Letzte Woche haben wir uns ja schon über das Berg- und Hügeltraining unterhalten. Heute werde ich auf die spezifischen Arten des Berg- und Hügeltrainings eingehen. Ich habe im Netz eine schöne Zusammenstellung der verschiedenen Berg- und Hügel-Trainingseinheiten gefunden.
Der südafrikanische Trainer Abrie de Swardt hat in einer Ausgabe der Zeitschrift "The Coach" einige sehr gute Tipps zum Hügeltraining veröffentlicht. Er stellt die Vorteile des Bergtrainings heraus:
- entwickelt die Kraft und verbessert die Muskelelastizität
- verbessert die Schrittfrequenz und –länge
- entwickelt die Koordination
- sorgt für eine verbesserte Koordination zwischen Armen und Beinen
- stabilisiert und entwickelt eine höhere Geschwindigkeit beim Bergablaufen
- fördert die Kraftausdauer
- entwickelt das maximale Tempo und Kraft durch kurze Bergaufläufe
Abrie de Swardt ist ein großer Fan vom Hügel-Training für Ausdauersportler und glaubt, es kann den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage machen. Und das ist ja genau das, was wir wollen, siegen. Einige der nachfolgenden Hügel-Trainingsarten sind für uns nun nicht unbedingt angebracht, aber manch einer wird mit diesen Übungen auch an seinen besonderen Schwächen arbeiten können.
Besonders sind damit die kurzen Hügelsprints gemeint. Diese werden mit vollem Einsatz gelaufen über einen Zeitraum von 5-10 s. Das ist eigentlich etwas für Sprinter, Springer und Werfer. Wenn man diese Hügelsprints dann aber 15-30 s lang macht, kann man diese Art von Übungen auch schon für ein Mittelstrecken-Training heranziehen. Sie verbessern das glykolytische System und trainieren einen schnelleren Abbau von Ermüdungsstoffen.
Dann rät Swardt auch noch zu einem "Kommando-Hügeltraining". Zum Beispiel Sätze von 10 - 15 - 20 - 25 sec Vollgassprints. Es folgt eine leichte Erholung im Trabtempo von etwa 1 min und danach kommt dann der nächste Satz. Je nach Leistungsfähigkeit 3-10 Sätze. Zwischen jedem Satz 3-5 min Pause.
Der Witz bei dieser Sache ist das Kommando. Das kann man mit einer Pfeife machen oder auch auf Zuruf. Der Trainer gibt jedes Mal das Kommando, wann die Sprints beginnen und die Trabpause endet.
Mir ist schon klar, dass du dir jetzt die Fantasie machst, wie ich in unseren Trainingsurlauben die Läufer und Läuferinnen scheuche bis zum Erbrechen. Du stellst dir vor, dass bei ungebührlichem Benehmen der Trainierenden die Länge der Sprints angehoben und die Trabpause verkürzt wird. Genauso wird Achim Achilles, wenn der das hier wieder liest, alle seine Vorurteile gegenüber meiner Person noch fester in seinen Schriften vermauern.
Um es klarzustellen: So zu handeln ist mir fremd, weil die Anforderungen von außen kommen. Meine Philosophie ist eine ganz andere. Jeder trainiert für sich und nicht für den Trainer, somit muss auch der Trainierende die Entscheidung für seine Belastung übernehmen. Natürlich muss der Trainer regulierend eingreifen.
Wir wissen alle, dass es Typen gibt, die einfach zu hart gegen sich selbst sind und andere wiederum ängstlich und sich scheuen an ihre Belastungsgrenzen zu gehen.
Ein weiteres Hügeltraining setzte ich früher sehr gerne ein. Dies waren Sprungläufe 30-100 m bergauf. Solche Sprungläufe entwickeln die Schnellkraft dramatisch. Sebastian Coe machte diese Sprungläufe am Berg über mehr als 200 m. Damit er seine Knochen und Knorpel schonen konnte, fuhr sein Vater mit dem Auto hinter ihm her und brachte ihn den Berg wieder hinunter.
