Die Herbst-Marathonsaison hat jetzt ihre größte Dichte erreicht. Im Vorfeld muss ich immer und immer wieder erleben, dass sich eine große Anzahl von Läufern und Läuferinnen viel zu früh auf einen Marathon vorbereiten.
Da gibt es ganz verrückte Sachen. Zum Beispiel bestellen die Betroffenen einen zwölf Wochenplan zur Herbst-Marathonvorbereitung im frühen Sommer, wollen aber den Trainingsplan sofort bekommen.
Wir lehnen einen frühzeitigen Versand ab. Warum? Wir kennen unsere Pappenheimer! Wenn jetzt zum Beispiel jemand den Frankfurt Marathon laufen möchte, dann schreit dieser Mensch schon Anfang Juli nach seinem Plan. Wenn dann nachgefragt wird warum, dann antwortet dieser Läufer mit den Worten: “Na, dann kann ich doch schon anfangen zu trainieren!“
Er hat die Idee, möglichst lange auf den Marathon hin zu trainieren, um dann eine grandiose neue Bestleistung zu erzielen.
Auch durch Anrufe und Mails stelle ich immer wieder fest, dass es sich in einigen Köpfen festgesetzt zu haben scheint, möglichst lange auf einen Marathon hin zu trainieren. Hingewiesen wird dann immer auf unseren Jahresplan, bei dem wir das ganze Jahr auf einen Marathon hin trainieren.
Es wird dann aber nicht verstanden, dass es in einem Jahresplan eine Periodisierung gibt mit Regeneration, Aufbau eins, Aufbau zwei und dann erst die unmittelbare Marathonvorbereitung von acht Wochen.
Meist ist von einem 12-wöchigen Zeitraum die Rede. Andere sprechen von 12 Wochen und dann noch zwei Wochen vor dem Marathon als Taperingphase. Ich bin dann ganz überrascht und frage: "Was? Wieso zusätzlich noch 2 Wochen, die direkte Vorbereitung (Tapering) ist doch Teil des Vorbereitungs-Trainings?" "Ach so, bei uns sagen sie alle 12 und dann noch 2 Wochen Ruhe vorher!"
An den 12 Wochen ist schon einiges richtig, aber bei weiterer Nachfrage meint fast jeder 12 Wochen intensives Vorbereitungstraining. Und das ist eindeutig zu lang! Ein direktes intensives Marathon-Vorbereitungs-Training dauert 8 Wochen und nicht länger.
Wer es über einen deutlich längeren Zeitraum versucht, wird besonders in der Herbstsaison am Ziel vorbei schießen. Das heißt, die angestrebte Form kommt deutlich vor dem Wettkampftag.
Das hat eine angenehme und eine fatale Folge: 1. Wenn in der Mitte des Vorbereitungszeitraums ein Wettkampf, meist ein Halbmarathon, absolviert wird, dann werden oft hervorragende und überraschend gute Resultate erzielt.
Nach diesem gelaufenen Ergebnis wird nun die Zielzeit für die kommenden 42,2 km fest gemacht. Und dann kommt 2. die Ernüchterung.
Zum Zeitpunkt des Starts des Marathons hat die Form aber schon ihren Höhepunkt überschritten. Dann fehlt die Kraft in den Gliedern und die Leichtläufigkeit des Tempos ist dahin.
Kaum jemand hat nun die Kraft, sein Marathon-Zeitziel herunter zu schrauben. "Irgendwie wird es schon gehen!" Das angestrebte Zeitziel ist aber an dem Resultat des Hochform-Halbmarathons festgemacht. Und wer dann im Glauben an eine noch vorhandene Hochform losrennt, rennt in sein Verderben: "Bis 25 ging es, aber dann....!"
Vorgeworfen wird mir dann auch noch, dass ich im Netz noch zwei kostenlose Marathonvorbereitungs-Pläne stehen habe. Vielleicht ist es eine Fehlinterpretation dieser beiden Trainingspläne "Countdown zur Bestzeit" und "Heißes Feuer im alten Ofen".
