Liebe Lauffreunde, bereits im Dezember 2019 berichteten Medien darüber, dass ein unbekannter Virus sich in der chinesischen Stadt Wuhan ausbreitete und als erhöhtes Risiko zählt. Einige Monate später erreichte auch uns das Virus und sorgte somit für einen radikalen Einschnitt in unserem Laufleben. Wettkämpfe wurden reihenweise abgesagt, Teamsport konnte nicht mehr ausgeübt werden und in vielen Ländern herrschten teils Ausgangssperren. Dieser bisher noch nie dagewesene Einschnitt in unser Leben spiegelte sich auch bei unseren Läufern wieder. Viele verloren über das Pandemiejahr ihre Motivation und Leistungsfähigkeit. Andere haben sich gerade jetzt als Ziel gesetzt, fit und motiviert wieder an den Start zu gehen. Wir haben für euch daher eine 4-teilige Serie gestartet, bei der unsere Läufer über Ihr Laufjahr 2020-2021 berichten. Der kleine Einblick zeigt genau das, was wir Läufer und der Großteil aller aktiven Sportler seit Covid-19 mitmachen müssen. Wir freuen uns über euer Feedback, bleibt gesund und liebe Grüße vom Greif Sport Team.
Im folgenden Text will ich ein wenig über mein Lauftraining, meine Ziele und meine Motivation während der Corona-Zeit berichten. Das uns Corona allen zu schaffen macht ist wohl längst kein Geheimnis mehr und doch sind wir Läufer als "Einzelkämpfer" im Vergleich zu allen Personen die einen Gruppensport machen noch gut davongekommen. Wir konnten zumindest unseren Sport weiter ausüben, auch wenn vielen die gewohnte Laufgruppe und ihre Lauftreffs sicher gefehlt haben. Nun will ich aber mehr über mein Training seit der Corona Zeit erzählen.
Da ich sowieso am liebsten alleine für mich Laufe hat sich zunächst nicht viel geändert. Ich habe meinen Greif-Trainingsplan vor der Pandemie versucht 100% zu erfüllen und so bin ich dann auch in diese Zeit rein gestartet. Meine Motivation auch ohne Wettkämpfe zu trainieren war vor allem: "wenn das ganze hier rum ist will ich das alle sich wundern wie schnell ich geworden bin". Ihr müsst wissen, in meiner Heimatstadt bin ich in einem Laufverein mit einigen Mitgliedern, die mich nie wirklich wahrgenommen haben. Daher wollte ich beim nächsten Wettkampf mit meiner Leistung glänzen und alle Erwartungen übertreffen. Das hat sich dann aber schnell dazu entwickelt, dass ich mir selbst beweisen wollte, wie schnell ich werden kann - so bin ich also top motiviert in diese Zeit gestartet!
Ich habe schon immer meine Läufe früh morgens noch bevor ich zur Arbeit oder zur Uni musste absolviert und das habe ich auch während der letzten 1,5 Jahre so beibehalten. Ich hatte 5 Lauftrainings pro Woche und habe diese noch um 2 Krafttrainingseinheiten ergänzt. Durch das konsequente Training bin ich natürlich auch merklich schneller geworden. So konnte ich während der Pandemie im Jahr 2020 auch eine neue 10 km Bestzeit aufstellen, von der ich eigentlich gedacht hätte, sie erst in 1-2 Jahren zu schaffen. Im März 2020 bei meinem letzten offiziellen Wettkampf in Frankfurt bin ich ebenfalls über die HM-Distanz eine neue lang ersehnte Bestzeit gelaufen. Ich muss aber ehrlich sagen, einen Solo-HM bin ich nicht gelaufen. Mehr als 10 km ohne echtes "Wettkampffeeling" ist bei mir nicht drin. Auch bei der Greif-Challenge letztes Jahr habe ich teilgenommen und bei mir zu Hause einen 10 km Wettkampf veranstaltet. Insgesamt waren wir 10 Leute und das hat natürlich riesigen Spaß gemacht. Die kleinen Dinge halten eben die Motivation in diesen schweren Zeiten oben. Also alles in allem sehr erfolgreich (hier befinden wir uns ca. im Dezember 2020).
