Es wird noch lange dauern bis es in die Köpfe der Verantwortlichen und der Läufer(innen) bei Marathonveranstaltungen dringt, dass zu viel trinken gefährlicher ist, als zu wenig. Neuste Forschungen beweisen das.
Mir war schon seit Jahrzehnten klar, dass die empfohlene Menge von Flüssigkeit während Wettkämpfen einfach nur Quatsch aus dem Werbeetat der Getränkeindustrie ist. Diese Damen und Herren bezahlen natürlich bekannte und potente Wissenschaftler, die die entsprechende Drohkulisse für uns Läufer(innen) aufbauen.
Wer nicht genug trinkt, der kann im Rennen tot umfallen. Beweise? Keine! Es sei denn jemand verläuft sich in der Wüste und trocknet aus. Es wird immer vergessen (oder wissentlich unterschlagen), dass wir Menschen mit dem Durst ein hocheffektives Warninstrument besitzen.
Aber einige Wissenschaftler, die wohl sehr gute Verbindungen zur Getränkeindustrie haben, weisen immer wieder darauf hin, dass wir trinken müssen, bevor wir Durst haben. Schon bei 1% Wasserverlust in Bezug auf das Körpergewicht sollen gefährlich und leistungsmindernd sein.
Aber wir sind ja alle nicht doof. Wir kennen genug Fälle von angeblich wissenschaftlichen Resultaten, die sich hinterher als Luftnummern erwiesen. Scheinbar gibt es Personen, die jedes von einem Geldgeber gewünschte Resultat wissenschaftlich belegen.
Aber wie sieht es denn in der Praxis aus? Bei dem 30 km-Landwasserlauf in Davos wurde ich selbst einmal vorher und nachher gewogen. 2,6 kg Gewichtsverlust. Der die Untersuchung leitende Arzt erklärte mir klipp und klar, dass ich in diesem Rennen mit meinem Leben gespielt hätte.
Auf meine Einlassung, dass ich unterwegs so viel getrunken bis nichts mehr hinein ging und ich den Lauf als Training angesehen habe, antwortete er mir, dass sei trotzdem sehr gefährlich. Und ich dachte: Du Spinner.
Wollen wir einmal schauen, was Wissenschaftler in anderen Ländern finden, denen die hier zitiert werden vertraue ich, weil deren Resultate exakt mit der Praxis übereinstimmen.
Nachfolgend werde ich wieder aus dem schon in der Vorwoche besprochenen Artikel von Andrew Hamilton in "Peak Performance" einen zusammenfassenden Artikel mit dem Titel: "Sports nutrition: practical advice on carbohydrates, hydration and antioxidants. How 10 years of sports nutritional research can be utilised in your training programme" zitieren.
Standard war in früheren Jahren, dass man versuchen sollte im Wettkampf jedes verlorene Schweißtröpflein wieder aufzufüllen. Denn die Drohung mit der Gesundheitsschädlichkeit bei mehr als 1%-gen Gewichtsverlust stand im Raum. Bald aber kamen andere Untersucher und fanden Gegenteiliges.
"Der renommierte Sportmediziner Professor Tim Noakes schrieb im Jahr 2006, in einem Leitartikel im "British Journal of Sports Medicine, dass das Über-Trinken bei Sportlern schon 20 Jahre zuvor bewiesen wurde, aber seither trotzdem durch die Vermarktung beeinflusst wurde. Hier wurden die Bedürfnisse der Sportgetränkeindustrie berücksichtigt und nicht die der Sportler. 17. Br J Sports Med 2006;40:567-572"
Zum Beispiel haben 2004 australische Forscher die Körper-Kerntemperatur von zehn Teilnehmern beim Ironman Western Australia gemessen und dann in diesem Zusammenhang bei den Triathleten den Hydratationsstatus nach der Veranstaltung gemessen.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Flüssigkeitsverluste während der Veranstaltung zu einem durchschnittlichen Rückgang der Körpermasse von 2,3 kg (ca. 3% des Körpergewichts) führten. Die Körperkerntemperatur der Athleten erhöhte sich aber nur um bescheidene 1 Grad über der normalen Ruhetemperatur.
Dabei blieben die anderen Parameter, die im Zusammenhang mit der Entwässerung stehen, wie der Plasmaspiegel von Natrium- und Urin-Konzentration im normalen Bereich. Diese recht großen Flüssigkeitsverluste führten nicht zu Dehydrierung oder Hitzeerkrankungen. Die Wissenschaftler auf dem American College of Sports Medicine (ACSM) und andere amtliche Stellen revidierten danach ihre aktuellen Flüssigkeitsersatz Richtlinien.
Und wir? Siehe Trinkempfehlung vom Düsseldorf-Marathon. Bei so etwas kommt mir dann das Grauen. Und Uli Strunz treibt mich immer mehr auf seine Seite, wenn er schreibt, dass wir im Ernährungsrahmen von der angelsächsischen Literatur weit abgehängt sind.
Denn mit den unschädlichen 3% Flüssigkeitsverlust ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Weiter zitiert aus dem oben erwähnten Artikel:
"Eine weitere Studie untersuchte die Auswirkungen von 5%!! Austrocknung auf Laufökonomie von zehn hochqualifizierten Langstreckenläufer (19, Med Sci Sports Exerc. 2006 Oct;38(10):1762-9)
Zwei 10-minütige Läufe (eine bei 70% VO2max und die andere bei 85% VO2max) wurden einmal im voll hydratisierten Zustand und beim zweiten in einem dehydrierten Zustand durchgeführt (Dies entspricht einem Wasserverlust von 5,5 - 5,7% bezogen auf die Körpermasse - also etwa 3 Liter).
