"Forscher empfehlen barfuß zu joggen", so titelte das Nachrichtenmagazin "Welt Online" zu Jahresbeginn 2010. Man nahm Bezug auf eine Forschungsarbeit von Daniel Liebermann von der US-Universität Harvard, die zeigte, dass die Belastung des Bewegungsapparates beim Laufen in modernen Laufschuhen höher ist, als beim von der Natur vorgesehenen Barfußlauf.
Verbesserung der Muskulatur
Die Argumentation kommt bekannt vor. Schon vor Jahren empfahl Lauftrainer Peter Greif im kostenlosen Marathonplan "Heißes Feuer im alten Ofen":
"Laufen auf hartem Untergrund, am besten Asphalt, fördert die Ausbildung kontraktiler Elemente in der Muskulatur. Diese Elemente können Kraft beim Auftritt aufnehmen (dämpfen) und sie im Augenblick des Absprungs wieder abgeben. Das was sich viele von einem Schuh wünschen und dieser aber nicht leisten kann, kann die Muskulatur."
Und schon damals gab Peter Greif eine Empfehlung für die Wahl der Laufschuhe: "Immer möglichst harte Schuhe mit wenig Dämpfung (Wettkampfschuhe oder Light-Racer) laufen, denn die Bahn dämpft schon in sich. Auch bei den Tempoläufen unbedingt härtere Schuhe (Light-Racer) bevorzugen. Weiche Schuhe vernichten Energie, indem sie sie in Wärme umwandeln."
An Barfußlauf haben wir damals noch nicht gedacht. Die Denkrichtung für die gegebene Empfehlung war aber schon zu jener Zeit die gleiche.
Dr. Ulrich Strunz propagiert seit Jahrzehnten insbesondere den Vorfußlauf, der sich bei einem barfüßigen Laufen ergibt, und verfasste bereits mehrere Artikel zum Thema.
Barfuß laufen
Auch aus leistungssportlicher Sicht erscheint Minimalismus interessant. Zu den Vorteilen der Nutzung minimalistischer Wettkampfschuhe schrieb Peter Greif bereits einen Newsletter Rennschuhe kann jeder mit Erfolg tragen, nachdem zu beobachten war, dass auch die im Rennen benutzten Schuhe über die Jahre immer massiver, schwerer wurden.
Der barfüßige Lauf stellt nun die endgültige Form von Minimalismus dar und gehört auf den Prüfstand.
Bodenkontaktzeiten
Inzwischen liegt uns eine Untersuchung von SMS Sportmedizin Berlin vor. Untersucht wurden die Bodenkontaktzeiten und der daraus resultierende Zeitgewinn bei einem sehr gut trainierten Seniorensportler in Wettkampfschuhen und in einem fast barfüßigen Lauf in den hier vorgestellten "Barfuß-Leguanos", einem sockenartigen Fußschutz.
Bei einer Laufgeschwindigkeit von 3:31 min/km verkürzten sich die Bodenkontaktzeiten um 10 ms, was bei einer durchschnittlichen Schrittlänge von 2 m einen Zeitgewinn von 50 Sekunden auf 5000 m ausmacht! Zur Verdeutlichung: Untersucht wurde der Unterschied von ohnehin schon gering gedämpften Wettkampfschuhen zum Barfußlauf in Leguanos! Wie das Ergebnis in Sachen Zeitgewinn ausfallen könnte beim Vergleich von modernen, hochgradig gedämpften Laufschuhen zum Barfußlauf, ist vorstellbar!
Es ist eindeutig zu beobachten, dass in Sachen sinnvoller Dämpfungstechnologien bei Laufschuhen ein Maximum erreicht ist, vielleicht sogar schon erheblich überschritten wurde, was z. B. die Harvard-Studie zeigt.
Wir beobachten ebenso seit Jahren, dass häufig Kunden, je mehr sie trainieren und umso schneller sie laufen können, überwiegend zu leichteren, weniger gedämpften Schuhen greifen. Im Großen und Ganzen kaufen unsere Kunden stark orthopädisch korrigierende Bewegungskontrollschuhe nahezu nicht mehr.
Wenn Studien also zeigen, dass Barfußlaufen gesünder ist als Laufen in modernen Laufschuhen, Hinweise sich verdichten, dass barfuß schneller gelaufen werden kann und darüber hinaus die Nachfrage der Läufer zumindest bei uns in Richtung "Weniger ist mehr" ansteigt, dann widmen wir uns dem Thema Natural-Running Laufschuhe ganz besonders.
Nach der Lektüre des Buches "Born to run" von Christopher McDougall war ich während meiner langen Verletzungszeit offen geworden für das Thema Barfußlauf. Man muss nicht alles automatisch toll finden, worin sich gerade ein Trend abzeichnet, es sprach jedoch alles dafür, es in diesem Fall einmal auszuprobieren.
Barfuß ohne jeglichen Schutz der Füße halte ich für völlig praxisfremd, deshalb entschied ich mich für einen sockenartigen Schutz der Füße, die Barfuß-Leguanos. Wegen eines verletzungsbedingt völligen Laufverbots auf Monate ging ich zunächst mit den Leguanos nur spazieren.
Ein ungewohntes, jedoch sehr angenehmes Gefühl, geschützt den durchaus unterschiedlichen und nicht immer bequemen Untergrund zu spüren. Natürlich musste ich aufpassen, insbesondere auf Schotterwegen nicht auf grobe Steine zu treten. Ein sehr sensitives Bewegen stellte sich jedoch mit der Zeit von allein ein.