Dann muss ich aber leider sagen kam der Einbruch. Viel Stress in der Uni und auf der Arbeit, ein neues Familienmitglied (unser Welpe Maya) und auch die aussichtslose Pandemie raubten mir so langsam die Kräfte. Ich gab seit Beginn 2020 über 110% und Ende des Jahres war mein Akku dann einfach leer… Ich habe das Training über den Januar hinweg versucht aufrecht zu erhalten, aber spätestens Ende Januar kam ich zu der Einsicht das ich etwas ändern muss. Meine Aminosäuren im Blut waren katastrophal, also kein Wunder, das es mir nicht gut ging. Trotz sehr gesunder Ernährung raubte der Stress mir jegliche Kraft. Ich hätte wohl 24 h am Tag schlafen können und wäre immer noch müde und erschöpft gewesen, also verordnete ich mir selbst eine Zwangspause! Sehr schwierig für mich, denn der Sport gehörte seit Jahren für mich dazu.
Ich habe gemerkt, dass das leistungsorientierte Training sich zu einem Zwang entwickelt hat und ich mir zusätzlich selbst zu viel Druck gemacht habe immer schneller und besser werden zu müssen. Daher: 2 Wochen Sportverbot als Schocktherapie in der Hoffnung, dass meine Energie zu mir zurückkehren wird.
Nach etwas über 2. Wochen aber die Ernüchterung, mein Tatendrang kam nur schleppend zurück. Der Winter, die Kälte, keine Sonne und natürlich die Pandemie setzen mir richtig zu. Prüfungsphase in der Uni, der kleine Welpe, der alle 2 h raus muss, diverse Schicksalsschläge die sich häuften, machten mir das Leben sehr schwierig. Nach über 3 Wochen habe ich wieder angefangen Laufen zu gehen und wieder in das Krafttraining einzusteigen. Ich habe den Spaß am Sport langsam, aber sicher wieder gefunden. Anfangs war es das Krafttraining, das mir sehr viel Spaß gemacht hat. So habe ich 4-mal pro Woche trainiert und bin zusätzlich 1-2-mal Laufen gegangen. Aber nur so weit und schnell, wie ich Lust hatte. Es sollte auf keinen Fall Druck auf mich ausüben. So bin ich dann ein paar Wochen vor mich hin gedümpelt. Schnell wurde mir dann klar, dass mir das strukturierte Training auch in einer Weise fehlt. Also habe ich mich hingesetzt und mir überlegt mit meinem eigenen Wissen einen "Plan" zu schreiben, der sowohl Tempo-Training als auch längere Läufe beinhaltet. Alles aber ohne Zwang und wenn ich keine Lust hätte zu Laufen auch mal ein Training sausen lassen zu können.
Früher habe ich mein Alltag an mein Training angepasst, heute ist mir wichtig mein Alltag und mein Training in Einklang organisieren zu können. Einfach nicht mehr so verkrampft und gezwungen. Ich habe angefangen meine Liebe für Bodyweight-Training zu entdecken. Auch meine Liebe zum Trail-Running hat sich nach meinem Wiedereinstieg neu entwickelt. Momentan laufe ich 3-4-mal pro Woche. 2 kürzere Tempoeinheiten, einen langen Lauf und den vierten Lauf mache ich so wie ich grade Lust habe. Dazu mache ich 2-3 Krafteinheiten. Bei meinem langen Lauf mache ich den Wald unsicher. Bei uns gibt es den sogenannten "Weinsteig". Das ist ein 172 km langer Wanderweg durch den Pfälzer Wald der in einzelne Etappen von je 15-20 km unterteilt ist. Auf der Strecke wird quasi jeder Berg mitgenommen, der nur geht. Es werden also (für meine Verhältnisse) einige Höhenmeter gemacht. Davon laufe ich aktuell jeden Samstag eine Etappe. Sonst war mein langer Lauf immer um die 25 km, aber ich kann euch sagen: nach den 15-20 km bin ich mindestens genauso kaputt wie nach 25 km, auch wenn ich durch die ganzen Höhenmeter natürlich deutlich langsamer bin. Auf jeden Fall ein neuer Reiz, den ich sonst nie hatte, da ich hauptsächlich auf flachen Straßen oder Feldwegen gelaufen bin.
