Jeder von uns möchte gerne wissen, ob in ihm nicht noch ein paar versteckte Talente schlummern. In der letzten Woche hatten wir schon die wichtigsten Elemente des Talents "Wille" und die Muskelfaserzusammensetzung behandelt.
Es gibt über die wichtgsten Talente andere Meinungen. Bei Sport und Training findet man an erster Stelle die Laktattoleranz. Dieser Absatz ist später nachfolgend kursiv aufgeführt. Bitte lese ihn kritisch. Die Auswirkungen sind richtig beschrieben, aber das diese unmittelbar vom Laktat kommen sollen ist nach heutigem Kenntnisstand falsch.
Die Messung des Laktatgehalts ist ein beliebter Parameter um die körperliche Belastung zu ermitteln. Leider wird immer mehr klar, dass die Laktatmessung sehr ungenau ist. Einer der Gründe ist, dass die Auswirkungen einer Belastung in der Zelle wirksam werden, aber wir im Blut messen.
In dem Schreiben stand nun, dass rein rechnerisch eine Zeit von knapp unter 3:00 h realistisch sei (Messfehler ausgeschlossen!!!). Wo ich meine "Form" in der letzten Zeit verloren hätte, könne er sich auch nicht erklären. Vermutlich wäre ich die langen Läufe zu schnell gelaufen....blablabla.
Wirklich irritiert begann ich nun weiter nach Plan (nach deinem Plan) zu trainieren. Die Zeitvorgaben von dem Sportmediziner lagen weit unter deinen Tempoangaben. Irgendwann beschloss ich, einfach weiter nach Plan zu trainieren und lief im Oktober beim München Marathon 2:40:29!!
Daraufhin schrieb ich dem Sportmediziner eine E-Mail, mit dem Inhalt, dass ich mir für das Geld (115 €) besser ein paar neue Laufschuhe gekauft hätte und dass ich ihn bestimmt nicht weiterempfehlen könnte. Bis heute hat der "Fachmann" noch nicht mal den Mumm gehabt, mir zu antworten."
Thorsten Krebs, Mg. Nr.: 9303
Zu dem verunsicheren die aktuellen Schwellenkonzepte uns Läufer(innen), weil jede Hochschule einen eigenen Schwellenwert definiert. Prof. Dr. Kai Röcker bezweifelt sogar, dass es überhaupt eine Schwelle gibt.
Ferner hat sich gezeigt, dass das Laktat nicht der böse Leistungsminderer ist, sondern vom Organismus weiter verstoffwechselt und dabei Energie gewonnen wird. Was zurück bleibt ist ein Säurerest, dem man unter anderen den Leistungsabfall während einer intensiven Belastung zuschreibt. Aber auch das wird in der modernen Wissenschaft noch angezweifelt.
Eines aber sollten wir nie vergessen, der Hauptfaktor in diesem Geschehen ist immer der Sauerstoffmangel. Könnten wir auch bei höchsten Tempo genug Sauerstoff aufnehmen, brauchten wir uns über dieses Feld gar keine Gedanken zu machen.
Die weltweite Sportwissenschaft hängt sich voll in die "Laktatproblematik" rein und liefert immer neue Erklärungsversuche mit scheinbaren Beweisen. Man muss aber auch heute noch vorsichtig sein mit diesen Erkenntnissen. Im Grunde genommen weiß niemand ganz genau, was denn nun eigentlich zu der schnellen Ermüdung bei hochintensiven Belastungen führt. Die bremsende Rolle von Interleukin-6 ist noch nicht vollständig geklärt. Auch Tumor-Nekrosefaktoren werden für den Leistungsabfall verantwortlich gemacht.
Andererseits könnte die große Leistungsbremse auch im fehlenden ATP oder im Gehirn selbst liegen, wenn es aufgrund von einer zu intensiven Leistung ein genetisch festgelegter Leistungsstop verfügt wird, um den Organismus vor Überforderung zu schützen.
Ich selbst tendiere zu letzterer These. Schon 1986 schrieb ich im "Count Down zur Bestzeit: Es ist immer der Geist der aufgibt, niemals der Körper." Und das gilt für mich solange, bis die Wissenschaft das Gegenteil bewiesen hat.