Nach mehreren Wochen dann die ersten Laufversuche, eher eingeschränkt durch die Verletzung als durch die Leguanos. Inzwischen bei einem eher hohen Körpergewicht angelangt. Darüber hinaus war ich jahrzehntelangen Fersenlauf bei starker Überpronation in Stabilschuhen gewohnt. In den Leguanos stellte sich ein ganz anderer Laufstil ein. Eher ein Gleiten auf dem Vor-/Mittelfuß, als mein jahrelanges Trampeln auf der Ferse.
Im heimischen Lauftreff wurde gespottet: „Hansi macht jetzt Ballett“. Klar, wer plötzlich auf Socken daherkommt und mehr tänzelt als läuft, kann sich was anhören. Hat mich alles nicht irritiert. Ich wusste, ich bin auf dem für mich richtigen Weg.
Ohne jegliche wissenschaftliche Begründung parat zu haben, fühlte ich, dass ich mich muskulär mit viel Geduld an den neuen Laufstil anpassen muss, gesundheitlich jedoch im natürlichen Laufstil vollkommen das Richtige tat. In "Born to run" wurde dieses Gefühl beschrieben mit "Wie ein Fisch, der ins Wasser zurückgleitet".
Und noch etwas fiel mir auf: Nachdem sich mein Laufstil mit den Monaten weiter optimiert hatte, fühlte ich, dass ich in den Leguanos schneller rennen könnte als zuvor.
Sprinter oder hochleistungsfähige Mittel- und Langstreckler laufen auf der Bahn in Spikes. Diese sind nichts anderes, als ein minimaler Schuhschaft ohne Dämpfung mit Dornen. Dann kann man sich leicht vorstellen, dass man mit den Leguanos auch sehr schnell rennen kann.
In den Leguanos wird barfuß ohne weitere Socken gelaufen. Auch im Winter bei Minusgraden fiel mir das nicht schwer. Der Laufstil ändert sich zwangsläufig sehr und es werden Muskeln völlig anders beansprucht. Daraus resultierte bei mir ein nicht unerheblicher Muskelkater, sogar in den Füßen an sich, der sich schmerzhaft anfühlt, hat aber sonst keine negativen Folgen hat. Irgendwann bekam ich keinen Muskelkater mehr.
Weniger Muskel- und Wadenschmerzen
Oft plagten mich auch muskuläre Probleme in den Waden, wodurch ich einen Laufausfall über mehrere Tage zu beklagen hatte. Ein mehrfaches, tägliches Dehnen der oberen und unteren Wadenmuskulatur schaffte nachhaltig Linderung.
Laufen auf weichem Untergrund und Asphalt
Laufen auf weichen Wegen empfinde ich als traumhaft angenehm und als erheblich ermüdungsärmer als in herkömmlichen Laufschuhen. Auf Asphalt mit dem Vor-/Mittelfuß aufgesetzt kann man mehrere Kilometer laufen. Man ist aber froh, bald auf weichen Untergrund wechseln zu können.
Laufen auf Schotterwegen mit größeren Steinen ist definitiv nicht empfehlenswert. Grober Schotter drückt schmerzhaft durch, wenn man einen dieser Steine solo trifft. Kieselsteine, Glasscherben, Hölzer oder auch Tannenzapfen hingegen stören nicht.
Persönlich bin ich im neuen Laufstil mit neuer Ausrüstung sehr zufrieden und habe mich entschieden, in herkömmlichen Schuhen nicht mehr zu laufen, bzw. nur noch dann, wenn es unumgänglich ist. Einen Trail-Ultra kann ich mir in Leguanos nämlich noch nicht vorstellen. Darum freue ich mich aber sehr auf den New Balance Minimus, der im Juli in Deutschland erscheinen soll.
Fazit
Zusammenfassend aus meiner langjährigen Erfahrung in der Laufschuhberatung empfehle ich folgendes:
Ein natürliches Laufen ist in barfuß-leguanos möglich. Bitte seien Sie jedoch vorsichtig! Je besser Sie trainiert sind und umso mehr Jahre Sie bereits laufen, wird Ihnen wahrscheinlich die Anpassung gelingen. Weniger gut trainierte Sportler oder Übergewichtige benötigen eine längere Anpassungszeit.
Mit besten Grüßen, Hansi Köhler
(Einkaufsleiter und Schuhberater Greif Sport)
Peter Greif über seine Erfahrungen
Natürlich habe ich die Leguanos auch getestet und kam damit sofort problemlos zurecht. Leider laufe ich nun keine langen Strecken mehr und schon gar nicht Tempoläufe. So kann ich mir kein fundiertes Urteil erlauben.
Nur so viel: Man schlüpft in die Leguanos rein und fühlt sich sofort wohl. Die Empfindung am Fuß ist noch angenehmer als beim Nike free, den ich tagein, tagaus trage. Super sind sie auch im Flugzeug. Ich habe die Leguanos über vier Flüge nicht ausgezogen, was ich sonst immer mit meinen Schuhen mache.
Als Vorteil sehe ich an, dass man die Leguanos blitzschnell ausziehen, in die Tasche stecken und auf normale Schuhe umsteigen kann. So ist es möglich bei Tempoläufen erst einmal mit den Barfußlatschen zu beginnen, um dann später mit normalen Schuhen weiterlaufen zu können.
Weiterhin konnte ich bei uns im Trainingsurlaub 2011 in Conil einen sehr starken Läufer beobachten, der wie ein Hase in den Leguanos lief und auf sie "schwor". Bis auf die 35 km lief er sie in jedem Training.