Und dann gibt es bei uns im Verein auch noch einen Spruch, der lautet: "Jetzt Pause bis zur allgemeinen Erschöpfung." Wie kann man Pause bis zur Erschöpfung machen? Gibt es etwa ein Pausen-Paradoxum? Da muss doch etwas dran sein, an dieser Pause?
Eins steht fest: Pause ist nicht gleich Pause. Eine Pause kann man rennend, laufend, trabend, gehend oder auch schlafend gestalten. Ja schlafend auch, die Super-Ultras sollen bei ihren 48-Stundenläufen wohl schon mal ein Nickerchen einlegen.
Diese Art der Pause brauchen wir wohl nicht zu beachten, weil vom Sieger solch eines Laufes meistens berichtet wird, er habe nicht geschlafen. Viel wichtiger scheint die Frage zu sein, in welcher Form und Länge ein Läufer innerhalb einer Serie von Wiederholungsläufen seine Pause gestalten sollte.
Wissenschaftlich ist die Wirkung einer Pause innerhalb eines Lauftrainings so gut wie nicht erforscht. Belegen können die Sportwissenschaftler kaum etwas. Aber die Praktiker, die wissen was!
Wer lange genug im "Geschäft" ist, weiß um die Wirkung und auch die Gefahr einer Pause, hierbei speziell einer zu kurzen. Seit Generationen werden junge Mittelstreckler durch eine zu kurze Pause so lange überfordert, bis sie schließlich und endlich überhaupt kein hohes Tempo mehr laufen können, auch nicht im Wettkampf.
Die Gefahr einer zu kurzen Pause liegt in der Kumulation des Laktats (Laktat ist das Salz der Milchsäure) während anaerober Belastungen in der Zelle und im Blut. Eine ständige "Überproduktion" von Laktat an zu vielen Tagen in der Woche, erkennt der Körper als Krankheit und unterbricht schließlich den Regelkreis, der diese Laktatproduktion zulässt. Ist diese Regulierung aber nicht mehr intakt, kann der Betroffene auch nicht mehr schnell laufen, sein Stoffwechsel brennt sinnbildlich auf Sparflamme.
Aber dennoch sind solche intensiven Belastungen nötig. Einmal pro Woche verabreicht, stellt eine intensive anaerobe Belastung mit einer hohen Laktatproduktion eine Leistungsdroge für den Organismus dar.
Wobei natürlich nicht zu vergessen ist, dass ein Mittelstreckler eine höhere Dosis benötigt, als ein Marathoner. Weitere ein- bis zweimal Schwellentraining im niedrigen bis mittleren Laktatniveau wirken Wunder in Hinsicht auf die Leistungsstärke.
Aber wehe den wilden Buben und Mädels (auch den älteren!!), die meinen jeden oder auch jeden zweiten Tag um die Bahn "knallen" zu müssen. Deren Aussage nach Wettkämpfen ist allen bekannt: "War nicht mein Tag heute!"
Was diese Laktatgefahr nun mit den Pausen zu tun hat, soll folgendes Beispiel wieder anhand der 5 x 1000 m zeigen. Das schnellste Tempo, in welchem die km Abschnitte gelaufen werden können, geht in die Nähe des 3000 m Renntempo (1. Form). Ein Athlet, der also eine Zeit von 9:00 laufen kann, absolviert die 2,5 Runden in 3:00 - 3:05 min. Dazu muss er sich ganz gewaltig anstrengen und eine ziemlich hohe Milchsäurebelastung in Kauf nehmen.
Diese Bürde kann er auch ganz genau spüren, denn solch eine Form der Trainingsbelastung bereitet ziemliche Schmerzen. Nach Beendigung des Tempostücks kann man in seinem Blut vielleicht 6 mmol Laktat messen. Alle Laktatwerte sind nicht allgemeingültig, sondern nur Einzelbeispiele).
Macht er jetzt eine kurze Trabpause von 400 m, so hat er unter Umständen 2 mmol Laktat abgebaut. So liegt sein Milchsäuregehalt bei Beginn des 2. Tempostücks, demnach bei 4 Laktatmaßeinheiten.
Jetzt wird er in der Regel schon ein wenig langsamer, kann die angestrebte Intensität nicht mehr halten, der erwartete Trainingseffekt wird nicht erreicht. Dennoch hat er am Ende der zweiten 1000 m wohl schon ca. 10 mmol im Blut. Ist er nun ein begabter Mittelstreckler, dann kann er bei gleichem Verhalten noch einen dritten Lauf absolvieren, der aber meist noch langsamer wird.
Nun aber hängt auch er, wie sein Kollege Langstreckler, über der Barriere und schimpft auf die Hitze, Wind und den guten Pflaumenkuchen seiner Oma, von dem er zwangsweise 5 Stücke noch eine Stunde vor dem Training zugeführt bekommen habe. Den vierten Lauf geht er unter diesen Bedingungen schon gar nicht mehr an.
Kaum jemand ist hart genug, nun eine längere Trabpause von 1 - 2 km einzulegen, dass gebildete Laktat zu eliminieren und danach die restlichen Läufe zu absolvieren. Es sei denn, da steht ein Trainer, der den Athleten mit "Druck" dazu bringt, seine Serie zu Ende zu laufen: "Wenn ich sage 400 m Pause, dann meine ich auch 400 m."
Der Betroffene quält sich langsam und total übersäuert um die Bahn, Psyche und Zelle nehmen Schaden. Er hätte dann vielleicht schon 14 mmol im Blut und das ist schon ein absoluter Wettkampfwert. Bei den meisten von uns Freizeitlangstrecklern ist aber schon bei 10 mmol der "Ofen aus". Wir sind im exakten Sinn des Wortes sauer.
Ganz anders sieht es hingegen aus, wenn die Trabpause z.B. 1000 m lang ist, dann wird unser guter Läufer so in etwa 4 mmol abbauen und startet mit dem erträglichen Gehalt von 2 Maßeinheiten.
Er kommt dann mit einem ständig leicht steigenden Laktatgehalt gut an das Ende seiner Serie. Zwar wird auch er am Schluss des Trainings einen hohen Laktatgehalt im Blut haben, aber das ist durchaus erwünscht.
Dieser Läufer hat in seinem Organismus den Reiz gelegt, Laktat rasch abzubauen, unter einer moderaten Übersäuerung schnell laufen zu können und die aerob-anaerobe Schwelle anzuheben. Nebenbei hat er auch noch durch das hohe Tempo seine koordinativen Fähigkeiten verbessert. Alles zusammen ist genau das, was er wollte.
Weiter in Teil 3 am 29.08.17.