Die Forscher entdeckten, dass es keine signifikanten Unterschiede in Laufökonomie zwischen den einzelnen Kombinationen von Hydratation und Laufbelastungen gab. Ebenso gab es keine wahrgenommene Unterschiede zwischen den Untersuchungs-Kombinationen und auch keine bei der anschließenden Laktatkonzentration.
Warum ist das so überraschend? Nun, 5% Austrocknung ist sehr heftig. Das ist ein Wasserverlust von zweieinhalb Mal mehr als allgemein akzeptiert. Diese allgemeine Schwelle sollte der Beginn der verminderten Leistung sein! Um diese 5% Dehydratisierung unter einigermaßen gemäßigten Bedingungen zu erreichen, könnte ein Läufer aber noch lange Zeit jenseits des 2%-igen Wasserverlusts, der angeblichen Austrocknungsschwelle, laufen, die ja traditionell erklärt zu einem erheblichen Leistungsabfall führen soll."
Nun weiß ich, warum ich früher bei keinem Rennen etwas getrunken habe und am Ende immer schneller wurde. Es ist ganz einfach dachte ich: Wer weniger trinkt wird leichter. Oder anders ausgedrückt sein Lastkraftverhältnis wird besser. Ob das stimmt, dazu später mehr.
Diesem Wissen nach bin ich nun ganz enttäuscht. Hatte ich doch meine frühere legendäre Endkampfstärke meinem Kampfgeist zugeschrieben, denk´ste, das war nur die Leichtigkeit mit der ich in das Ziel geschwebt bin. Was so ein Verlust von z. B. 2,5 kg-Gewicht im Marathon an Zeitgewinn ausmacht, kannst du in unserem Gewichts-Laufzeit-Rechner errechnen. Aber vorsichtig, es kommt später noch eine Einschränkung.
Natürlich haben sich auch schon Forscher damit beschäftigt, ob eine milde Dehydration durch die Verbesserung des Last-Kraftverhältnis zu Leistungssteigerungen bei Läufern und Radfahrern im Wettkampf führt.
Australische Wissenschaftler untersuchten dies in einer simmulierten Bergauf-Studie unter heißen Bedingungen. Acht gut trainierte Radfahrer versuchten in einem zweistufigen Versuch die Auswirkungen von:
Versuch 1: Eine zweistündige Fahrt bei 53% der maximalen Sauerstoffaufnahme auf einem Ergometer.
Versuch 2: Eine Bergauffahrt bis zur totalen Erschöpfung mit 88% der maximalen Sauerstoffaufnahme auf dem eigenen Rad auf einem Laufband.
Einigen der Probanten wurde 2,4 l eines 7%i-gen Kohlenhydratdrinks bei dem 1. Versuch gegeben, während den anderen die gleiche Menge von Kohlenhydraten in Form von Gels mit nur 0,4 l Wasser gereicht wurden.
Das Ergebnis war, dass beide Gruppen identische Kohlenhydratmengen bekamen. Die Gruppe mit dem Kohlenhydratgetränk verlor bei dem Versuch kein Gewicht. Die Gruppe mit dem Gel und 0,4 l Wasser verlor im Schnitt 2,5 kg Gewicht. Was einer Dehydration von 3,5% entspricht.
Das Resultat zeigte das die dehydrierten Radfahrer signifikant leichter waren, als die mit dem Kohlenhydratdrink. Sie brauchten durch ihr geringeres Gewicht wesentlich weniger Kraft bei der Bergauffahrt.
Ihre Zeit bis zur Erschöpfung war aber im Vergleich mit der voll hydrierten Gruppe drastisch reduziert. Es ist diesen Ergebnissen nach bei Radfahren nicht möglich durch weniger Trinken schneller den Berg hoch zu kommen.
Ja, da sitzen wir nun wieder. Was denn nun? Wenn wir diese Resultate aus verschiedenen Studien betrachten, dann wird klar, dass wir auch bei Hitzebedingungen im Marathon moderat trinken sollten.
Wir brauchen aber keine Angst zu haben, uns in Gefahr zu begeben, wenn wir einmal etwas zu wenig trinken. Der Körper toleriert einen Flüssigkeitsverlust von bis zu 5% vom Körpergewicht.
Eine große Gefahr geht aber vom Übertrinken aus. Wer Getränke und Wasser im Rennen wahllos in sich hineinschüttet, spielt wirklich mit seiner Gesundheit. Das gilt insbesondere bei der Nutzung von reinem Wasser.
Dabei sollte aber auch klar sein, dass je schneller jemand ist, desto weniger kann und sollte er trinken. Ein 2:59-h-Läufer(in) und schneller braucht bei idealen kühlen Bedingungen meist gar nichts zu trinken, wenn direkt vor dem Start 0,5 - 1,0 l getrunken wurde.
Hier findest du die Tabelle, auf der du sehen kannst, welche Mengen an Flüssigkeit du bei verschiedenen zeitlichen und Wetterbedingungen benötigst.
Es tut mir leid, dass ich hier an dieser Stelle keine allgemein gültigen Angaben machen kann. Dazu sind wir alle zu unterschiedlich. Du wirst aber sicher auch deinen "Trinkrahmen" finden, in dem du dich bewegen kannst.