Wie angekündigt gehe ich heute noch einmal auf den Wert von Wiederholungsläufen ein. Scheinbar ist eine Abfolge von Tempostücken oder Übungen ziemlich langweilig. Aber wenn man genau hin schaut, dann ist jede Wiederkehr ein wertvoller Gewinn für unseren Bewegungsablauf.
Wo mit wir beim Thema sind. Unter uns tummeln sich Menschen die zwar laufen, aber denen es augenscheinlich sehr deutlich an einem einigermaßen erträglichen Bewegungsablauf fehlt.
Vor gut zwei Wochen fanden bei uns wieder einmal die jährlichen Waldlaufmeisterschaften unseres Vereins statt. Es liefen alle Jahrgänge von den Kindern bis zu den hohen Altersklassen. Dort fiel mir ein Teilnehmer auf, den ich nicht kannte. Er lief in sich zusammen gesunken, streckte weder Körper noch Beine und drehte den Rumpf bei jedem Schritt. Ein unökonomischer Laufstil wie er im Buche steht.
Wie es sich zeigte, war er durchaus nicht langsam und ging die 5,6 km mit der Spitze an. Fiel aber später doch deutlich zurück. Er hielt aber die ganze Strecke seinen Wring- und Duckstil bei. Der unbefangene Beobachter könnte meinen, dort eilt jemand durch den Wald eines Kriegsgebietes und duckt sich, um keine Kugel zu fangen.
Ich bin mir ganz sicher, dass dieser Läufer sich seiner groben Stilfehler nicht bewusst war. Er fühlte seinen Körper und nahm seine gewohnten Bewegungen als normal wahr und gut vorwärts kam er ja auch. Er war sich ebenso nicht bewusst, dass er bei einer Optimierung seines Laufstils deutlich leichter und schneller laufen könnte.
Wie aber kann er sich verbessern, wenn er gar nicht weiß, was ihm fehlt. Sein Körpergefühl meldet ihm doch, dass alles ok ist. Er braucht also Hilfe von außen. Einer seiner Mitläufer(innen) sollte ihn auf seine Fehler aufmerksam machen. So etwas ist aber eine heikle Angelegenheit, besonders dann wenn der Ratende auch noch langsamer ist als er.
Das kann harsche Reaktionen hervorrufen und sogar eine Beratungsresistenz hervorrufen. "Solange ich schneller bin als du, musst du etwas bei dir verändern und ich nicht bei mir." Besser ist es, ein Laufvideo mit ihm als Hauptdarsteller zu zeigen. Nicht allein filmen, sondern immer in einer Gruppe. Selbst die größten "Bewegungslegastheniker" sind in der Lage ihre Lauffehler zu erkennen, wenn sie einen Vergleich haben.
Hat er nun erkannt, dass mit seinen Bewegungen etwas nicht stimmt und zeigt Bereitschaft an seinen Störungen zu arbeiten, was macht er dann? Du wirst jetzt sicher denken, dieser Mensch muss so oft es geht das Lauf-ABC üben. Damit hast du Recht. Aber ich muss dir leider verraten, dass dieses Üben des Lauf-ABCs ohne positiven Folgen bleiben wird, wenn es nicht von außen überwacht und korrigiert wird.
Der Betroffene kann so lange üben wie er will, er wird grobe Bewegungsstörungen kaum jemals ausmerzen können, wenn ihm nicht jemand hilft.
Eine empfehlenswerte Vorgehensweise ist vor Beginn des ersten Lauf-ABCs eine Videoaufnahme von ihm und jemanden zu machen, der einen fehlerlosen Laufstil hat. Trainiert wird nach diesem Vorbild und zwar immer nur ein Bewegungsteil. Am besten fängt man mit dem leichtesten Bewegungsfehler an.
Wenn unser Läufer seine Arme nicht richtig hält, dann wird über 10 min nur das korrekte Führen der Arme während des Laufens geübt. Dann geht man zum nächsten Übungsteil, wie zum Beispiel die Körperstreckung über und übt vielleicht dann den richtigen Kniehub auch über 10 min.
Anschließend werden alle Übungsteile noch einmal wiederholt und gefilmt. Der Trainer korrigiert jede nicht korrekte Ausführung sofort. Kapiert der Läufer nicht, was der Trainer von ihm will, wird abermals gefilmt und sein Laufstil mit dem des Vorbilds verglichen. Auch der kleinste Fortschritt wird gelobt.
Zum Abschluss des Lauf-ABCs wird ein 200 m-Lauf in maximaler Geschwindigkeit gelaufen und gefilmt, um den Gesamtbewegungsablauf noch einmal sehen zu können. Auch das anschließende Auslaufen wird aufgenommen und alles von Trainer und Athlet gemeinsam beurteilt.
Und so geht das dann weiter. Wiederholung reiht sich an Wiederholung. Zweimal wöchentlich ist der Mindesteinsatz. Eine üble Kernerarbeit, viel schlimmer für den Trainer, als für den Athleten. Denn dieser hat ja noch seine eigene Leistungsverbesserung in Sicht, anders dagegen der Trainer.
Der wird kaum auf Dauer die Nerven und die Zeit aufbringen sich mit einem Läufer(in) zu beschäftigen, von dem kaum besonders große Taten zu erwarten sind. Denn aus einem vorher Bewegungsgestörten kann sicher noch ein guter Läufer werden, vielleicht auch noch ein sehr guter. Aber ein überragender wird er wohl niemals werden. Da helfen auch 1000-e von Wiederholungen nichts.
Besser ist es, wenn man jemand aus dem persönlichen Umfeld des Betroffenen schult, die Korrekturen vorzunehmen. Dort spielt dann die persönliche Beziehung eine stärkere Rolle und dass die Ehefrau ihrem Mann entsprechende Bewegungsbefehle erteilt, soll zumindest nicht unüblich sein.
Zum Schluss muss ich ein Geständnis machen. Mir ist es nur ein einziges Mal gelungen, einen bewegungsgestörten Läufer zu einem richtig optimal laufenden umzuschulen. Das war Rüdiger Birkner hier aus unserem Verein in Seesen, der als ambitionierter Radfahrer bei uns mit einem schrecklichen Stil anfing. 1,5 Jahre dauerte es, dann war er optimiert.
Sein Erfolg war aber nicht so sehr der des Trainers, sondern der seines Fleißes und des absoluten Willens aus seinem "Radfahr-Laufstil" herauszukommen. Jedes Mal wenn dieses (böse) Wort fällt, reagiert der gute Rüdiger auch heute noch ausgesprochen sauer. Braucht er aber nicht, heute läuft er sauber und auch mit sportlichem Erfolg.
Wenn du auch deinen Laufstil verbessern möchtest, dann findest du auf unseren Seiten ein sehr gutes Video von Klaus Lindau, "Sprint - A B C". Du kannst es herunterladen und es als Vorbild und Schulungsmuster für dich nehmen.