Heute Morgen konnte ich gleich erst einmal die News von Dr. Ulrich Strunz lesen. Als erstes fiel mir der Titel "Sich schinden" in das Auge. Diesen habe ich hier noch einmal nachfolgend aufgeführt:
"Sich schinden
wird gleich viel leichter, wenn man auf wissenschaftliche Arbeiten stößt, die das HIT ausdrücklich begrüßen. HIT heißt Hoch-intensives Intervalltraining. Heißt bei uns "all-out". Vielleicht können Sie mit diesem Begriff etwas anfangen.
Studiert wurde da an der Universität Hamilton in Kanada wieder so ein wundervoller Transkriptionsfaktor. So etwas wie PPAR-delta, wenn Sie sich erinnern. Dieser Genschalter, der uns bewegungssüchtig und schlank macht. Wie man dieses PPAR-delta anschaltet, haben wir inzwischen alle gelernt.
Jetzt geht's um etwas Ähnliches. Um PGC-1 alpha. Wieder so ein Transkriptionsfaktor. Ein Genschalter. Der "serves to coordinate mitochondrial biogenesis", der auf gut deutsch Mitochondrien produziert. Also die Kraftwerke in Ihren Zellen. Besonders in Ihren Muskelzellen.
Was Sie nicht nur kräftiger und ausdauernder machen würde, sondern auch zu "increased capacitiy for fatty acid oxidation" führt. Also Ihre Fettverbrennung deutlich verbessert.
Und das soll mit HIT klappen? Ganz genau und überraschend. Und zwar mit
nur 2 Minuten all-out
auf dem Heimtrainer. Auf dem Fahrrad. Wobei die 2 Minuten besser aus 4x30 Sekunden bestehen. Mehr als 30 Sekunden schaffen Sie all-out nämlich nicht. Probieren Sie's aus.
Dann also steigt, gemessen(!), dieses PGC-1 alpha in Ihrer Muskulatur an und Sie bekommen mehr Kraftwerke. Mit all den wunderschönen Folgen.
Das Neue an der Studie ist, dass dieser ausgesprochene Ausdauer-Faktor schon in 2 Minuten all-out entstehen kann. Bekannt war bisher der Anstieg dieses wundervollen Genschalters erst nach typisch langem und umfangreichem Ausdauertraining.
"Kurz und knapp" also bringt das Gleiche wie "lang und zeitraubend". Toll.
Lit: Appl Physiol Nutr Meta. 2009 Jun; 34(3):428-32"
Was Ulli dort schreibt, ist völlig richtig, bis zum letzten Absatz. Dort steht: ""Kurz und knapp" also bringt das Gleiche wie "lang und zeitraubend". Toll".
Er sieht das aus der Sicht des Wissenschaftlers und aus dieser Betrachtung ist seine Aussage richtig. Aber es gibt auch die Praxis. Was zeigt diese? Wer einige Zeit mit hochintensivem Training arbeitet, kommt zu schnellen Erfolgen. D.h. man prügelt seine Form nach oben.
Leider hat das zur Folge, dass die Form auch ganz schnell wieder in sich zusammen sackt. Auf der euphorischen Phase mit der Freude schneller laufen zu können wie kaum jemals zuvor, folgt die Leistungs-Depression mit einer geradezu kaum fassbaren Schwächephase.
Die Hintergründe sind aufgeführt in dem Kasten oben mit dem Zitat von Prof. Georg Neumann zu einem anaeroben Training. Diese Minus-Phase zu produzieren gelingt aber meist nur mit Streckenlängen von 200 - 1000 m. Ab 2000 m Wiederholungen wird mehr die Ausdauer trainiert.
Diese Art des Trainings habe ich in meiner Anfangszeit als Läufer zur Genüge ausprobiert. Damit wurden ganz schnell Erfolge erreicht, aber der Preis dafür waren Formkrisen von langer Dauer mit Leistungsrestriktionen, die sich gewaschen hatten.
In unseren Trainingsplänen setzen wir diese kurzen Intervalle nur in den letzten Wochen vor dem Ende eines Trainingszeitraums, d.h. meist im Juni und Oktober ein. Damit kann man dann noch seine letzten Reserven verschießen und einen weiteren Höhepunkt erklimmen. Da kann man nicht mehr viel kaputt machen, weil anschließend immer ein Regenerationszeitraum ansteht.
Hierzu einige Zeilen aus dem bald erscheinenden Buch von Peter Greif mit dem Arbeitstitel "Elitetraining für Durchschnitts-läufer":
"Maximales Intervalltraining mit Strecken bis 1000 m:
An was denkst du, wenn du "Maximales Intervalltraining" hörst? Vielleicht an die früher gelaufenen 100 und 200 m-Sprints mit der "lohnenden Pause". Diese Übung nach Freiburger Art ist zum Synonym für Intervalltraining geworden. Dieses ist aber mit den Jahren in Verruf geraten, weil sich einige Läufer damit wohl sehr gut entwickelten, andere aber stagnierten oder mit Rückschritten antworteten.
