Der Traum eines jeden Läufer ist die dauerhafte Anhebung seiner Leistungsfähigkeit. Um es gleich vorweg zu schicken: So etwas gibt es nicht.
Dazu sollten wir erst einmal klären, was eine Form überhaupt ist. Eigentlich ist sie ganz einfach zu beschreiben, denn eine Form ist nur ein temporärer Zeitraum mit erhöhter Leistungsfähigkeit.
Und diese liebt der Läufer mehr als seine aufregendste Partnerin. Er möchte sie immer genießen und sie ausweiten bis zur Unendlichkeit -also die Form und nicht die Partnerin oder den Partner.
Und dabei beißt er aber auf Granit, denn eine Form ist noch flüchtiger als eine Geliebte. Die bleibt manchmal, aber seine Form geht irgendwann immer.
Wie kommst du nun zu einer Form? Wie heißt es noch so schön: "Denn du willst sie doch auch!" Ja, wir wollen sie alle. Aber es ist nun leider nicht so, dass uns eine Form zuläuft. Die müssen wir uns erarbeiten. Ich möchte dir nachfolgend einmal einen groben Überblick geben, wie ich es bei den Greif Club-Jahres-Trainingsplänen mache.
Wir beginnen immer im November mit der Regeneration, damit sich der Organismus von den Belastungen des Vorjahres erholt. Dabei stellen sich die meisten unter einer Regeneration 4 Wochen faulenzen vor. Das ist es aber nicht, sondern eine Entspannung durch andere sportliche Übungen. Und vor allen Dingen des Runterschraubens der Laufintensität und des -umfangs.
Im Dezember heben wir dann den Umfang bei niedrigen Intensitäten wieder deutlich an. Und das Trainingstempo wird alle 3 – 4 Wochen erhöht. Und jeder bemerkt im Zeitverlauf der Wintermonate, dass seine Form so langsam ansteigt.
Im Februar sollten dann die ersten guten Wettkampfresultate gelingen und im März fühlen sich unsere Mitglieder meist schon bereit ihre alten Bestzeiten vom Thron zu stürzen.
Das höchste Trainingstempo wird aber erst in der Wettkampfperiode erreicht. Wir führen also den Läufer oder die Läuferin mit Augenmaß zum Saisonhöhepunkt. Aber das ist oft graue Theorie. Weil sich manche schier in eine Euphorie hinein trainieren, weil zum Frühjahr hin alles viel leichter wird. Vielen träumen zu diesem Zeitpunkt vom Durchbruch in die nächst höhere Klasse und der Degradierung von Holger und Co.
Unsere Mitglieder, besonders die ganz "heißen" Typen, maulen dann auch manchmal herum, dass das Trainingstempo im Winter zu langsam sei. Aber da lässt sich der Autor dieser Zeilen nicht beirren, richtig schnell wird erst gelaufen, wenn es nötig ist zur Ausbildung der Hochform.
Selbstverständlich verstoßen nicht wenige gegen diese Tempobremse und "knallen" schon im Wintertraining alles raus, was sie haben, aber diese Typen - du kennst bestimmt auch jemanden von dieser Sorte - werden bald auf den Boden der Tatsachen zurück geholt. Spätestens dann, wenn schon im April die Beine schlaff werden, weil man seine Energie schon im Januar verbraten hat.
Du solltest wissen, dass wir im Jahr zwei Formhöhepunkte planen. Meist werden dabei von den Mitgliedern ein oder zwei Marathons in den Vordergrund gestellt. Auf dieser Basis gelingt es dann einen Plan zu erstellen, mit dem Läufer und Trainer auskommen können. Einen Formhöhepunkt im April/Mai und einen im September/Oktober. Rundherum kann man dann die gewünschten Nebenwettkämpfe einbauen.
Sechs Wochen vorher und nachher gibt es einen Zeitraum, in dem man in der Regel seine Bestzeiten laufen kann. Danach gibt es jeweils einen Regenerationszeitraum.
Aber das passt vielen nicht, denn ganz wichtig ist der Wunsch fast aller Läufer nach dauerhafter Temposteigerung. So ein Mensch erlebt im Winter, dass sein Tempo im Plan immer schneller wird. Bis zu einem gewissen Zeitpunkt im Frühjahr, dann schreibe ich den Beziehern von Greif-Club-Trainingsplänen so etwa: "Laufe jetzt auf keinen Fall mehr schneller als im Plan angegeben. Du bist jetzt in Hochform, wenn du weiter am Gashebel drehst, dann kippt deine Form!"
Und das wollen Einige nun partout nicht einsehen. "Ich bin aber doch so fit wie nie und meine Tempoläufe sind auch so schnell wie niemals vorher. Jetzt habe ich den Durchbruch erzielt. Ich verstehe nicht, warum ich jetzt damit aufhören soll, zu versuchen schneller zu laufen." Ja, das ist wirklich schwer zu verstehen. Das habe ich am Anfang meiner Karriere auch nicht verstanden. Ich bin so lange immer schneller gerannt, bis ich sinnbildlich platt war wie eine überfahrene Kröte.
Jahre habe ich dazu gebraucht um zu verstehen, dass es nicht immer aufwärts gehen kann mit der Trainingsbelastung. So etwas erkennt der Organismus als Dauerstress und es kommt zu einem Leistungseinbruch. Oft wird dann versucht diesem mit einem noch härteren Training entgegen zu treten.
Und damit bist du genau an dem Punkt angekommen, an dem du deine Form am besten zerstören kannst. Wenn du jetzt weiter am Tempo- und Umfangskurbel drehst, dann wirst du Schwächephasen erleben, die dich vermuten lassen an einer Erkrankung zu leiden.
Wenn du dann keine Ruhe bewahrst und in die Regeneration gehst, dann kommst es zu einem völligen Leistungszusammenbruch. Du bekommst fast keinen Fuß mehr hoch und dich graust es vor jedem anspruchsvollen Training.
Aber noch eines hilft einer Form ins Grab: Wenn du meinst, am jedem Wochenende schon im Winter an einen Volkslauf teilnehmen zu müssen, dann ist dieses Grab schnell gefüllt.
Denn Wettkämpfe sind noch stärker formgebend als Tempoläufe. Ich empfehle dir außerhalb der letzten 8 Wochen vor einem geplanten Marathon drei Rennen in zwei Monaten zu laufen, wenn es sein muss, dann gehen auch vier.
Und noch zwei Tipps extra für dich: 1. Nach welchem Plan du auch trainierst, gib erst alles in der unmittelbaren Vorbereitung deines Hauptwettkampfs und die dauert 6 Wochen und nicht länger.
2. Eine Hochform kannst du maximal über 6 Wochen halten. Dann kannst du noch 4 Wochen lang versuchen mäßige bis gute Resultate zu erzielen. Aber danach ist Schluss mit lustig, du musst in die Regeneration. Körper und Geist werden es dir danken.