Im Newsletter vom 27.05.2008 ging es um den Zusammenhang zwischen Puls und Laktat während der Belastung. Das ganze ist ziemlich kompliziert, aber speziell um die angezeigte Herzfrequenz des Pulsers richtig interpretieren zu können, ist ein Wissen um die Zusammenhänge nötig. Darum werde ich heute etwas Licht in das Dunkel bringen.
Herzfrequenz
Wenn sich jemand einem Laktatest unterzieht, dann wird dabei auch seine Herzfrequenz bestimmt. So kann dann auch festgelegt werden, welche Herzfrequenz der Untersuchte an der "aeroben Schwelle" hat. Diese Schwelle ist definiert als ein Wert, bei dem man noch dauerhaft laufen kann, also auch einen Marathon. Wer darüber liegt, muss früher oder später sein Tempo senken oder sein Rennen abbrechen. Es wird dann mehr Laktat produziert als abgebaut werden kann. Erst nehmen diese überschüssigen Mengen noch die Puffersubstanzen im Blut auf, aber irgendwann ist auch in diesem Bereich Feierabend, die Puffer sind gefüllt. Das Blut wird sauer und darauf reagiert der Organismus auch ausgesprochen sauer.
Wenn wir nun annehmen, diese Messung ist korrekt. An der "Schwelle" hat der Geprüfte 170 Puls. Dann könnte laut Definition der aeroben Schwelle doch nicht schon zur Hälfte des Rennens 178 HF haben, denn dann müsste er doch bald am Ende sein. Und wie schafft es unser Mensch dann das letzte Viertel gar mit durchschnittlich 186 Hf zu bestreiten?
Erst einmal könnte uns diese ganze Herzfrequenz doch ganz egal sein. 1000-de Läufer(innen) können ihren Marathon mit einer Frequenz absolvieren, die weit über dem liegt, was beim Laktattest gefunden wurde. Das ist der praktische Beweis, dass es geht. Praxis hin, Praxis her, es bleibt bei vielen von uns und besonders bei den Pulsfixierten die Angst vor der Überforderung, wenn die Herzfrequenz so hoch ist.
Wenn du dazu gehörst und ein gesundes Herz hast, brauchst du dich nicht zu ängstigen. Denn bei einem Test wird gemessen, wie dein Organismus mit dem Laktat umgehen kann, welches von den arbeitenden Muskeln produziert wird. Und das ist genau der Punkt! Wenn nur Grundlast und zusätzliche Laufmuskelarbeit gemessen werden, so wie auf dem Laufband, dann stimmen die ca. 85% von der Hfmax mit dem beim Laktattest gemessenen Schwellenwert ganz gut überein.
Weitere Faktoren
Was aber wenn nun das Herz belastet wird mit Faktoren die kein Laktat produzieren? Wie zum Beispiel die Thermoregulation. Wenn dir die Sonne auf die Haut brennt, dann muss diese stärker durchblutet werden. Dazu wird Herzleistung benötigt, also steigt die Herzfrequenz, aber nicht das Laktat an.
Noch ein während des Marathons ständig wachsender Faktor beeinflusst die Herzfrequenz. Während des Verlaufs des Rennens wird ein immer größerer Anteil der Energie aus Körperfett gewonnen. Fett braucht mehr Sauerstoff zur Verbrennung als Glykogen. Dadurch wird abermals mehr Herz-Kreislauf-Leistung erforderlich, ohne das dadurch nennenswert mehr Laktat ausgeschüttet wird.
Es wären noch weitere Faktoren aufführbar, aber ich glaube, es ist dir schon jetzt klar, dass du mit den beim Lakattest prognostizierten 85% deiner Hfmax nicht im gleichmäßigen Tempo in das Ziel kommst.
Das eigentlich Begrenzende bei einem Marathon ist die maximal mögliche Sauerstoffaufnahme. Denn die oben beschriebenen Belastungsfaktoren produzieren zwar kein saures Laktat, aber sie verzehren Sauerstoff wie die Läufer(innen) den Kuchen nach dem Volkslauf. Ruckzuck, ist alles "wech"! Und dann ist Sense, wie es im Jargon so schön heißt. Nicht mehr genug O2 zur Verfügung zu haben, heißt langsamer laufen. Da hilft auch kein Wollen.
Spiroergometrie verbessert die Aussagekraft des Laktattests
Darum kann ich dir nur den Tipp geben, lasse innerhalb einer sportärtztlichen Untersuchung eine Spiroergometrie vornehmen. Damit kann man die Aussagekraft des Laktattests verbessern. Aber freue dich nicht zu früh! Nur etwa 85% deiner sportlichen Leistungsfähigkeit kann über die Messung der maximalen Sauerstoffaufnahme ermittelt werden. Diese wird in mg O2/kg errechnet. Da kann es dir passieren, dass du 55 mg/kg hast, dein Holger nur 50 und du jubelst schon, weil du meinst ihn bald im Sack zu haben und im nächsten Rennen zieht er dich wieder mal klar ab.
Das was ichvorhergehend hier geschrieben habe ist nichst Neues, es ist allgemein bekannt. Nur es sind immer mehr besonders Unerfahrene ganz wild auf einen Laktattest. Wenn man dann diese Personen fragt, dann heißt es meist: "Ja, ich will einmal sehen, wie schnell ich wirklich laufen kann." Dahinter stecken zwei Ideen. Erstens einmal der Glaube im Wettkampf nicht alles aus sich heraus geholt oder nicht das richtige Rennen erwischt zu haben. Und zweitens die Hoffnung, dass die Untersucher finden mögen, dass man die eigene Leistungsfähigkeit total unterschätzt und noch ein großes Potential in sich trägt.
Die Hoffnung darauf, dass ein Labortest dir sagen kann, wie schnell du im Rennen wirklich laufen kannst, kannst du getrost aufgeben. Aber auf eines kannst du hoffen, dass man mit ziemlichen Unschärfen zwar, dir noch ein Zukunftspotential vorhersagen kann, wenn bestimmte Leistungsbereiche noch unterentwickelt sind.
Aber wenn du dich, dein Training und deine Wettkampfergebnisse kritisch betrachtest, dann solltest du auch vorher schon darauf kommen, wo deine Schwächen und Stärken liegen.
Nimm bitte aus diesem Text eines mit: Deinen Wert, deine Fähig- und Möglichkeiten erfährst du aus Wettkampfresultaten und nicht was die "Blutsauger" dir auf den Analysebogen schreiben. Es gilt das was auf dem Platz und auf der Straße passiert und nicht das im Labor.