Am 24.07.2016 bekam ich nachfolgende Mail:
“Hallo Herr Greif, ich verfolge seit einem Jahr mittlerweile ihre Pläne und bin überzeugter Anhänger...
Was ich allerdings nicht verstehe ist, dass bei der langen Einheit, bei der der Fettstoffwechsel trainiert werden soll, eine so lange Endbeschleunigung gemacht wird. 3 km kann ich verstehen... Ich würde mich über ein kurzes Feedback freuen. VG K.W.“
Tja, über die Endbeschleunigung im Marathontraining wurde lange nicht nachgedacht, sie hat sich in der Szene vollständig etabliert? Da hat sich dann ein Abonnent unseres Newsletters wieder einmal Gedanken gemacht, ob dieses Trainingselement noch sinnvoll ist.
Man sollte vielleicht einmal rückwärts denken. Wenn wir zum Beispiel jetzt nur noch durchgängig bei jeder langen Runde nur drei Kilometer Endbeschleunigung einsetzen, reicht das denn? Wir wissen aber, dass im Wettkampf zwischen 25 und 30 Kilometer die ersten Schwächen im Marathon zu spüren sind.
Genau diese Schwächen wollen wir alle ausmerzen, denn die letzten 15 Kilometer sind nicht gerade eine Zuckerlecken. Dieser Streckenabschnitt macht uns am meisten Probleme und wir alle wissen, dass man sinnbildlich auf Brustwarzen in das Ziel kriechen kann.
W. meint, dass wohl im Training während der Endbeschleunigung der Zuckerstoffwechsel das Übergewicht hat. Und dieser Gedanke ist leider falsch. Der Tempoablauf auf den 35 Kilometern läuft so ab, dass die ersten Kilometer relativ langsam gelaufen werden, hier arbeitet praktisch komplett der Fettstoffwechsel.
Wenn nun die ersten Kilometer der Endbeschleunigung beginnen, dann bleibt es bei einem sehr hohen Energieanteil vom Fettstoffwechsel. Es gibt keinen überragenden Zuckerstoffwechsel in diesem Streckenbereich, trotz der erhöhten Leistung. Das alles passiert aber, wenn wir entsprechend die Endbeschleunigung verlängern.
Dazu gibt es auch entsprechende Stimmen von Marathonläufern: "Das stärkste im Element im Greif-Marathon-Training ist die Endbeschleunigung am Ende des 35 km-Laufs", so argumentiert Dr. Wolfgang Feil, Ernährungsfachmann und ernährungstechnischer Berater einer Menge von Spitzensportlern, wie dem Triathlon-Olympiasieger und Ironman Weltrekordler Jan Frodeno und der deutschen Handball-Nationalmannschaft.
Feil selber ist ein qualifizierter Marathonläufer. 2007 lief er nach Training mit einem Greif-Club-Plan seinen 1. Marathon und erzielte noch im "hohen" Alter von 48 Jahren eine persönliche Bestleistung von 2:55 h.
So eine Zeit muss man im 1. Marathon erst einmal erzielen. So wie bei Dr. Feil haben eine Vielzahl Marathonläufer(innen) dieses Element der Endbeschleunigung mit in ihr Training übernommen.
Andere wiederum hassen diese Einheit. Das geht so weit, dass vor Beleidigungen nicht zurück geschreckt wird: "Greif ist bescheuert" oder was mich zuerst doch geschockt hat und ein Clubmitglied zu einem spontanen Anruf veranlasste:
"Und da hat doch dieser Typ tatsächlich gesagt, dem Greif müsste man das Handwerk legen. Das ist doch nur Keulerei bei dem."
Diese Angriffe lassen mich ziemlich kalt, solche Sachen hat man mir schon vor mehr als 35 Jahren nachgesagt. Jetzt, seit dem ich in meinem 73. Jahr bin, regt mich das noch weniger auf. Ein altes arabisches Sprichwort lautet: „Die Hunde bellen und die Karawane zieht weiter.“
Aber Spaß beiseite. Stimmt denn das mit der "Keulerei"? Der Ausdruck lässt natürlich eine weite Interpretation zu. Für den einen ist ein intensiver Dauerlauf schon "Keulerei", bei einem anderen erst 400 m Wiederholungsläufe mit 10 mmol Laktat am Ende.
Auf was es aber keinesfalls zutrifft, sind die 35 km-Läufe mit Endbeschleunigung. Bei dem wir nach folgendem Ablauf trainieren:
8 Wochen vor dem Marathon:
35 km ohne Endbeschleunigung im regenerativen - extensiven Tempo
7 Wochen vor dem Marathon:
32 km extensiver Dauerlauf + 3 km Endbeschleunigung
6 Wochen vor dem Marathon:
29 km extensiver Dauerlauf + 6 km Endbeschleunigung
5 Wochen vor dem Marathon:
25 km extensiver-regenerativer Erholungslauf
4 Wochen vor dem Marathon:
23 km extensiver Dauerlauf + 9 km Endbeschleunigung
3 Wochen vor dem Marathon:
15 - 20 km extensiver Dauerlauf + 12 km Endbeschleunigung
2 Wochen vor dem Marathon:
15 - 20 km extensiver Dauerlauf + 15 km Endbeschleunigung
1 Woche vor dem Marathon:
25 km regeneratives Tempo ohne Endbeschleunigung
Fortsetzung im nächsten Newsletter am 09.08.16:
Teil 2: Endbeschleunigung im Marathontraining, falsch?