Dort dauert das Vorbereitungstraining in der Tat 12 Wochen, wobei die ersten 4 Wochen aber grundsätzlich erst einmal dazu dienen, den/die Trainierende(n) auf das nötige Leistungsniveau zu heben.
Was denkst du, was passieren würde, wenn wir diesen vierwöchigen Aufbau vor der direkten Marathonvorbereitung nicht hätten? Es würden einige Amnesty International anrufen wegen körperlicher und seelischer Folter.
Wenn jemand viermal in der Woche zehn bis 15 Kilometer am Tag läuft und dann ohne weitere Vorbereitung in einen Marathonvorbereitungsplan hineingeworfen wird. Da würden einige aber wirklich weinen, wenn ich ihnen 35 Kilometer Dauerlauf und oder 15 Kilometer Tempodauerlauf vor die Nase setze.
So wirst du verstehen, dass wir die Marathonläufer nicht ins kalte Wasser werfen wollen. Denn weiterhin können wir, im Gegensatz zu den individuellen Plänen im Greif-Club, bei denen die aktuelle Leistungsfähigkeit abgefragt wird, nicht wissen, von welchem Niveau jemand mit dieser Vorbereitung beginnt.
Sind die Leistungsvoraussetzungen niedrig, dann sind schon die 4-Planeinführungswochen in der Regel zu intensiv für den Starter.
Das hat zur Folge, dass eine Form schnell erreicht wird, diese aber wie oben beschrieben zum Zeitpunkt des Marathons schon wieder fällt!
Darum warne ich immer wieder: "Countdown und heißer Ofen sind Hauruckpläne mit einem Gefährdungspotential, besonders für weniger erfahrene Marathonläufer(innen).
Bitte merke dir nicht die wichtige Regel: Je intensiver du mit einem Training beginnst, desto schneller steigt deine Form an, fällt aber in gleichem Maße auch wieder schnell ab!
Besser ist, eine Form mit ruhigen Läufen im extensiven Bereich und einigen aufbauenden Tempoläufen vorzubereiten und dann 8 Wochen (inklusive Taperingphase) knallhart zu trainieren.
Im Greif-Club schalten wir den Jahresplänen vor der harten 8-Wochen-Herbst-Trainings-Phase eine vierwöchige Regeneration vor, um uns von der Frühjahrssaison zu erholen.
Ich kann nur warnen: Grundsätzlich unterscheidet sich eine Marathonvorbereitung für einen Herbsthöhepunkt von der des Frühjahrs.
Im Frühjahr wird auch schon weit vor den 8-Vorbereitungswochen Tempo gemacht. Dieses dient aber dazu, nach dem Winter die Form langsam nach oben zu bringen.
Zu Anfang des Winters laufen wir innerhalb der Greif-Club-Jahres-Trainingspläne ein deutlich niedriges Trainingstempo, um anschließend in den Monaten Januar, Februar und März das Tempo kontinuierlich nach oben zu ziehen. Im April wird dann der Leistungshöhepunkt erreicht und reicht bis in den Juni hinein.
Du wirst dich fragen, warum diese Form solange im Gegensatz zu der Herbstform anhält. Das ist eigentlich schon oben beschrieben. Peitscht du deine Form möglichst schnell nach oben, wird diese nicht lange andauern.
Im Gegensatz dazu steht der ruhige Aufbau im Winter. Ich sollte dich aber klar davor warnen, dass du die Idee entwickelst, dass wir im Winter spazieren gehen.
Mitnichten! Oft genug machen uns die Wetterbedingungen zu schaffen. Aber wir gehen trotzdem raus, im Gegensatz zu den Marshmallow-Joggern. Die auf dem Sofa bleiben, mit ihrer Angst sich im Regen und Schnee aufzulösen. ;-)