Das Thema "Trinken" im Wettkampf, besonders im Marathon, beschäftigt uns immer wieder. Und wie du vielleicht weißt, kämpfe ich seit Jahren gegen das "Saufen", heißt übermäßige Zufuhr von Flüssigkeit im Rennen.
Obwohl ich mir die Finger wunschreibe und rede bis ich heiser bin, es wird im Halb- und Marathon weiter unmäßig geschluckt, wie es Kühe nicht besser können. Das hat auch seinen Grund: Uns wurde von den 80-er Jahren an klar gemacht, dass Wassermangel im Training und Rennen eine gefährliche Sache sei.
Die Folgen sollten eine geringe Leistung und schwere gesundheitliche Folgen bis hin zum Tod sein. Und dann kommt so ein Vorharzer-Amateuertrainer und behauptet, dass man bei kühlen und feuchten Bedingungen im Marathon gar nicht trinken muss, es reicht aus, sich vor dem Start den Magen mit Flüssigkeit zu füllen.
An dieser und anderer Stelle schrieb ich oft genug über dieses Thema. Natürlich konnte ich keine wissenschaftlichen Studien vorweisen, aber nach 60 gelaufenen eigenen Marathons und bestimmt mehreren 100 von in Rennen betreuten Marathonläufer(innen), weiß ich genau wie viel und wo der Schluck hin muss.
Letztmalig 2007 beschäftigten wir uns in diesem Newsletter mit dem Thema unter dem Titel "Viel Trinken hilft nicht kühlen". Hier ein Auszug aus diesem Artikel:
Es scheint so, dass es bedauerlicherweise gerade jetzt in der Marathon-Hochsaison in den Wettkämpfen sehr warm sein wird. Ich empfinde es als Pflicht, dich noch einmal auf die Gefahr hinzuweisen, welches zu viel und zu wenig trinken in sich birgt.
In Spiegel-Online über eine Arbeit aus der Fachzeitschrift "Medicine and Science in Sports and Exercise" von dem Sportmediziner Byrne berichtet:
Ich habe schon oft schon darauf hingewiesen, dass das Trinken großer Mengen von Flüssigkeit schädlich, bei reinem Wasser sogar tödlich sein kann. Ich kann es schon nicht mehr hören, wenn der Sprecher am Marathonstart beim kleinsten Sonnenstrahl dröhnt: Trinken, trinken, trinken. Die allgemeine Meinung ist, je mehr ich schlucke, desto besser geht es mir im Rennen. Ich werde schneller sein, ich kann besser schwitzen und werde mit mehr Flüssigkeit eine bessere Leistung erzielen. Aber dieser Gedanke ist falsch.
Wir alle müssen ganz vorsichtig sein mit unseren Weisheiten, wie Chris Byrne von der University of Exeter jetzt herausgefunden hat. Bisherige Untersuchungen krankten daran, dass die Körpertemperatur meist nur vor und nach dem Wettkampf gemessen worden ist, nie aber kontinuierlich während des gesamten Laufs.
Das haben Byrne und sein Team nun mit einer Gruppe von Läufern gemacht, die am Halbmarathon der Armee von Singapur teilnahmen. Temperatursensoren im Magen der Sportler meldeten über die gesamten 21,1 Kilometer des Rennens, wie sehr die Körpertemperatur von den gewöhnlichen 37 Grad Celsius abwich.
Resultat: Die größten Schlucker hatten die stärksten Nachteile, denn sie erhitzten sich am meisten!
Der Wettkampf in Singapur war schon eine Zumutung für die Läufer: 75 bis 90 Prozent Luftfeuchtigkeit, 26 bis 29 Grad Lufttemperatur im Schatten. Anderthalb Liter Schweiß verloren die Probanden im Schnitt pro Stunde. Die Teilnehmer ersetzten zwischen 6 und 73 Prozent ihres Flüssigkeitsverlustes durch neues Wasser. Die höchste gemessene Körpertemperatur lag bei 41,7 Grad Celsius - und das ausgerechnet bei jenem Versuchsteilnehmer, der am meisten getrunken hatte.
