Interessantes gab es bei den Läufer(innen) der zweiten Reihe zu sehen. Dabei stach ein Erlebnis heraus, welches schier unglaublich war und mich für Sekunden sprachlos zurück ließ. So etwas hatte ich noch nie gesehen!
Wir standen zu dritt auf der Rothenbaumchaussee bei km 39 und feuerten die einkommenden Marathoner an. Jedes bekannte Gesicht bekam unseren Beifall, bi s dann Benoit kam! Über Benoit lohnt es sich, einiges zu wissen. Er war mit uns im Trainingsurlaub in Andalusien und war dort mit 2 anderen Läufern zusammen der Platzhirsch. Nicht das er dies auslebte, Benoit ist überaus bescheiden, sehr ruhig und klopft im Gegensatz zu seinem Trainer niemals einen Spruch in Richtung seiner Mitläufer.
Benoit ist schon seit 2001 im Greif Club, stagnierte aber schon einige Zeit, weil ihm die Zeit für ein Leistungstraining fehlte. Nach dem Trainingsurlaub lief er in Paderborn einen Halbmarathon und verbesserte dort seine Halbmarathonzeit von 1:13:38 aus dem Jahr 1997 auf 1:12:28. Der 35jährige war hoch erfreut und wagte sich in Hamburg an seinen ersten Marathon.
Nun muss man wissen, dass Benoit in einem ausgesprochen athletischen Stil läuft, er springt in Schritten von überdurchschnittlicher Länge, was auf einen hohen Anteil schnellkräftiger Muskulatur schließen lässt. Keine optimale Voraussetzung für einen optimalen Marathon. Aber die beiden 35er in Andalusien beendete er an führender Position, was wiederum hoffen ließ.
Der gebürtige Franzose ist etwa 1,85 m groß und diese 1,85 kamen uns nun auf der Rothenbaumchaussee auf 1,75 geschrumpft entgegen. Die Knie gebeugt, der Schritt schleifend, den Kopf auf der Brust las Benoit sein Elend vom Asphalt ab. Als er auf meiner Höhe war schrie ich: "Benoit jetzt kämpfen!" Normalerweise winken die Athleten in dieser Situation müde ab oder versuchen sich mit Mühe aus ihrer Lethargie zu lösen, aber bei Benoit passierte etwas, was ich so noch niemals vorher erlebt habe.
Innerhalb einer Zehntelsekunde, schien Benoit schier zu explodieren, seine Arme flogen hoch, der Kopf schnellte in die Höhe, die Knie berührten jetzt fast die Stelle, wo vorher sein Kopf ruhte. Irgendwie sah das alles so aus wie in einem Tom und Jerry Zeichentrickfilm, wenn der Kater wieder einmal durch eine Elektrofalle überlistet und unter Strom gesetzt wurde, wobei dann alles von ihm abstand, was abstehen konnte!
Aber Benoit ordnete seine Glieder wieder und raste los wie vom Trainer gebissen, ohne auch nur einen Blick in unsere Richtung zu verschwenden. Sein Tempo war so hoch, dass er innerhalb von Sekunden die beiden vor ihm liegenden Läufer überholte und schnell aus unserem Blickwinkel verschwand.
Nun hatte ich ihn vorher auf eine Zeit um 2:45 h geschätzt, nach diesem Antritt dachte ich: "Um Himmelswillen, dafür wird er büßen müssen, das kostet ihn mindestens 5 min." Kostete es nicht! Benoit kam nach der Zwischenzeit bei km 39 völlig überraschend in 2:40:50 auf Gesamtplatz 73 und Rang 13 in der M35 in das Ziel.