Unser Webmaster Jens Peters, berichtete mir eben gerade beim Schreiben dieses Artikels, dass er früher seine Fahrtspiele im Frühjahr mit Sprungläufen bergauf gewürzt hat. Er sprang den Berg hoch, wenn er oben war, kreiste er auf dem Plateau ein bis 2 min und lief dann locker wieder runter, um anschließend unten zwei Tempoläufe zwischen 50 und 400 m zu absolvieren. Das Ganze beendete er, wenn er den Berg nicht mehr hoch springen konnte. So erzielte er seine Bestzeit von 32:38 min über 10.000 m in der Saison.
Apropos Sprungläufe: Waldi Cierpinski absolvierte in seiner besten Zeit Läufe über fast unglaubliche 10 km. Dies aber in der Ebene! Mehrfach wurde mir von ehemaligen DDR-Spitzensportlern berichtet, dass sie diese Art von Training auch versucht haben, aber niemand, auch nicht ein einziger schaffte jemals diese Leistung von Cierpinski.
In der LG Seesen musste ich einsehen, dass ich nur Jugendliche mit Bergauf-Sprungläufen trainieren konnte. Bei denen ging es immer mehr um das Tempo, weil sie hauptsächlich Strecken zwischen 800 und 5000 m liefen. Das heißt, dieses Training haute ganz schön rein in die Beine und machte sie für die schnellen Läufer fit.
Leider konnte ich die Sprungwürfe bei den Erwachsenen nicht auf Dauer einsetzen. Die hatten immer nur den Marathon im Kopf und die dazu gehörigen diversen Umfänge. Und wer im Vorprogramm einer 20 km-Einheit noch 30 Sprünge absolvieren musste, der kam dann anschließend die Berge nicht mehr so besonders gut hoch.
Dieses Vorprogramm absolvierten wir auf der Bahn und da ich immer selbst vorneweg lief, merke ich oft nicht, dass sich hinten immer welche verdrückten und sich in den Wald absetzen. Und so nach und nach strich ich dann die Sprungläufe aus dem Programm.
Das war aber nicht der einzige Grund sie zu streichen. Bei einigen von uns, die über 40 Jahre alt waren, schmerzten nach dem Training die Knie. Schmerzen im Knie sind aber ein ernst zu nehmendes Zeichen für eine Überbelastung. Und so gibt es bei uns heute noch die Regel: Keine Sprungläufe über 40.
Ein weiteres Hügeltraining konnten wir sehr erfolgreich einsetzen, das waren die Bergabsprints. Dazu muss man wissen, dass jeder in seinem Gehirn eine maximale Bewegungsfrequenz im Sprint festgelegt hat. Diese kann man willentlich nicht überschreiten.
Es gibt aber einen Trick diese Blockade zu brechen. Man nimmt einen Berg, der etwa 8-10 % Gefälle hat und sprintet ihn herunter. Irgendwann schiebt der Körper dann schneller den Berg herunter, als sich die Beine bewegen können.
So kommt es für das Gehirn zu einer Zwangssituation, denn wenn die Beine nicht mehr schneller können und der Körper schiebt weiter, kommt es zu einem Sturz. Um dies zu verhindern, lässt das Gehirn eine höhere Bewegungsfrequenz der Beine zu. Macht man es öfters, lernt das Gehirn eine neue schnellere Frequenz.
Ich empfehle Bergabsprints in zwei Serien von fünfmal 50-100 m. Maximal alle 14 Tage einmal. Diese Übungen sollte man nach Möglichkeit in die Regenerationszeiträume legen. Denn im Wettkampfzeitraum stören sie nur.
Swardt empfiehlt auch noch die Bergläufe, die wir schon in der letzten Woche an dieser Stelle besprochen haben. Er rät auch den Ultraläufern möglichst lange Einheiten im hügeligen Gelände zu absolvieren. Ferner rät er dazu Hopserläufen und Skippings in einem begrenzten hügeligen Gelände zu trainieren.
Fazit: Wenn du noch etwas aus dir herausholen willst, dann ist ein Berg-oder Hügeltraining eine Möglichkeit deine Leistung noch weiter anzuheben. Auch wenn du in einer Ebene wohnst, kannst du dennoch in einem beschränkten Maße ein Bergtraining absolvieren.
Dazu eignen sich Brückenauffahrten, Parkhaus-Serpentinen oder auch Treppenläufe im Stadion. Mit anderen Worten: Wo ein Wille ist, ist auch ein Berg.