Warum ist das Intervalltraining Freiburger Prägung heute nicht mehr das Mittel der Wahl? Dieses Training entwickelt zwar sehr gut die Herz-Kreis-Lauf-Fähigkeiten, nicht aber wie gewünscht die Ausdauer und schon gar nicht die Tempohärte.
Heute ist es als allein stehendes Trainingsmittel out, wird aber immer noch - und das mit Recht - als einzelne Einheit in Programme eingebaut. Ganz anders sieht es mit dem "Maximalen Intervalltraining" aus. Wir nennen diese Trainingsform "Wiederholungsläufe". Praktisch in jeder Woche der Wettkampf- und Vorbereitungsperiode steht bei uns davon eine Einheit auf dem Programm.
Häufig gelaufene Einheiten sind: (WH=Wiederholungen)
Einheit | Volkslauf WH | Leistungs-sport WH | Hochleistungs-sport WH |
200 m | 20 | 30 | 40 |
400 m | 15 | 20 | 25 |
800 m | 5 | 8 | 12 |
1000 m | 4 | 6 | 10 |
Selbstverständlich sind dies nur Näherungswerte, bei Anzahl der Wiederholungen gibt es viel Luft nach oben. In welchem Tempo läuft man denn nun diese Wiederholungen? Das ist leider nicht ad hoc zu beantworten, weil über den Jahresverlauf jeweils andere Tempi gewählt werden.
Hochintensives Intervalltraining macht dich schnell
Eine weitere hervorragende Einheiten-Gruppe und weitgehend akzeptierte Form zur Tempobeschleunigung ist das Intervalltraining. Mit dem Intervalltraining kannst du die Zeit zwischen den ersten Wettkämpfen im Frühling und den späteren Marathonläufen im Herbst optimal nutzen, um deine Form zwischen den Rennen in Form zu halten.
Denn in der Sommerpause kannst du bei perfekten Bedingungen trainieren, aber Vorsicht: Die Erfahrung zeigt, dass ein Teil unserer Mitglieder Probleme hat, zu Beginn dieser sehr schnellen und kurzen Einheiten das hohe Tempo überhaupt zu schaffen. Sei also nicht verzagt, wenn es nicht auf Anhieb klappt. Bleib dran und schau staunend zu, wie schnell sich deine Form verbessert.
Du solltest dich fragen, zu welcher der nachfolgenden Gruppe du gehörst:
Zu der Gruppe der ausdauern scheint man meiner meiner Formatierung drin den Traktoren"? Die mit ihrem biologischen "Dieselmotor ohne Turbolader" zwar lang, zuverlässig aber langsam laufen und wenn man ihnen einen 200 m-Tempolauf anbietet, läuft schon nach 100 m das "Motoröl" aus und sie haben einen "Kolbenfresser".
Oder gehörst du zu der Gruppe der "Sprinter"? Dann ist dein besonderes Merkmal, das zu schnelle Angehen in JEDEM Rennen. "War eigentlich ganz locker!" Als zweite Besonderheit findet man bei "Sprintern", dass sie in der Gruppe nie Tempo machen, um am Ende dann im Spurt alles stehen zu lassen. Das dritte Merkmal ist eine starke Diskrepanz zwischen den "kurzen" und "langen" Zeiten.
Das heißt, je länger die Strecken werden, desto schwerer tun sie sich. Der Wert ihrer Wettkampfresultate wird mit zunehmender Streckenlänge immer schlechter. Es soll sogar Läufer geben, die es mit einer 10 km-Zeit von 36 min nicht schaffen unter 3 h im Marathon zu kommen.
Und dann gibt es noch die Gruppe der relativen Anfänger, die ebenfalls mit dem sehr hohen Tempo auf den kurzen Strecken bis 600 m nur schlecht zurechtkommen. Sie liegen meist mit ihren Zeiten zwischen 45 und 50 min/10 km. Und dann sollen Sie plötzlich 15 x 200 m laufen. Auweiah! Da zappeln oft die Beine, die hohe Geschwindigkeit ist nicht koordiniert, der Sprung im Schritt nicht koordiniert oder gar nicht da und die Bewegungsfrequenz ist nicht zu schaffen, weil das Training bisher in der Schleiffuß-Technik absolviert wurde.
Es ist natürlich nicht nur die Koordination, die zum hohen Tempo fehlt, es ist auch die mangelnde anaerobe Ausdauer. Die muss erst mal trainiert werden und da beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn vielfach ist es so, dass jetzt die Läufer erst aus dem Marathontraining kommen, bei dem anaerobes Training eine untergeordnete Rolle spielt.
