„Wenn du Halbmarathons läufst, dann sind deine Gelenke bald fertig. Wenn du gar einen Marathon läufst, dann musst du mit einer Arthrose rechnen. Bei einem Ultra aber muss doch alles kaputt gehen.“
Ich könnte wetten, dass du auch schon von Lauffremden solche Sprüche gehört hast. Wenn du einmal irgendwo mit jemand ins Gespräch kommst und dieser Mensch dann mitbekommt, dass du ein Marathonläufer bist, dann labert dir dieser Outsider unter Umständen eine Kante an´s Ohr.
Er schwört dann, dass jeder Mensch, der einen gesunden Verstand hat, weiß dass die Gelenke durch so etwas verschleißen. Da kannst du diskutieren wie du willst, so ein Typ weiß es eben besser.
Wir alle können uns in dieser Hinsicht nur damit wehren, dass eine große Anzahl von ambitionierten Nichtläufern dennoch an Arthrose leiden. Vielleicht erzielst du noch Wirkung, mit der Geschichte von Tante Luise, die nie einen Meter gelaufen ist und schon mit 63 Jahren am Rollator gehen musste: „Ja, ja, die Knie machen nicht mehr mit„ klagt sie.
Aber wenn die Sofasportler mitbekommen, dass du gar ein Ultraläufer bist. Dann geben sie dir notfalls schriftlich, dass du in kürzester Frist neue Kniegelenke und/oder Hüftgelenke benötigen wirst.
Nun gibt es aber Studien direkt bei Wettkämpfen in der Praxis. Beim Transeuropalauf 2009 hat man keine Kosten gescheut und die Athleten und Athletinnen vor, im Rennen und nach dem Rennen untersucht.
Das rme/aerzteblatt.de berichtete am 30. November 2015 über diesen Ultra, die auf der Jahrestagung der Radiological Society of North America in Chicago vorgestellt wurden.
Nachfolgend in Auszügen die Resultate: „Der menschliche Fuß ist auf extreme Laufstrecken besser vorbereitet als das Gehirn.
67 Extremsportler trafen sich im April 2009 in der süditalienischen Hafenstadt Bari, um in den folgenden 64 Tagen zum Nordkap zu laufen. Mit dabei war ein Team der Universität Ulm, das die Extremsportler mit einem LKW begleitete, der mit einem mobilen Kernspintomographen (MRT) ausgerüstet war.
Die Mediziner untersuchten die Teilnehmer auf den 4487,7 Kilometern, von denen 45 das Ziel erreichten, alle drei bis vier Tage, um die Auswirkungen des Extremsports auf den Körper zu untersuchen.
Vor allem wurde im Bereich von Knöchel und Hinterfuß, die das Gewicht der Läufer und vor allem die regelmäßigen Erschütterungen beim Laufen ertragen mussten.
Wie das Team um Uwe Schütz von der Ulmer Universitätsklinik für diagnostische und interventionelle Radiologie jetzt mitteilt, waren die Strapazen den Gelenken schon bald anzumerken.
Auf den ersten 1.500 Kilometern kam es in allen Gelenken zu Unstimmigkeiten. Sie zeigen an, dass es infolge der wiederholten Belastungen zu einer Störung im Knorpel gekommen ist.
Der Verlauf der oberflächlichen Kollagenfasern ist gestört und der Wassergehalt des Knorpels nimmt ab, vermutete Schütz. Das Ausmaß war keineswegs banal. Im Knöchel stiegen die Störungen um 25,6 Prozent an, bei anderen ging es bis 44,0 Prozent.
Im weiteren Verlauf des „Transeurope-Footrace“ erholten sich dann jedoch die Gelenke im Fußbereich. Im Sprunggelenk kam es zu einem Rückgang Störungen um 30,6 Prozent und in den Hinterfußgelenken um 28,5 Prozent beziehungsweise 16,0 Prozent.
Im Kniegelenk blieben die Werte jedoch erhöht. Eigentlich hatten die Mediziner erwartet, dass die Fußgelenke anfälliger sind, da ihre Gelenkfläche kleiner und damit die Belastung pro Flächeneinheit größer ist.
Eine weitere Veränderung war ein Anstieg im Durchmesser der Achillesferse. Die Knochenstruktur wurde durch die extremen Belastungen dagegen nicht in Mitleidenschaft gezogen. Der Fuß des Menschen ist auf Laufen angelegt, meint Schütz.
Das Laufen belastet jedoch nicht nur die Gelenke. Auch im Gehirn kam es zu signifikanten Veränderungen. Die MRT-Aufnahmen zeigten, dass die graue Hirnsubstanz am Ende des Rennens um 6,1 Prozent zurückgegangen war, was die Forscher anfangs beunruhigte.
Im Verlauf des Alterns kommt es in der Regel um einen Rückgang der grauen Hirnsubstanz um 0,2 Prozent pro Jahr.
Das Gehirn der Läufer war jedoch nicht vorzeitig gealtert. Während die altersbedingte Atrophie des Gehirns nicht reversibel ist, hatten sich die MRT-Aufnahmen aller untersuchten Teilnehmer nach acht Monaten wieder vollkommen erholt.
Ein Ultramarathon führt bei durchtrainierten Sportlern zu keinen dauerhaften Hirnschädigungen, erklärte Schütz.
Diese Untersuchungen sind ein Segen für alle Ultraläufer und –Läuferinnen. Und natürlich auch für diejenigen, die davon träumen einmal einen ganz langen Kurs zu absolvieren.
Ich möchte noch eine persönliche Sache in Hinsicht auf den Transeuropalauf 2009 berichten. Durch Zufall führte der Kurs auch durch Seesen, unseren Firmensitz und Wohnort.
Mir war der genaue Streckenverlauf nicht bekannt, aber ich hatte so eine Ahnung, wo es lang gehen konnte. Man muss sich vorstellen, dass sich kein Einheimischer um die Teilnehmer kümmerte.
Sie tröpfelten so langsam durch die Stadt. Die eigentlichen Wettkämpfer sahen aus wie Jogger und waren nur an der Startnummer von gewöhnlichen Läufern zu unterscheiden.
Aber ich erwischte dennoch eine kleine Gruppe von drei Läufern, die ich kurzfristig mit dem Rad begleitete. Einer der Mitläufer kam mir bekannt vor. Als ich ihn ansprach, stellte er sich als Robert Wimmer vor.
Da hatte ich doch gerade den langjährigen besten Ultraläufer Deutschland erwischt. Er kannte mich vom Aussehen nicht. Nachdem Robert mich nach meinem Namen fragte, war er völlig überrascht.
Er stoppte seine Gruppe und es musste unbedingt, Zeit hin, Zeit her, ein Foto gemacht werden. Leider habe ich dieses Foto niemals gesehen, wenn du vielleicht den Robert triffst, richte ihm aus, dass ich gerne einmal dieses Bild sehen möchte: greif@greif.de.