Vergangene Woche rief mich eine junge Läuferin an und fragte, ob sie denn mit einer augenblicklichen zehn Kilometerzeit-Bestzeit von 40 Minuten im nächsten Frühjahr eine Marathonzeit unter 3 Stunden laufen könnte.
Wenn man es konservativ rechnet, dann kommen bei 40 Minuten eine 3:08 h heraus. 39 Minuten ergeben bei dem gleichen Faktor 3:03 h. Und nun wird es kritisch! Denn wenn diese junge Dame ihren Trainingsaufwand anhebt und zudem talentiert ist, dann ist es durchaus möglich, dass sie diese 39 Minuten im Frühjahr laufen kann.
Um relativ sicher unter die drei Stunden zu kommen, muss sie eine Zeit von 2:57 h anpeilen. Die wird sie aber mit 39 Minuten auf zehn Kilometer kaum erreichen können. Also wird sie versuchen das Risiko einzugehen mit der grausamen und altbekannten 2:59:59 h.
Und ich kann nur davon abraten, dieses Risiko einzugehen. Schon der kleinste Fehler reicht, um den Traum zu zerstören. Nur einmal Verschlucken an der Verpflegungsstelle reicht schon aus, um den ganzen Plan zu demolieren.
So habe ich ihr dann geraten, dass sie den Angriff auf die drei Stunden im nächsten Frühjahr wagen soll. Den diesjährigen Herbstmarathon, so habe ich es ihr empfohlen, sie solle konservativ auf eine 3:03 h angehen. So läuft sie eine Bestzeit, ist zufrieden und hält ihre Spannung für das nächste Frühjahr aufrecht.
Eine weitere Frage wurde mir zugetragen, aus der die Torschlusspanik schon ganz weit herausschaute. Ein Läufer in den Vierzigern hatte sich als läuferisches Lebensziel eine Zeit von unter 40 Minuten über die zehn Kilometer gesetzt.
Nun war es aber so, dass er erst drei Jahre trainierte und nun bei 40:49 min stand. Seine Frage war: „Hab ich denn überhaupt noch eine Chance auf die 39:59 min?“ Und ich habe ihm hoch und heilig versichert, dass er dieses Ziel noch vor dem Greisenalter erreichen könne.
Das Wichtigste ist erst einmal, dass er selbst daran glaubt, diese 39:45 min zu erreichen. Niemals darf man diese saublöde Idee haben, gerade eine Sekunde unter den üblichen Grenzen zu bleiben. Du musst dir diese Idee verbieten, ich kann es leider nicht.
Ich habe einmal eine Anleihe bei Uli Strunz genommen, der in unserem Newsletter vom 12:08.2014 schreibt: „Es gibt keine Grenzen, „There are no limits“: einer der sieben Glaubenssätze der Huna-Priester auf Hawaii. Schwer verständlich.
Zunächst ganz leicht: Sie können Ihre Grenzen immer weiter verschieben. Falls Sie Läufer, Marathonläufer sind, verstehen Sie das spontan. Wenn man möchte, wenn man fleißig trainiert, wenn man abnimmt, richtig isst kann man im Marathonlauf immer noch besser werden.
Aber Grenzen existieren doch wohl sicherlich. Irgendwo ganz weit da hinten. Wie können dann die Huna-Priester so einen Unfug behaupten? Hatte ich Ihnen mal erklärt im Zusammenhang mit Visualisation. Mit der geträumten Bildsprache. Mit Ihrem Unterbewusstsein. Wenn Sie – da unten – mit Ihrem Unterbewusstsein plaudern und sich neue Bilder, von mir aus Wettkämpfe und Rekordzeiten erträumen, dann... können Sie nicht Unmögliches aufscheinen lassen. Geht nicht. Da gibt es in Ihnen eine Sperre.“
D.h. einfach, vergiss deine Hemmungen und glaube an dich. Leider hemmen sich eine große Anzahl von Läufer und Läuferinnen selbst, weil sie glauben, sie wären zu alt für Leistungssteigerungen.