Festzuhalten ist:
Im Hitzerennen sollte unbedingt getrunken werden. Wer mehr trinkt, wird auch keine großen Probleme bekommen, aber vor einem kontrolllosen Hineinschütten kann ich nur warnen.
Viel wichtiger ist, dass die richtigen Flüssigkeiten getrunken werden, die auch Natrium enthalten wie etwa Ultra-Buffer. Reines Wasser ist in größeren Mengen schädlich. Es sollte dazu immer eine Mineralienkapsel genommen werden, etwa Greif-Krampfblocker.
Besonders sind dabei die individuellen Geschmäcker und auch die persönliche Leistungsfähigkeit im Rennen zu beachten. Übergewichtige verlieren im Rennen mehr Wasser als Schlanke!
Damit müssen wir uns als erstes überlegen, wie viel Flüssigkeit wir im Rennen überhaupt aufnehmen können, denn unser Magen kann nur ca. 600 ml pro Stunde resorbieren. Dem steht entgegen, dass bei extremen Bedingungen Schweißverluste bis zu 2000 ml/h auftreten können. So müssen wir festhalten, dass wir unter schweren Hitzebedingungen gar nicht so viel Wasser verarbeiten können, wie wir benötigen. Dann heißt es einfach langsamer laufen!
Das heißt, ein 3 h-Läufer sollte demnach um seinen gesamten Wasserverlust auszugleichen 1800 ml trinken und ein 4 h-Läufer 2400 ml. Ist das den richtig so? Nein! Erstens führt jeder vernünftige Läufer(in) Flüssigkeit im Magen vom Start her mit sich. Und muss man wirklich alle Flüssigkeitsverluste im Rennen ausgleichen? Im Voraus: Nein, muss man nicht. Dazu mehr im nächsten Newsletter.
Darum betrachte Trinkempfehlungen wie diese hier vom Düsseldorf-Marathon überaus kritisch.
Sie sind in ihrer Verallgemeinerung kaum zu übertreffen. Auch dem Anfänger wird klar, das solche Empfehlungen niemals generell anzuwenden sind. Denn allein die Frage nach den Außentemperaturen führt die Empfehlungen ad absurdum. Oder sollen wir bei Nieselregen und 12 Grad etwa genau so viel trinken wie bei 25 Grad und knalligen Sonnenschein?
Auch die Empfehlung von Soja Oberen (wobei ich nicht glaube, dass sie diese Sätze selbst geschrieben hat) ist genauso falsch, wie die Behauptung, dass die Erde eine Scheibe ist: "Unsere Kohlenhydratdepots reichen für maximal 90 bis 120 Minuten Leistung. Wenn diese Reserven aufgebraucht sind, kann der Körper nur noch Energie aus Fett gewinnen."
Richtig ist, dass auch der erschöpfte Körper immer noch Kohlenhydratreserven besitzt und diese Reserven auch noch nach 2 h weiter, aber weniger nutzt.
Hinweis: Nachfolgend geht es um den Einsatz von Kohlenhydraten im Rennen und intensiven Training. Und wenn ich über solche Dinge schreibe, dann bekomme ich sofort Mails mit dem Inhalt, dass doch Dr. Ulrich Strunz schreibt, dass Kohlenhydrate per se für uns schädlich sind.
Und es wird die Frage gestellt, warum ich an dieser Stelle die "böse Energieform" empfehle, die Deutschlands schlauster Doktor verteufelt?
Die Lösung ist, dass es sich hier nicht um eine Kohlenhydrat- (=Zucker)zufuhr handelt, die den Blutzuckerspiegel in schwindelnde Höhen treibt, sondern um einen Mangel an Zucker und somit einer Ermüdung vorzubeugen.