Aber was hilft uns das in der Praxis? Wir wissen doch, dass wir nicht zu schnell laufen dürfen, dann dann dreht uns irgend etwas den Leistungshahn zu. Und wir wissen auch, dass wir im Training immer wieder in die intensiven Bereich gehen müssen, um im Organismus eine Toleranz gegen den Leistungsabfall zu erzeugen.
Wir wissen also, wie wir gegen diesen Leistungsverlust trainieren müssen, aber nicht genau woher er kommt. Und somit können wir auch bei dem Gedankenmodell Laktat bleiben. Und dies so lange, bis vollständig geklärt ist, woher die großer Bremse bei zu hohem Tempo kommt. Im Hinterkopf sollten wir uns aber immer ganz genau daran erinnern, dass wir dort mit unsicheren Werten arbeiten.
Es ist in unserer Szene durchaus üblich mit Kausalketten zu arbeiten an deren Start Laktat steht. Wie: "Dann war ich übersäuert und mein Oberschenkel hat zu gemacht und als ich wieder langsamer lief und das Laktat wieder abgebaut war, ging es wieder." Von diesen Ursachenketten sollten wir uns trennen und besser von Ermüdungsfaktoren sprechen.
Nachfolgend jetzt der oben angekündigte der Text über "Laktattoleranz", welchen wir noch als Gedankenmodell nutzen können:
"Die Laktattoleranz ist die Fähigkeit, den Körper weiterarbeiten zu lassen, wenn sich Milchsäure oder Protonen in den Muskeln und im Blut angesammelt haben. Diese Form der Ausdauer ist in solchen Situationen besonders wichtig, in denen eine extreme Anstrengung länger als 10 Sekunden, aber höchstens 10 Minuten lang andauert.
Dies geschieht zum Beispiel auch, wenn bei längeren Events eine begrenzte extreme Anstrengung nötig ist, also beispielsweise die Bergaufstrecken beim Radrennen, die letzten 500 m beim Rudern oder die letzte Runde bei einem Bahnrennen.
"Extreme Anstrengung" bedeutet in diesem Fall, dass mehr Sauerstoff gebraucht wird, als durch aerobe Atmung geliefert werden kann. Der anaerobe Abbau von Glukose produziert Milchsäure. Wenn die Anstrengung nun länger als etwa 5 Minuten dauert, hat die Sauerstoffversorgung ihr Maximum erreicht.
Wenn die Anstrengung nun weiter andauert, lassen sich die ansteigenden Protonen in den Muskelkontraktionen nieder und das wiederum ruft Schmerzen hervor. Die offensichtlichsten Anzeichen dafür sind schweres Atmen und weniger geschmeidige Bewegungen, da einige Muskeln ihren Dienst versagen.
Man kann die Laktattoleranz durch Training verbessern. Ein Training, dass sowohl Schnelligkeit als auch Widerstand kombiniert, steigert die Fähigkeit der Muskelfasern, auch unter sauren Bedingungen weiterzumachen.
Bis zu einem gewissen Grad kann die Laktattoleranz auch durch reine Motivation unterstützt werden. Ein erfahrener Sportler kann auch dann weitermachen, wenn der Laktatwert ansteigt, da er die Erfahrung gemacht hat, dass der Schmerz auch wieder nachlassen wird.
Diätische Maßnahmen um die Laktattoleranz zu verbessern, wie beispielsweise durch die Einnahme von alkalischen Substanzen, haben sich nicht bewährt, da der pH-Wert des Blutplasmas trotzdem auf einem konstanten Niveau bleibt."
Also noch einmal: Die in diesem Absatz beschriebenen Auswirkungen von intensiver Belastung auf den Körper sind korrekt beschrieben, aber die Erklärung woher dieses alles kommt, ist nach heutigem Kenntnisstand offenbar falsch.
Kurz nach dem ich diese Zeilen ausgeschrieben habe, werde ich mich auf den Weg nach Spanien machen, um dort unseren Trainingsurlaub in Conil zu leiten. Ich weiß ja, jetzt kommt Neid auf, aber ich wünsche dir, dass der Schnee auch bei dir jetzt ganz schnell verschwindet und du auch endlich einmal wieder gefahrlos die Beine lang machen kannst.