Die letzten Wettkämpfe stehen vor der Tür und bei vielen kehrt so langsam die Pause ein. Doch wie jedes Jahr haben die „Dauerläufer“ nicht genug und versuchen sich auch in der Herbst-Saison zu motivieren und eine Leistungssteigerung zu erzielen. Nun ja… kennt ihr Holger noch und die Worte die Peter Greif damals zu dem Thema geschrieben hat? Nein ?! Gut, hier nun ein paar Zeilen die dich nochmal ziemlich pushen werden – Viel Spaß beim lesen ;-)
Peter Greif:
„Hast du auch schon einmal darüber nachgedacht, dir selbst die Harke zu zeigen? Eine Einheit, die dir kurzfristig hilft, dein Umfeld mit einer sprunghaften Leistungsverbesserung zu überraschen?
Du kannst natürlich deinen lieben Holger zeigen und innerhalb von sechs Wochen vorführen, dass er nicht immer der Führende sein kann. Das wäre doch ein Spaß? Vor Jahren habe ich schon einmal so etwas von Holger-Vernaschungseinheit geschrieben. Zu dem Holger sind dazu noch einige Worte zu schreiben: Ich habe in der Vergangenheit schon mehrfach gehört, dass man mich und meinen Schreibstil nicht mag. Der Grund war immer der arme Holger ;-) Dieser Holger ist eine fiktive Figur. Die meisten von uns tragen ihn mehr oder wenig in Herz und Hirn versteckt. Manche sind aber auch offen bekennend den Holger als starken Motivator zu sehen. "Er ist für dich der, der dich beharrlich überholt. Und du wünschst, ihn einmal im Rennen kurz vor dem Ziel einzuholen."
Nun haben einige Außenstehende Probleme - speziell Frauen - die den Peter Greif überhaupt nicht mögen, weil dieser seinen Holger immer so fertig macht, bis er "weint". Ein offenes Wort von einer Dame: "So was macht man nicht!" Im Übrigen heißt Holger, in der weiblichen Form Olga :-)…
Klartext: Ich hatte innerhalb meiner Laufkarriere jede Menge "Holgers". Mit denen bin ich meist heute noch befreundet und wir lachen uns kaputt über die damaligen Zeiten. Aber ein paar haben mich wohl niemals gemocht. Aber! Sie haben mich doch nach vorne getrieben und ich gebe zu: „Wenn ich im Endkampf so einen Spezialholger erspähte, dann legte ich noch eine Schippe Kohle auf.“
Es war die Motivation noch halbtot in das Ziel zu kommen.
Bei Motivation Nr.2 willst du dich ständig besser ernähren. Wenn du aber eben meintest, durch besseres Essen und Trinken schneller laufen zu können, dann liegst du falsch. Nahrungsmittel haben nur einen marginalen Einfluss auf deine Leistung. Leider! Meine Aussage wird dich überraschen, aber ist dennoch richtig. Trotzdem glauben 99 % der deutschen Läufer, dass sie sich Ausdauer und Schnelligkeit anfressen könnten, sonst wäre das Thema Ernährung nicht die Nummer eins in allen Lauftreffs.
Aber du kannst drei Bereiche deines Trainings ändern und schon eines davon kann dich auf einen neuen Zeitenthron hieven: Entweder, du erhöhst dein Trainingstempo, -umfang, -rhythmus und/oder die Anzahl der Trainingseinheiten/Woche. Aber es gibt noch ein paar ganz intelligente Tricks, die ich dir später verraten werde.
Du wirst jetzt denken und welche Maßnahme davon ist die beste? Ich will dich nicht lange auf die Folter spannen: Es ist die Anzahl der Trainingseinheiten. Du bist sicher überrascht und hast höchstwahrscheinlich an etwas anderes gedacht? Vielleicht den Umfang?
Ja, mit einer Umfangserhöhung kann man erhebliche Zuwächse erzielen. Aber: International oder auf dem kleinsten Dorf weiß man aber heute, dass die ständige Ausweitung des Umfangs in eine Sackgasse führt.
Noch vor gut zehn Jahren meinte man, es wäre möglich mit Wochenkilometern bis über 300 die Medaillen vom Himmel holen. Aber die Praxis hat gezeigt, dass dieses Verfahren seine Tücken hat. Der menschliche Körper ist nicht für solch hohe Umfänge gebaut und die schwächste Stelle im Organismus bricht dann irgendwann. Speziell wird von den Japanern berichtet, dass sie bis an die 500 km - nicht Monat - in der Woche gegangen sind.
Aber es gibt japanische Weltmeister, Olympiasieger und eine Weltrekordlerin im Marathon. Diese sind wie die Raketen aufgestiegen und wie die Sternschnuppen verglüht. Oder erinnerst du dich noch Naoko an Takahashi, die Olympiasiegerin von 2000 und Gewinnerin des Berlin Marathons in Weltrekordzeit? Aber darüber wollen wir nicht diskutieren… wir bleiben am Boden und beschäftigen uns damit, wie wir uns im regionalen bis nationalen Niveau verbessern können und wollen.
Im Bereich der Umfangserhöhung haben wir schon zwei Möglichkeiten. Einmal, indem du jeden Tag ein paar Kilometer mehr läufst oder einen Tag mehr trainierst. Letztere Maßnahme führt schnell und zu erheblichen Leistungssteigerungen und überfordert in der Regel niemand.