Was da unterwegs zugeführt wird, ist sofort wusch weg. Von diesem Zucker ist nach dem Ende der Belastung nichts mehr da. Im Gegenteil, der Organismus hat weiter einen Zuckerhunger, weil die Glykogenspeicher leer sind und wieder vollgefüllt werden müssen.
So muss der eventuell vorhandene oder sich bildende Krebs auch weiter hungern und darben. Und du musst mir nicht mailen, um mich zu rechtfertigenden Antworten zu zwingen. Die kosten nämlich Zeit und davon habe ich nur wenig.
Peter Greif, 04.05.2011
In der Zeit, nach dem ich den in den oben "kursiv" gesetzten Artikel schrieb, sind schon wieder neue Erkenntnisse hinzugekommen. Andrew Hamilton schrieb in "Peak Performance" einen zusammenfassenden Artikel mit dem Titel: "Sports nutrition: practical advice on carbohydrates, hydration and antioxidants. How 10 years of sports nutritional research can be utilised in your training programme"
Der übersetzte Titel aus dem nachfolgend zitiert wird lautet: Sporternährung: Praktische Ratschläge zu Kohlenhydraten, Wasseraufnahme und Antioxydantien. Wie wir 10 Jahre Sport-Ernährungs-Wissenschaften in unseren Trainingsprogrammen nutzen können.
Andrew Hamilton ist ein bekannter Ernährungswissenschaftler und BSc Hons, MRSC, ACSM is a member of the Royal Society of Chemistry, the American College of Sports Medicine and a consultant to the fitness industry, specialising in sport and performance nutrition.
Hamilton schreibt in seinem Artikel, dass ein typischer Ausdauersportler 300 - 400 g Glykogen in den Muskeln speichern kann. Durch Training und einer kohlenhydratreichen Ernährung kann er dieses noch um 50 - 60% erhöhen und damit die Zeitdauer zum Eintritt der Ermüdung um 20% hinauszuschieben. Diese Ermüdung tritt ein, wenn ein noch nicht genau bekanntes niedriges Level des Muskelglykogens erreicht wird.
Man kann diese Ermüdung auch hinausschieben durch Trinken von 600 - 1200 ml pro Stunde einer 4 - 8-prozentigen Kohlenhydratlösung. Das entspricht im Mittel etwa 250 kcal/h. Das ist nicht wenig bei einem Verbrauch bei Eliteausdauersportlern von 1000 kcal/h.
Leider wird die Aufnahme- und Verdauungsfähigkeit von Magen und Darm mit steigender Intensität immer schlechter. Das trifft besonders bei den hochintensiv leistenden Langstreckenläufern zu.
Auch spielt die Zusammensetzung der Kohlenhydratlösung eine wichtige Rolle. Besser als Traubenzuckerlösungen (Glukose) wird eine Mischung aus 1,2 g Glucose und 0,6 g Fructose pro Leistungsminute resorbiert.
Das ist eigentlich auch schon bekannt, jeder von uns hat schon einmal im Rennen oder Training davor oder danach eine Cola getrunken. So eine Cola hat zuweilen eine gar wundersame Wirkung. Die meisten von uns meinen, dass es das Koffein in der Cola ist.
Das spielt ganz sicher auch eine Rolle, aber der Energieschub kommt mit ziemlicher Sicherheit von der Süße der Cola. Die wird in der Regel durch ein Invertzuckergemisch hergestellt. Und dieses ist nichts anderes als die oben beschriebene Mischung aus Glucose und Fructose.
Diese Mischung wird besser aufgenommen und wie das Team der Ernährungsspezialisten der Universität Birmingham fand, führte es bei Radfahrern auch zu höheren Leistungen gegenüber reinen Glukoselösungen. Aber bitte bleibe gegenüber diesen Resultaten von Radfahrern immer skeptisch.
Radfahren ist weniger intensiv und meist von längerer Dauer als Laufen. Schon diese beiden Parameter sorgen dafür, dass während der Belastung deutlich mehr Energie aufgenommen werden kann als im Lauf.