Aber das ist kein Grund sich vollständig von diesen hochintensiven Einheiten zu trennen. Im Gegenteil heute weiß man, dass Intervalltraining auch die aerobe Ausdauer verbessert.
Er weist darauf hin, dass die Säurereste des Laktats die Ausdauerzellen direkt schädigen können.
Diese hochprozentig "geknallten" Einheiten senden einen starken Reiz zur Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme aus. Es geht deutlich schneller die anaerobe als die aerobe Ausdauer zu verbessern. Das solltest du immer im Hinterkopf haben, wenn du beginnst richtig schnelle Einheiten zu laufen. Wenn du auch am Anfang schier verzweifeln magst, weil du die Vorgabezeiten nicht leisten kannst.
Ich versichere dir, schon bei der dritten Einheit dieser Art wird deine Leistung deutlich besser. Deine brachliegenden schnellen Muskelfasern werden aktiviert, die Koordination steigt, die Toleranz gegen Ermüdungsstoffe wird besser und auch deine Leidensfähigkeit steigt.
Ich rate dir, außerhalb der Trainingszeiten von Halb- und Marathon jede Woche eine schnelle hochintensive Intervalleinheit einzulegen. Außerhalb dieser Zeiten, sprich im Grundlagenaufbau und in der Regeneration, erhältst du die erworbenen Fähigkeiten durch Steigerungen."
Die weiter oben beschriebenen Formkrisen hielten bei mir ihren Einzug meistens zusammen mit einer Infektion, in der Regel eine Nasennebenhöhlen-Entzündung. Damit habe ich mich innerhalb meines ganzen Hochleistung-Zeitraums herumgeschlagen.
Dazu möchte ich noch einmal Professor Georg Neumann zitieren, der darauf hinweist, dass ein hochintensives Training immer auch die Gefahr einer Infektion in sich trägt, weil das Immunsystem durch diese Art von Übungen geschädigt wird:
"Das Immunsystem hat im Leistungssport, neben der Keimabwehr, eine weitere bedeutende Aufgabe. Das betrifft die Aufräumarbeit bei den belastungsbedingten Strukturzerstörungen im Muskel. Die mildeste Form trainingsbedingter Strukturzerstörungen auf molekularer Ebene ist der Muskelkater. Dieser beruht keinesfalls auf Übersäuerung, sondern auf mechanisch bedingten Einrissen an den Verankerungsstellen von Muskelfasern. Die bei der Muskelüberlastung freigesetzten Protein-Bruchstücke rufen eine aseptische Entzündung hervor und müssen vom Immunsystem als eigen ("Selbst") oder fremd ("Nichtselbst") identifiziert und dann neutralisiert werden.
Das Immunsystem "bekämpft" die Produkte des Zellzerfalls und Zellabbaus mit denselben Mitteln wie eingedrungene Fremdstoffe. Damit befindet sich das Immunsystem des Sportlers in einem ständigen Training beim Abbau muskulärer Zerfallsprodukte und verschlissener Strukturproteine. Die für Aufräumarbeiten eingesetzte immunologische Kapazität steht dann für die Abwehr von Keimen insgesamt nicht mehr zur Verfügung. Ständige Aufräumarbeiten von "Muskeltrümmern" bedingen, dass das biologische Abwehrpotential gegenüber eindringenden Keimen geschwächt sein kann.
Zu den besonders die Muskelfunktion störenden Reizen gehören exzentrische Belastungen (z. B. Bergablauf) und alle Formen ungewohnter kurzzeitiger hoher Intensitätsbelastung (schnelles Laufen). Die Aktivierung des Immunsystems ist also mehr von der Höhe der intensiven Belastungsreize abhängig als von der Belastungsdauer.
Die Erfahrung in der Trainingspraxis besagt, dass alle Formen des aeroben Ausdauertrainings das Immunsystem weniger stören als zunehmende Anteile von anaerob-aeroben Belastungen, wie Belastungsintensität, Intervalltraining oder Wettkämpfe.
Nach hohen psychophysischen Beanspruchungen bei Wettkämpfen, Wettkampfserien, Trainingslagern, Höhentraining, Hitzetraining u.a., ist in den nachfolgenden ein bis drei Tagen mit einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Erkrankungen zu rechnen. In dieser Zeit besteht eine Schwachstelle für das Ansiedeln von Krankheitserregern. Dieser Zustand ist z.B. auch an der Abnahme der Konzentration von Immunglobulinen, den spezifischen Antikörpern im Blut, zu belegen."
Ich möchte dir mit diesen Zeilen keine Angst vor einem hochintensiven Training machen. Meine Idee war dir klarzumachen, welche Vorteile diese Übungen haben und welche Nachteile daraus entstehen können.
Aber alles in allem bringt hochintensives Training mehr Glück als Depression. Das ist ungefähr so wie mit der Wahl des Lebenspartners. Man muss nur den Richtigen zum richtigen Zeitpunkt erwischen.