Diese Gedanken sind im großen Maße kontraproduktiv, selbst als Sechzigjähriger ist man noch in der Lage seine Leistung über Jahre hinaus anzuheben. Das beweist Greif Club-Mitglied Wolfgang Meier aus Nümbrecht, der sich im Alter von 65 Jahren bei uns einen Trainingsplan bestellte und jetzt mit 69 in jedem Jahr noch mehrere persönliche Rekorde aufstellt.
Geht es dir auch so, dass du ins Rätseln kommst, wenn du liest, welche Leistungssprünge manche Läufer(innen) noch im fortgeschrittenen Alter machen? Im Gespräch berichtete mir ein Bekannter: „Ich selbst denke dann auch, dass kann doch nicht sein, du wirst jeden Tag langsamer und da rennt ein 52-jähriger über 10 km eine 34:30 min, nach dem er jahrelang in der Nähe von 40 min herumgelaufen ist. Dann komme ich mir irgendwie minderwertig vor.“
Fakt sind aber zwei Tatsachen: 1. Ab 45 Jahre verlieren wir bei gleichbleibendem Training in der Regel 30 sec auf 10 km im Jahr. Das aber nur, wenn du schon zehn bis zwölf Jahre Leistungstraining hinter dich gebracht hast.
2. Nicht alle Greif-Club-Mitglieder vollbringen solche Leistungssprünge, wie sie in den wöchentlichen Club-Highlights beschrieben sind. Wolfgang Meier konnte seine Leistungen nur so verbessern, weil er im Vorfeld nur gejoggt ist.
Oft verbessern sich die Club-Mitglieder nur um ein paar sec oder auch scheinbar gar nicht. Wenn eine W55 Läuferin im Vorjahr eine 48:54 läuft und in diesem Jahr eine 48:59, dann ist das für sie schon ein Erfolg. Ihr ist es gelungen, den Altersabbau aufzuhalten.
Natürlich ist es so, dass eine Vielzahl von Aktiven auch noch in der zweiten Lebenshälfte erstaunliche Leistungssteigerungen erzielt. Das geschieht in der Regel einmal durch einen späten Einstieg in unseren Sport oder durch Änderung und Verbesserung des Trainings.
Es gibt aber noch einen zweiten Grund, aus dem es plötzlich zu ganz überraschenden Leistungs-Aufwertungen kommt. Und zwar resultieren diese Aufwertungen oft aus gesteigertem Selbstbewusstsein. Manche von uns glauben nämlich nicht so richtig an Ihre Fähigkeiten. "Ich bin einfach nicht talentiert" oder "Meine Grundschnelligkeit ist zu schlecht, dass schaffe ich nie."
Ich kann Ihnen versichern, dass sich die meisten mit solchen Annahmen unglaublich täuschen. In jedem steckt ein guter Läufer, fast jeder kann es bis zu einem Alter von 45 Jahren schaffen unter 3 h im Marathon zu kommen. Fast jede junge Frau kann unter 40 min über 10 km laufen.
Nur der Glaube daran, dass es zu schaffen ist, muss erst einmal da sein. Dazu muss dann der Wille kommen dieses Ziel auch zu erreichen und erst dann wird das Training wichtig. Träumen allein nützt wenig. Siehe Uli Strunz oben.
Wenn du jetzt abends in das Bett gehst, dann lässt du vor deinen geschlossenen Augen den Film ablaufen, wie du durch das Ziel läufst und oben in der Zeitansage deine Traumzeit erscheint.
Und wenn du auch nur ein einziges Mal träumst, dass am Ende dieser Ziffern eine 59 steht, dann schicke ich dir den Albtraum, indem du zur Strafe ein ganzes Jahr in einem Greif-Trainingslager gefangen gehalten wirst. ;-)