Hast du schon einmal versucht mit Kompressionsstrümpfen zu laufen? Nein? Das solltest du aber, denn die Zahl der Studien, die die positive Wirkung dieser Waden-Quetschstrümpfe belegt, steigt.
idw - Pressemitteilung, Hohenstein Institute, 27.06.2012:
"Schnelle Muskelerholung dank Kompressionstextilien.
Hohenstein Forscher untersuchen die Wirksamkeit von Kompressionskleidung auf Leistung und Regeneration beim Sport.
Immer mehr aktive Sportler berichten über positive Effekte dieser elastischen Spezialsocken beim Tragen.
Auch verschiedene Firmen der Sportbekleidungsindustrie werben mit vielfältigen Wirkmechanismen der Kompressionsbekleidung während und nach dem Sport. Inwieweit Sportler von Kompressionsstrümpfen profitieren können, ist jedoch unter Wissenschaftlern umstritten.
Ein Team von Wissenschaftlern des Fachbereichs Hygiene, Umwelt & Medizin an den Hohenstein Instituten in Bönnigheim, Textilexperten für Kompressionsstrümpfe Hohensteins und CEP, die Sportmarke des Kompressionsstrumpf Herstellers medi GmbH & Co. KG aus Bayreuth, ging dieser Frage in einer aktuellen Pilotstudie nach. Ziel der Untersuchung war es im Einzelnen festzustellen, inwieweit Kompressionsstrümpfe die Muskelkraft und somit die Leistung von Athleten steigern und sie die Erholung der beanspruchten Muskulatur nach dem Sport beschleunigen können.
Für ihre Studie schickten die Hohenstein Spezialisten ein Team von 10 Triathleten auf die Laufstrecke. Um den Effekt der Strümpfe auf die sportliche Leistung der Athleten zu untersuchen, absolvierten alle Sportler einen Lauf über 5 km und anschließend 10 aufeinander folgende Sprungübungen auf einer Kraftmessplatte.
Die Sportler wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe trug Kompressionsstrümpfe, die individuell am Wadenumfang angepasst wurden und einen optimalen Druckverlauf hatten. Eine andere Gruppe wurde mit handelsüblichen kurzen Baumwollsocken ausgestattet. Bei beiden Gruppen wurden Blutproben vor und nach der sportlichen Leistung entnommen. Eine Woche später wurden die Gruppen getauscht und der Versuch wiederholt.
Der Vergleich der beiden Gruppen ergab keinen Hinweis auf eine signifikante Auswirkung der Strümpfe auf die 5 km-Laufleistung der Athleten oder auf größere Sprunghöhen im Sprung-Leistungstest.
Überraschenderweise wurde jedoch im Blut der Mehrzahl der Sportler mit Kompressionsstrümpfen der Biomarker Myokin gefunden, ein Botenstoff, der von der Muskulatur des Menschen bei Bewegung ausgeschüttet wird und den Erholungswert eines Muskels anzeigt. Somit ist der Myokingehalt im Blut der Sportler ein klares Signal für eine schnellere Muskelerholung, die der Kompressionswirkung zugeschrieben werden kann.
Viele Athleten mit Kompressionsstrümpfen berichteten auch subjektiv von einem angenehmen Gefühl während des Laufs, was z. B. an der besseren Koordinationsfähigkeit aufgrund der die Muskeln komprimierenden Strümpfe liegen könnte.
"Die bisherigen Ergebnisse über den Einfluss von Sportbekleidung auf Leistung und Regeneration von Sportlern müssen nun weiter verfolgt werden, um exakt zu verstehen, wie das Tragen von Kompressionstextilien die Muskelerholung einleitet", so Prof. Dr. Dirk Höfer von den Hohenstein Instituten.
"Offenbar wird die Zeit bis zur körperlichen Erschöpfung mit ihnen verlängert. Doch nicht nur während des Sports, auch beim Tragen danach könnten Kompressionstextilien z. B. belastungsbedingte Muskelschmerzen und -schwellungen vermindern oder Maximalleistung, Sprint- und Sprungkraft des Körpers schneller wieder herstellen".