Wenn du zum Beispiel viermal in der Woche trainierst und die oft gewählte Variante wählst: Tempo-Regeneration-Tempo-lange Einheit, dann kannst du ohne Probleme noch eine weitere extensive Einheit hinzunehmen. Diese wird dich erheblich nach vorne bringen, aber es gibt eine Variante, die deutlich mehr Erfolg verspricht.
Bei dieser musst du die Anzahl der gelaufenen Kilometer im Wettkampftempo erhöhen. Es hat sich international gezeigt, dass dies das eigentliche Wundermittel für einen Leistungsfortschritt ist. Wie gehst du mit so einer Empfehlung nun praktisch um?
Nehmen wir einmal an, du möchtest die 1:30 h Halbmarathon knacken. Dann empfehle ich dir nachfolgendes Verfahren für eine Zeit von 1:28 h, das wäre ein km-Schnitt von 4:10 min. Dieser ist nun dein Trainingsziel für kommende Tempodauerläufe.
Gehen wir davon aus, dass du bereits 10 km in diesem Tempo trainieren kannst und du hast noch sechs Wochen bis zum Halbmarathon. Dann wendest du das unten aufgezeigte Verfahren an:
Noch
6 Wochen: 11 km im Halbmarathon-Renntempo
5 Wochen: 12 km im Halbmarathon-Renntempo
4 Wochen: 13 km im Halbmarathon-Renntempo
3 Wochen: 14 km im Halbmarathon-Renntempo
2 Wochen: 15 km im Halbmarathon-Renntempo
1 Woche: 16 km im Halbmarathon-Renntempo
und am Wochenende der Wettkampf
Diese Einheit läufst du immer am Wochenanfang, so dass du in der letzten Woche vor dem Rennen noch eine moderate Erholungszeit (Tapering) hast. Ich kann dir versprechen, dass dieses Verfahren dir sehr viel abfordern wird, aber es dich auch stark verbessern kann.
Eventuell bist du einer von den ganz harten Typen, dann kannst du versuchen auch bis an 18 km zu kommen. Danach ist aber auf jeden Fall Schluss, denn dann bist du ja schon praktisch im Rennen.
Es gibt aber noch ein anderes Verfahren, mit dem du dich deiner Super-Bestzeit nähern kannst, dies ist das von mir erfundene Gummiband-Training. Dieses erfordert von dir aber eine besondere Härte und etwas mehr Zeitaufwand. Macht dir das Training aber etwas leichter.
Du kannst den gleichen Rhythmus wie oben beschrieben wählen und ebenso das Halbmarathon- Renntempo. Du startest also mit den 11 km-Lauf sechs Wochen vorher dem HM.
Vom ersten Meter an wählst du die geplante Geschwindigkeit. Auch wenn du das Gefühl hast, dieses nicht bis zum Ende durchbringen zu können, läufst du soweit bis dein Körper dir mitteilt, dass er nun die Nase voll hat von diesem vermeintlich zu hohem Tempo. Gib ihm erstmal nach und nimm das Tempo zurück.
Du weißt ja, so ein Körper ist in Verbindung mit einem Gehirn ein fauler Sack, beide gilt es auszutricksen. So schaltest du für 400 m dein Lauftempo in die bequemere Geschwindigkeit des extensiven Dauerlaufs herunter.
Hast du diese durchlaufen, erhöhst du das Tempo wieder auf das des geplanten Halbmarathons und läufst so lange weiter, bis du abermals nicht mehr kannst oder auch die geplanten 11 km im HM-Tempo komplett geschafft hast.
Das fiese daran ist, dass der Streckenteil mit dem verminderten Tempo nicht zu den Gesamt-Kilometern gezählt wird. D.h. zum Beispiel wenn du 3 × 400 m Trabpause machst, dann musst du nun nicht nur 11 km Laufen, sondern 12,2.
Das Greif-Gummibandtraining ist fast genauso effektiv wie das direkte Durchlaufen der Strecke, aber nicht besonders beliebt bei unseren Läufern im Greif Club. Du kannst nämlich nicht vorher ausrechnen wie lang du laufen musst.
Wenn du einen guten Tag hast, dann schaffst du die ganze Strecke im vorgeschriebenen Tempo. Aber wie jeder von uns weiß, gibt es diese Tage nicht immer und du musst vielleicht fünf- oder sechsmal dein Tempo reduzieren. Und das scheint einige doch zu nerven. Dazu wirst du nicht gehören, denn schon in Kürze willst du deinen Holger in Tränen aufgelöst sehen.
In den Greif Club-Trainingsplänen habe ich das Gummibandtraining wieder herausgenommen, weil die vorgeschriebene Erhöhung der Gesamtkilometer pro Woche im Halbmarathon-Renntempo wohl etwas zu optimistisch von mir ausgelegt war. Ich hatte leider noch nicht die Zeit dieses zu reformieren. Im nächsten Jahr ist es aber dann wieder im Programm in einem anderen Rhythmus.
Vielleicht sollte ich auch dir ein weiteres Trainingsgeheimnis verraten: Laufe in jedem Jahr mindestens eine Einheit, die dein Organismus noch nicht kennt. Er wird es dir mit einem unerwarteten Leistungsfortschritt danken."