In heutiger Zeit gibt es immer häufiger eine Gleichmachung zwischen Halb- und Marathon. Es werden in unserer Zeit deutlich mehr 21,1- als 42,2-km-Rennen bestritten. Während vor der Jahrtausendwende noch jeder Anfänger davon träumte, einmal einen Marathon zu laufen, wird heute mehr der Traum vom Halbmarathon geträumt.
Das Überraschende dabei ist, dass die Gefahren und Unsicherheiten des Marathons übertragen werden auf die halb so lange Distanz. Die Angst vor dem HM ist jetzt genau so groß wie die früher vor den 42,2 Kilometern.
Unterschiede zwischen Halbmarathon und Marathon
Dabei unterscheidet sich gerade in diesen Distanzen das Belastungspotenzial erheblich. Die 21,1 km sind vergleichsweise sehr einfach zu laufen und benötigen auch keine großartige Taktik, um das Rennen zu beenden.
Wer einmal einen Halbmarathon zu schnell angeht, der bekommt keine große Strafe. Er wird dann zwar etwas später in das Ziel kommen, aber schreckliche Schmerzen, wie es sie auf der doppelten Distanz gibt, wird dieser Mensch nicht erleiden.
So können auch relativ disziplinlose oder alle ängstlichen Läufer und Läuferinnen einen HM sehr gut bestreiten. Hingegen rächt sich ein Marathon in erheblichen Maße, besonders bei denen, die so ein Abenteuer zu schnell beginnen.
Regenerieren nach dem Rennen
Was aber passiert eigentlich nach dem Rennen? Wie lange sollte man Regenerieren? Wann ist es möglich wieder einen Wettkampf zu bestreiten? Ich will versuchen etwas Licht in die Dunkelheit des Wissens über die Abläufe nach dem Rennen zu bringen.
Starten wir erst einmal mit dem HM. Auch nach den 21,1 km solltest du so schnell wie möglich ein energiereiches Kohlenhydrate-/Eiweißgetränk zu dir nehmen oder auch etwas zu essen. Erst in diesem Moment beginnt deine Regeneration.
Danach kannst du dich auf dem Gebiet der Ernährung eigentlichen so verhalten, wie du es gewohnt bist. Am Tag danach solltest du als Vieltrainierer (6 - 7 Trainingstage/Woche) fünf bis zehn Kilometer regenerativen Dauerlauf absolvieren. Das gleiche machst du auch noch am Folgetag und schon am dritten Tag nach dem Wettkampf kannst du wieder in die Tempoläufe einsteigen.
Betrachte aber dieses erste Qualitätstraining drei Tage nach dem Rennen mit einem vorsichtigen Blick. Je nach Alter, Trainingsalter und -gewohnheiten solltest du die Intensität und eventuell auch den Umfang etwas zurückschrauben, wenn dein Organismus dir meldet, dass du noch nicht vollständig erholt bist.
Auch wenn dein Trainingsplan dir etwas anderes vorgibt, musst du immer auf dein Gefühl hören, denn dieses informiert dich in jedem Fall besser als der Plan. Wenn du im Form bist, dann kannst du durchaus auch einmal an dem Folgewochenende einen weiteren Halbmarathon oder auch einen Zehn-Kilometer-Wettkampf absolvieren.
Wie du gelesen hast, ist also das Verhalten rund um einen Halbmarathon nicht besonders kritisch, und darum solltest du gewisse Ängste, die meistens Außenstehende an dich herantragen, ignorieren.
Vielleicht kannst du dir einen Vergleich zurecht legen, indem du die beiden Wettkampfdistanzen als Berge betrachtetest. Wenn du einmal den Brocken, den höchsten Berg Norddeutschlands mit 1142 m Höhe, mit dem Mont Blanc und seinen 4810 m vergleichst, dann kannst du ungefähr die Verhältnisse zwischen einem HM und einem Marathon spüren.
Denke einmal darüber nach, dass du den Brocken in Wettkampfschuhen besteigen kannst, und was du alles tun musst, um den höchsten Berg der Alpen besiegen zu können.
Zu Letzterem gehört allerhand dazu, und jeder Eingeweihte weiß, welch sorgfältige Vorbereitung die Besteigung des Mont Blancs erfordert. Und das erfordert nicht nur der Auftstieg, sondern auch der Abstieg.
In unserem Sinne ist dies schon der Beginn der Regeneration. Darum dreht es sich heute auch hauptsächlich um das Thema der Marathon-Regeneration.
Praktische Hinweise zur Dauer der Regeneration
Ich muss mich in den nachfolgenden Zeilen darauf beschränken, praktische Hinweise auf die Dauer der Regeneration zu geben. Das Thema, warum und wieso so lange regeneriert werden soll, kann ich nur am Rande streifen. Das würde den Rahmen dieses Newsletters sprengen.
Grundsätzlich erst einmal sollte Ihnen klar sein, dass deine Regeneration umso länger dauert, je weniger du im Vorfeld trainiert hast. Jemand der sieben Mal in der Woche die Laufschuhe anzieht, kann z. B. nach einem Marathon schon wieder am Folgetag des Rennens locker laufen, während der Dreimalwöchentlich-Trainierer manchmal kaum eine Treppe hoch kommt.
Als erstes möchte ich hier die unter Umständen sehr komplizierte Erholungszeit nach einem Marathon aufzeichnen. Leider ist gerade dieser Regenerations-Zeitraum nicht genau zu erfassen. Er kann zwischen einer und sechs Wochen schwanken.
Der Grund liegt in dem individuell unterschiedlichen Anstrengungsgrad während des Wettkampfs. Jemand kann sinnbildlich auf den Brustwarzen kriechend ins Ziel kommen, während ein anderer völlig locker den Endpunkt der 42,2 km erreicht.
Aber auch diese offensichtlichen Unterschiede im persönlichen Anstrengungsgrad sind kein objektives Bewertungskriterium für die Dauer der Regeneration.
Regenerationserfahrungen von Peter Greif
Meine eigene Erfahrung als Läufer und Trainer zeigt, dass manche Läufer(-innen), die sich bekanntermaßen in jedem Rennen völlig verausgaben, einmal nach drei Tagen wieder lustig an der Bahn standen und nach Tempoläufen verlangten und ein anderes Mal nach einem gleichartigen Rennen noch nach drei Wochen nur langsame Dauerläufe absolvieren konnten.
Ich möchte dich hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass die nachfolgende Regenerations-Tabelle für dich und auch für mich eine "ganz heiße Kiste" ist.
Wenn du die unten stehenden Durchschnittswerte nutzt und dein Körper hängt nach Ende des Empfehlungs-Zeitraums sinnbildlich immer noch in den Seilen, dann kannst du dir unter Umständen gesundheitliche Schäden zuziehen.
Für mich sind diese Empfehlungen insoweit "eine heiße Kiste", weil sie nicht auf wissenschaftlichen Untersuchungen, sondern auf meinen eigenen Erfahrungen beruhen.
Grundsätzlich solltest du auf dein Gefühl achten: Schmerzen Muskeln, Knochen und Sehnen nicht mehr, und hast du Lust, wieder einmal richtig schnell zu laufen, dann bist du in der Regel soweit erholt, dass du wieder normal trainieren kannst. Ist dies nicht der Fall, dann regeneriere weiter, bis dieser Zustand eintritt.