Insgesamt denke ich, dass sich meine Laufleistung während Corona erst deutlich verbessert, dann sehr verschlechtert hat und jetzt aktuell wieder im Aufbau ist. Ich bin wohl nicht mehr so schnell wie vor einem Jahr und auch meine Tempohärte ist nicht mehr ganz so super. Wenn ich ehrlich bin drücke ich mich auch ein wenig mal einen 10 km Testlauf zu machen, da ich doch schon etwas Angst vor einem sehr enttäuschenden Ergebnis habe. Nehme ich mir aber für kommenden Wochen fest vor!
Was meine Laufleistung angeht, eine lange Strecke zu Laufen bin ich im Prinzip gar nicht schlechter geworden. Im Gegenteil, ich kann 25 km im Wald mit einigen Höhenmetern ohne Probleme laufen. Das habe ich zurzeit als ich meine langen Läufe nur im Flachen gemacht habe nie hinbekommen. Das hat sich also zum Positiven geändert. Da merkt man, dass das Training im Wald auch fruchtet.
Mittlerweile fehlt mir das strukturierte Training nach den Greif-Plänen aber schon sehr. Da sich mein Stress im Alltag auch wieder reguliert hat, meine Hündin älter geworden ist und kein 24 h Intensivpflegefall mehr ist bin ich nun wieder bereit richtig einzusteigen. Heute Morgen habe ich zu meinem Freund gesagt: Jetzt bin ich bereit wieder richtig anzugreifen!
Also seit heute trainiere ich wieder fest nach Plan. Zwar "nur noch" nach dem Fitness Plan aber besser als nichts. Und ich werde mir auch die Freiheiten nehmen mein Training selbst mitzugestalten. Meine langen Läufe werden weiterhin im Wald stattfinden und auch die Tempotrainings erzwinge ich nicht. Aber die Grundstruktur tut mir gut.
Meine Ziele nach Corona?
Ich will, sobald es wieder möglich ist nach Österreich oder in die Schweiz und dort bei einem Wettkampf teilnehmen, um auf einen Gipfel zu laufen. Ich kann mich noch dran erinnern, als Kind hat mein Papa beim Aletsch-Halbmarathon in der Schweiz teilgenommen. Das hat mich so fasziniert und zutiefst beeindruckt (und da hatte ich mit der ganzen Lauferei noch gar nichts am Hut), dass ich mir fest vorgenommen hab in die Fußstapfen meines Vaters treten zu wollen. Das ist also, sobald es wieder möglich ist einer meiner nächsten Wettkämpfe. Auch auf die 10 km Volksläufe in meiner Umgebung freue ich mich sehr. Ich habe jetzt ja noch ein wenig Zeit wieder darauf hinzuarbeiten und wieder an meiner Schnelligkeit zu üben. Aber wie gesagt: Jetzt greife ich wieder an. Ich bin absolut bereit wieder alles im Training zu geben und kann es kaum abwarten wieder echtes Wettkampffeeling zu spüren, die Zuschauer klatschen zu hören und voller Stolz über die Ziellinie zu laufen!
Gelernt habe ich in diesen schwierigen Zeiten sehr viel über mich. Vor allem mir selbst keinen Druck mehr zu machen und das Laufen wieder als Hobby zu sehen. Doch hat mich auch grade das Laufen stets begleitet und mich auch aus jedem Tief wieder rausgeholt. Dafür bin ich sehr dankbar. Das Laufen ist und bleibt eben der beste Sport. Und das war‘s jetzt auch, denn jetzt gehe ich laufen. Ihr wisst ja: Jetzt greife ich wieder an!