Man hört ja so manches. Man hört zum Beispiel, dass in einzelnen Kreisen von Anglern angeblich gern übertrieben wird in der Länge und dem Gewicht des Fanges. Ob das stimmt, entzieht sich vollends meiner Kenntnis. Ich kenne keinen Angler. Aber sind wir Läufer denn besser?
Gern wird erzählt, welche Traumzeit wieder erreicht wurde und unter welchen Bedingungen. Wenn denn alles perfekt gewesen wäre, hätte die Zeit auch noch ganz anders gelautet. Ja, wenn es denn so gewesen wäre! Es ist aber nicht so gewesen!
So manch einem kann man gar keinen Vorwurf machen. Er startet beim lokalen Volkslauf, in der Ausschreibung steht etwas von "10 km" und das Ergebnis erkennt er für sich als die Wahrheit an. Was bei manchem noch nicht angekommen ist: Die Streckenlängenangabe bedeutet nicht, dass diese präzise so vermessen wurde. Mitunter bedeutet sie auch garnichts wie das folgende Beispiel zeigt!
Vor Jahren selbst erlebt: Bei einem lokalen Lauf wird 10 km als Streckenlänge angegeben. Für die ersten 6 des Einlaufes jeden Geschlechts gab es dickes Preisgeld, so dass der Lauf gut besucht war von "schnellen Hirschen". Wie alle anderen auch laufe ich auf dem vollkommen einwandfrei ausgeschilderten Kurs mit aufmerksamen Helfern auf dem korrekten und so vorgesehenen Streckenverlauf. Im Ziel erstarre ich mit Blick auf meine Uhr: Rund 28 Minuten für 10 km!!! Allen anderen ging es ähnlich und uns war völlig klar, dass etwas nicht stimmen konnte. Wir flachsten zusammen noch herum: "Noch etwas Training und wir packen den Weltrekord".
Eine Nachmessung mit der Top50-Software ergaben lächerliche 7,7 km. Und selbst wenn man über Messungenauigkeiten mit dieser oder anderer Software diskutiert, auf mehr als 8 km kommt man nie auf dem gelaufenen Kurs. Für einen solchen Lauf anlässlich eines Firmenjubiläums war dieser Umstand für uns vollkommen wurscht und Spaß gemacht hat's trotzdem. Ärgerlich jedoch, wenn man so etwas bei einem regulären Lauf erlebt.
In der Praxis bei "richtigen" Läufen kam mir ein so außergewöhnlich extremer Fall nicht im Ansatz vor und das spricht für die Veranstalter. Jedoch ungezählte Male in harmloserer Variante von wenigen hundert Metern. Rechne nach: Selbst wenn die Strecke nur 300m zu kurz ist, macht das in der Endzeit je nach Leistungsstärke 1-2 Minuten aus. Und wenn du auf diesem Wege deine "Bestzeit" verbesserst, dann ist diese nichts wert.
Keineswegs sind alle Volksläufe falsch vermessen. Dieser Eindruck darf nicht entstehen! Es kommt vor allem auf den Veranstalter vor Ort an. Der eine fährt die Strecke mit dem Auto ab und über diese "Genauigkeit" für unsere Ansprüche lohnt nicht zu diskutieren. Andere gehen eben aus eigenem Interesse an korrekter Streckenlängenangabe viel akriebischer vor.
In meinem alten Verein hatten wir einen Vermessungs-Ingenieur. Sogar beim täglichen Training war für ihn ein zentrales Problem, ob unsere Einführungsrunde nun 3,9 oder nur 3,85 km lang war. Das ist wirklich wahr! Wir diskutierten nicht selten mit ihm darüber. Natürlich war er beim selbst organisierten Volkslauf für die Streckenvermessung zuständig. Und dass diese Länge auf den Meter korrekt stimmt, das ist so sicher wie das wöchentliche Erscheinen dieses Newsletters.
Haben wir denn eine Sicherheit über die angegebene Streckenlänge bei unseren Starts? Ja, die haben wir. Weitgehend.
"Die Bahn lügt nicht!" Eine Aussage von Peter Greif aus einem anderen Zusammenhang. Deine Leistung bei einem regulären Bahnrennen in einer modernen Anlage kannst du als Fakt anerkennen. Dass auch dort mal Pannen in der Zeitmessung und der Rundenzählung passieren können, steht auf einem anderen Blatt.
Bei Laufwettkämpfen außerhalb der Stadien unterscheidet der Deutsche Leichtathletik-Verband in der Definition von Veranstaltungen zwischen Volksläufen und Straßenläufen.
"Volkslauf: Die Streckenlängen sind in "ca. x km" anzugeben und brauchen für einen Volkslauf nicht exakt vermessen zu sein." (Quelle: Niedersächsischer Leichtathletik-Verband).
Ganz anders die Situation im so genannten Straßenlauf. Hier sind vom Veranstalter nicht zuletzt hinsichtlich Vermessung strenge Auflagen zu erfüllen. Du findest diese zusammengefasst auf Seite 126 der Internationalen Wettkampfregeln.
In der Ausschreibung der Veranstaltung steht, ob du es mit einem Volks- oder einem Straßenlauf oder beidem zu tun hast.
Außerdem solltest du auf der Internetseite deines Leichtathletik-Landesverbandes eine Liste mit den Standarts entsprechend vermessenen Strecken finden. Aber selbst hier können wir nur auf die pannenfreie Durchführung hoffen. Denn selbst wenn die Strecke präzise vermessen wurde, stellt sich die Frage, ob sie am Veranstaltungstag auch so gelaufen worden ist.
Auch hier wieder ein selbst erlebtes Beispiel: Bei einem lokalen Halbmarathonlauf auf bestenlistenfähiger Strecke war die Führungsgruppe aus 4 oder 5 Läufern bereits weg. Wir in der Verfolgergruppe staunten nicht schlecht, als wir im Ziel als Treppchenbesetzung für die Siegerehrung begrüßt wurden. Was war passiert? In einer Ortschaft hat ganz banal ein Streckenposten gefehlt. Er war einfach noch nicht da! Aus diesem Grund liefen wir mangels Streckenkenntnis geradeaus, anstatt noch eine Schleife im Ort zu drehen. Die Führungsgruppe hatte die Markierung gesehen, wir nicht. So "überholten" wir unwissentlich die Führenden und erreichten zudem "Bombenzeiten".
Für die Siegerehrung haben wir uns einvernehmlich unter uns geeinigt. Leider erschienen die Ergebnisse am Ende des Jahres in den offiziellen Bestenlisten. Die Strecke entsprach ja den Auflagen für die Bestenlisten. Wir sind sie eben nur nicht gelaufen.
Für die Glaubhaftigkeit deiner Wettkampfergebnisse über eine bestimmte Streckenlänge hast du relativ große Sicherheit bei Starts auf modernen Leichtathletikanlagen und bei offiziell als solche ausgeschriebenen "Straßenläufen". Das bedeutet nicht automatisch, dass alle anderen Strecken ungenau vermessen sind! Häufige Starts (sinnvoll etwa 2-3 im Monat außerhalb der direkten Marathonvorbereitung) erlauben dir eine Übersicht über deine aktuelle Leistungsfähigkeit. Auf dem Wege kannst du deine Entwicklung erkennen und unglaubwürdige Leistungen fallen sofort auf.