Nachfolgend ein weiterer Bericht über eine Studie an Kompressionsstrümpfen aus England (übernommen von der Webseite Sport und Training):
"Für die Vorteile von Kompressionskleidung für Sportler gibt es immer mehr wissenschaftliche Belege. Besonders positiv scheint sich diese Kleidung auf die "Energierückgabe" und den Abtransport von Laktat aus müden Muskeln auszuwirken. Diese Effekte werden nun von einer neuen deutschen Studie über "knielange" Kompressionsstrümpfe bestätigt.
Darin wurde die Wirkung von knielangen Kompressionsstrümpfen auf die Laufleistung untersucht. Die Studienteilnehmer waren 21 mäßig sportlich aktive männliche Laufsportler (Durchschnittsalter 39 Jahre) mit normaler Biomechanik des Unterschenkels. Die Probanden absolvierten jeweils mit und ohne knielangen Kompressionsstrümpfen einen Stufentest auf dem Laufband bis zu einer selbst bestimmten Maximalleistung.
Es wurden 2 Testreihen im Abstand von 10 Tagen durchgeführt. Eine Testreihe beinhaltete jeweils einen Versuch mit und ohne Kompressionsstrümpfe. Die Läufer machten die Tests in zufälliger Reihenfolge. Die maximale Laufleistung wurde anhand der "Zeit unter Belastung" in Minuten, des Gesamtenergieverbrauchs und der aeroben Kapazität bestimmt.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Läufer eine wesentlich längere Zeit unter Belastung aushielten, wenn sie Kompressionsstrümpfe statt normaler Strümpfe trugen (36,44 gegenüber 35,03 Minuten). Außerdem war mit Kompressionsstrümpfen auch der Gesamtenergieverbrauch größer (422 gegenüber 399 kJ). Bei der aeroben Kapazität gab es zwar keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Versuchsanordnungen (obwohl sie im Versuch mit Kompressionsstrümpfen leicht erhöht war).
Allerdings stellten die Wissenschaftler fest, dass die Laufleistung an der aeroben Schwelle deutlich besser war, wenn die Testpersonen Kompressionsstrümpfe trugen. Diese Studie gibt zwar keinen Aufschluss darüber, wie es beim Tragen von Kompressionsstrümpfen zu diesen Verbesserungen kommt, dennoch ist sie ein weiterer Beleg dafür, dass sich Kompressionskleidung tatsächlich positiv auf die Leistung auswirkt."
Journal of Strength and Conditioning Research, 2008
Und hier meine eigenen Erfahrungen mit Kompressions-strümpfen, Peter Greif, 20.07.2012
Wenn man dieses so liest, dann denkt man: "Jeder, der keine Kompressionsstrümpfe trägt, ist dumm genug." Nun ja, im Spitzenbereich haben sich diese Blutpressen durchgesetzt. Fast alle Deutschen, die bei großen Ereignissen vorne laufen, tragen Kompressionsstrümpfe.
Es ist nun aber nicht so, dass seit dem Auftauschen dieser Langsocken nun die Zeiten auf deutschen Straßen und Bahnen schneller geworden sind. Aber da sollten wir den Kompressionssocken nicht die Schuld geben. Sie allein können den nun schon Jahren anhaltenden Abwärtstrend im deutschen Langstreckenlauf nicht aufhalten.
Mein Verhältnis zu CEP- und Co-Socken ist ambivalent. Ich hasse sie voller Inbrunst, wenn ich sie anziehen muss. Ein Paar normale Socken sind in Sekunden über den Fuß gestreift. Nicht so die Kompressionssocken. Da artet das Anziehen in Arbeit aus und man kann dabei durchaus ins Schwitzen kommen. Andererseits anerkenne ich aber auch ihre positive Wirkung.
Manchmal habe ich, nach dem ich diese Dinger dann endlich an hatte, gedacht: Jetzt brauch´ste schon nich mehr trainieren, so fertig bist du schon. ZZR-Training habe ich dieses Training dann genannt. Zerren, Ziehen, Reißen.
So dachte ich, als ich schon mehrere dieser Socken getestet hatte, jetzt bist du am Endpunkt ZZR-Leistungssports angekommen. Denkste! Eines Tages kam bei uns ein Vertreter einer Kompressionsbekleidungsfirma vorbei, deren Produkte wir noch nicht führten. Also führte er seine Socken vor und ich bekam ein Paar Testsocken: Variante für Profis. Na ja, überlegte ich, ein Profi bist du ja und nahm nach Vermessung meiner Waden die Socken dankbar an. "Beste Qualität, höchste Kompression und stärkste Durchblutung", so der Verkäufer.
