven Lauftraining loszulegen.
Mit einiger Phantasie kannst du alle Übungen auch zu Hause durchführen. Leichter wird es für dich, wenn du sie mit einem Partner oder Partnerin durchführst. Im Buch sind auch die Partnerübungen aufgeführt.
Die Dauer dieser Übungen sollte 45 min nicht überschreiten und du kannst in diesem Rhythmus vorgehen:
60 sec Kraftbelastung
30 sec Pause
60 sec Dehnung
60 sec Koordination
30 sec Pause
60 sec Kraftbelastung
usw.
Hört sich wenig an, aber in 45 Minuten hast du alle großen Muskelgruppen trainiert und die nötigen Koordinationsübungen absolviert. Ich kann dir versprechen, dass es dir dann auch reichen wird.