Du wirst es nicht glauben, als ich einen von diesen Dingern angezogen hatte, schwitzte ich wie nach einem Tempolauf. Meine Wirbelsäule war bestimmt angeknackt und mein Bizeps wehrte sich nach hoffnungsloser Überforderung gegen jede weitere Anstrengung.
Aber ich gab nicht auf. Kampf! Auf der Bettkante sitzend quälte ich mir mit letzter Kraft auch den zweiten Strumpf an. Danach fiel ich schwer atmend zurück auf das Bett, auf dem ich mich liegend erst einmal 10 min lang erholen musste. Weitere 5 min dauerte es, bis meine verdrehten Augen wieder in der gewünschten Richtung standen. Mühsam wankte ich wie ein Sträfling zum Training. Eisern umschlossen die Synthetikketten meine Waden. Ängstlich überlegte ich, ob nicht irgend jemand aufgrund dieser Gefangennahme daraus schließen könnte, mich auf Wasser und Brot zu setzen.
Nichts da, ich war es schließlich, der sich durchsetzte, in dem ich dieses Paar Kompressionssocken niemals wieder trug. Ha! Und es gab noch eins oben drauf. Gewaschen habe ich diese Beinklammern auch nicht. Sie hängen immer noch angeschmutzt im Heizungskeller. Manchmal habe ich aber das Gefühl, dass sie mich mit dem "du Weicheiblick" anschauen.
Spaß beiseite. Aber dennoch gibt es Strümpfe dieser Art, die lassen sich leichter anziehen, aber wie man so hört, sollen die nicht die beste Wirkung erzielen. Aber besser weniger Kompression, als vorzeitige Rente durch Anziehüberforderung.
Einmal war ich wirklich froh, dass es die Kompressionsstrümpfe gab. Im Herbst 2006 bekam ich eine neue Aortenklappe eingebaut und war über Monate erst einmal ruhig gestellt. Als ich danach wieder anfing zu laufen, wollte ich es nicht glauben. Keine 100 m konnte ich laufen. Bergrunter ging es etwas besser, aber im Flachen musste ich schon nach kürzester Zeit gehen.
In meiner Verzweifelung versuchte ich es mit Kompressionsstrümpfen und konnte sofort einen km durchlaufen. Dass dies von den Presssocken kommen sollte, wollte ich nicht wahrhaben. Also das nächste Mal wieder ohne diese Dinger. Und schon war die alte Schwäche wieder da. Abermals gewechselt und ich konnte wieder länger laufen.
So bin ich dann fast ein Jahr ausschließlich in Kompressionssocken gelaufen und bin von ihrer Wirksamkeit überzeugt, hasse sie aber trotzdem.
Ich habe aber den Eindruck, dass jetzt im Jahr 2012 der Trend der Kompressionsstrümpfe zurückgeht. Die hier aufgeführten Studien zeigen eindeutig die regenerativen Wirkungen der Kompressionsstrümpfe. Dann sollten wir alle daran denken, dass die Auswirkungen eines Trainings nur aus der Regeneration heraus erwachsen kann.
Vor einigen Wochen schrieb ich über die kenianischen Spitzenläufer, dass diese zwischen ihren Trainingseinheiten einfach nichts tun. Nur durch die verschärfte Regeneration halten sie die Belastungen eines dreimaligen täglichen Trainings und vieler Wettkämpfe aus.
Diese Möglichkeiten habe wir nicht, darum müssen wir zusehen, alle anderen Möglichkeiten einer zusätzlichen Regeneration auszuschöpfen.
Da kommen die Kompressionsstrümpfe gerade recht, während der Arbeit und im Schlaf getragen, sind sie eine stille und anstrengungslose Hilfe für uns, die zu größeren Leistungsfortschritten führt.
Dazu Dr. Ulrich Strunz: "Regeneration ist wichtiger als Training. Weiß jeder Sportler. Regeneration ist wichtiger als angestrengte, konzentrierte Arbeit. Weiß jeder Manager am Schreibtisch." Also kann ich dir nur raten, kümmere dich um deine Entspannung und besonders um die der Blutgefäße deiner Beine.